Münchner Terror-Experte: "Vor dem Anschlag ist nach dem Anschlag"

Acht Jahre lang war Ludwig Schierghofer im LKA Bayerns oberster Terrorbekämpfer. Nun geht der 63-Jährige in Pension. Ihm folgt  der erfahrene Kripobeamte Lothar Köhler (54). Ihre Erkenntnisse, ihre Ermittlungen:
Nina Job |
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Lothar Köhler ist der neue Chef der Terrorismusbekämpfung.
Lothar Köhler ist der neue Chef der Terrorismusbekämpfung.

München - Bayern hat einen neuen obersten Terrorbekämpfer. Der bisherige Chef der Abteilung Polizeilicher Staatsschutz und Terrorismusbekämpfung im Landeskriminalamt (LKA), Ludwig Schierghofer (63), hat sich gestern nach 44 Dienstjahren bei der Polizei in den Ruhestand verabschiedet. Sein Nachfolger wird Kriminaldirektor Lothar Köhler. Der 54-Jährige war in seiner Laufbahn unter anderem an der Schaffung der Antiterror-Datei maßgeblich beteiligt.

Während der langen Dienstzeit von Ludwig Schierghofer hat sich die Welt extrem verändert – wie auch die Polizeiarbeit. Die Tatortarbeit hat in den vergangenen Jahrzehnten einen Quantensprung gemacht, gleichzeitig ist die Bevölkerung heute völlig neuen Bedrohungen wie dem Terror durch Islamisten ausgesetzt.

Auch Frauen unter Gefährdern

In den vergangenen acht Jahren war Ludwig Schierghofer Chef der Abteilung IV mit 160 Mitarbeitern. Sie ist für die Verfolgung aller politisch motivierten Straftaten zuständig – egal ob von rechts, links oder religiös motiviert. Oder auch von bis dahin unbescholtenen Bürgern, „die aufgehetzt durch Aufrufe im Internet in Asylbewerberheimen Fenster beschmieren oder einwerfen“, so Schierghofer. Bei diesen Sachbeschädigungen liege die Aufklärungsrate leider unter 14 Prozent. „Da sind wir sehr auf Zeugen angewiesen“, so der Ex-Staatsschützer.

Die Fahnder haben 41 Gefährder im Visier – darunter auch Frauen Schwerpunkt der Abteilung IV ist jedoch der Kampf gegen islamistische Terroristen: Derzeit ermittelt das bayerische Landeskriminalamt in rund zehn Fällen. Die Verfahren betreffen mehr als zehn Beschuldigte, die zum Teil in U-Haft sitzen. In den Verfahren geht es hauptsächlich um Verstöße gegen die Paragrafen 129 a und b (StGB), die die Bildung krimineller und terroristischer Vereinigungen im In- und Ausland unter Strafe stellen.

Verbindungsdaten helfen

Laut Schierghofer sind dem Staatsschutz derzeit 41 Gefährder mit aktuellem oder ehemaligem Wohnsitz in Bayern bekannt. Unter ihnen sind auch Frauen. „Die Zahl kann sich täglich ändern.“ Diskussionen um die Vorratsdatenspeicherung ist Terror-Experte Schierghofer leid: „Vor dem Anschlag ist nach dem Anschlag. Nur wenn ich Verbindungsdaten kenne, kann ich künftige Anschläge verhindern.“

Um auf einer Radikalisierung früh reagieren zu können, hat das LKA eine eigene Stelle geschaffen, an die sich auch Freunde und Verwandte wenden können, wenn sie bei Nahestehenden Radikalisierungstendenzen beobachten.

Lothar Köhler arbeitete zehn Jahre als Referent im Innenministerium Schierghofers Nachfolger Lothar Köhler hat seine polizeiliche Laufbahn 1980 in Würzburg begonnen. Später war unter anderem in den Bereichen Sexualstraftaten, Organisierte Kriminalität und Cyberkriminalität tätig. Auch war er maßgeblich an der Weiterentwicklung der Rasterfahndung und Schaffung einer Antiterror-Datei beteiligt. Köhler arbeitete zehn Jahre als Referent für Verbrechensbekämpfung in Bayerns Innenministerium.

Während dieser Zeit war er Ansprechpartner für die Ermittler, die versuchten, die NSU-Mörder zu fassen. Auf eine Frage zum Versagen des Verfassungsschutzes sagte er gestern: „Für mich war das sehr ernüchternd. Ich habe die Hoffnung, dass so etwas nie mehr passieren kann.“

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