Munich Kyiv Queer: Wie aus Flüchtlingshilfe Freundschaft wird

Munich Kyiv Queer sammelt Spenden und bietet Flüchtlingen aus der Ukraine private Unterkünfte. Die AZ war zu Besuch bei Anja, die eine Ukrainerin bei sich aufgenommen hat
von  Ruth Frömmer
Wenn aus Flüchtlingshilfe Freundschaft wird: Nastya Zasobina (links) und Anja Koziol mit ihren beiden Hündinnen im Garten.
Wenn aus Flüchtlingshilfe Freundschaft wird: Nastya Zasobina (links) und Anja Koziol mit ihren beiden Hündinnen im Garten. © ruf

München - Zwei Frauen, acht Pfoten und eine deutsch-ukrainische Freundschaft. So könnte man die Geschichte von Anja Koziol und Nastya Zasobina beginnen. Das Ende ist noch offen, der Anfang ein trauriger.

Nastya Zasobina lebte 35 Jahre lang in der ukrainischen Stadt Odessa. Sie ist lesbisch, engagierte sich für die Rechte von Homosexuellen in ihrem Land und arbeitete in einer Autowerkstatt. Dort ist ihr in der Mittagspause vor einigen Jahren eine Hündin zugelaufen und wollte nicht mehr gehen. Seitdem lebt sie wie viele Ukrainer mit dem Straßenmischling Manunya zusammen. Im Februar bricht der Krieg über ihr Land herein.

Munich Kyiv Queer setzt sich seit 2012 für Menschenrechte von LGBTI ein

Da war Anja Koziol in Haar sofort, klar: Sie will helfen. Sie lebt dort ebenfalls mit einer Hündin zusammen und ist selbstständig. Sie ist heterosexuell, hat aber eine lesbische Schwester und daher Kontakte zur Szene. Sie weiß, wie viel Diskriminierung es in der Ukraine gibt und hat sich bewusst entschieden eine queere Person bei sich aufzunehmen.

Sie wollte damit auf jeden Fall sicherstellen, dass keine homophoben oder rassistischen Menschen bei ihr einziehen, so Koziol.

Die Organisation Munich Kyiv Queer setzt sich schon seit 2012 für die Menschenrechte von LGBTI in der Ukraine ein. Daraus ist eine lebendige Städtepartnerschaft entstanden, über die Nastya vor Jahren schon einmal in München war. Seit dem Krieg sammelt die Organisation Spenden für die Ukraine und sucht Privatunterkünfte für Flüchtlinge. Aber die Hilfsbereitschaft lässt langsam nach und die Not wird größer.

Nastya besucht vier Mal in der Woche einen Deutschkurs

Dass nun Nastya und Manunya bei Anja und ihrer Hündin Bonnie gelandet sind, ist ein großes Glück. Die beiden Frauen verstehen sich blendend, kochen, besuchen Konzerte und unterhalten sich viel - im Moment noch auf Englisch. Aber Nastya besucht viermal pro Woche einen Deutschkurs. Sie möchte hier gerne möglichst bald eine Ausbildung zur KFZ-Mechatronikerin machen.

Auch die beiden Hunde haben sich schon angefreundet. Manunya fühlt sich so wohl bei Anja und Bonnie, dass sie sich beim ersten Gassigehen mit allen Vieren gewehrt hat - aus Angst, das schöne Haus wieder verlassen zu müssen.

Aber irgendwann möchte ihr Frauchen Nastya wieder in die Ukraine zurückkehren. "Dann hoffentlich in ein freies und demokratisches Land ohne 'russischen Frieden'", wie sie betont. Ihre Schwester ist in der Ukraine geblieben und hat im Mai eine Tochter auf die Welt gebracht. Wann Nastya ihre Nichte kennenlernen wird, steht noch in den Sternen.

Nastya sucht einen Mini-Job und eine eigene Wohnung 

Im Moment ist Nastya erst einmal auf der Suche nach einem Mini-Job, den sie neben ihrem Sprachkurs machen kann. Und dann möchte sie eine eigene Wohnung finden.

"Wohnen ist im Moment das größte Thema unter den Flüchtlingen", betont Anja Koziol. Die privaten Unterkünfte sind rar. Gut geht das auch nur auf begrenzte Zeit. Sie selbst ist in einer Luxus-Situation, wie sie betont. Aber auch sie möchte ihr Haus trotz aller Freundschaft mit Nastya irgendwann wieder für sich haben. Ihre kroatische Familie möchte sie schließlich wieder in München besuchen kommen. Aber Anja und Nastya haben auch gemeinsame Pläne: Nächstes Jahr wollen sie zusammen in die Ukraine reisen. Ein schöner, optimistischer Plan!


So können Sie helfen

An vielen Orten der Welt leiden Lesben, Schwule, Bi, Trans* und lnter* (LGBTl) unter Entrechtung, Verfolgung und Übergriffen. Deshalb ist auch hier in München die Polit-Parade beim CSD immer wieder wichtig. Es geht darum, mit der Regenbogenflagge Solidarität über Grenzenhinweg zu zeigen und für globale Rechte für LGBTI zu kämpfen.

2012 ist auf dem Münchner CSD die Kontaktgruppe Munich Kyiv Queer entstanden. Sie setzt sich speziell für die Menschenrechte von homo-, bi-, trans* und inter* Menschen in der Ukraine ein. Basis dafür ist eine rege Städtepartnerschaft und Zusammenarbeit zwischen Kiew und München entstanden. Nach Ausbruch des Krieges ist die Organisation sofort aktiv geworden und unterstützt Menschen, die fliehen müssen oder vor Ort in Not sind. Zusätzlich leistet Munich Kyiv Queer gemeinsam mit weiteren Hilfsorganisationen den Geflüchteten in Deutschland Hilfe. Immer noch werden Menschen gesucht, die ehrenamtlich Helfen oder Geflüchtete bei sich aufnehmen.

Sie wollen helfen? Alle Informationen finden Sie unter: MunichKyivQueer.org/helfen

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