Zweistelliger Millionenbetrag ergaunert: Münchner Schlag gegen Glücksspiel-Mafia

Von München aus werden etwa 160 Orte durchsucht. Es geht um illegale Online-Wetten. Deren Anbieter leisteten sich puren Luxus mit den unversteuerten Gewinnen.
von  Hüseyin Ince
Guido Rissmann (l.), leitender Ermittler bei den aktuellen europaweiten Razzien und der Leiter des Kommissariats 33, Hans-Peter Chloupek.
Guido Rissmann (l.), leitender Ermittler bei den aktuellen europaweiten Razzien und der Leiter des Kommissariats 33, Hans-Peter Chloupek. © Hüseyin Ince

Mehr als 100.000 Euro konnten Insider laut Polizei bis vor Kurzem setzen, wenn sie wussten, wie die Internetseite mit illegalen Wettangeboten hieß. "Man musste erst Kontakte ins Umfeld der Beschuldigten aufbauen, um Zugangsdaten dafür zu bekommen", sagte der ermittelnde Beamte des Kommissariats 33, Guido Rissmann.

Um die illegale Internetseite zu stoppen, erwirkte die Staatsanwaltschaft München unter der Federführung von Staatsanwältin Anja Biel europaweit mehr als 150 Durchsuchungsbeschlüsse. Bei einer Pressekonferenz im Münchner Polizeipräsidium gaben Rissmann und Biel weitere Details preis. Schwerpunkt der Wetteinsätze seien Fußballspiele gewesen, so Rissmann.

Vorstoß gegen Glücksspiel-Mafia: Um 6 Uhr morgens schlugen die Behörden europaweit gleichzeitig zu – München im Fokus

Vor allem die Region München war im Fokus der Ermittler. Schließlich hatten die Durchsuchungsbefehle ihren Ursprung in der hier ansässigen Staatsanwaltschaft München I. Aber nicht nur. In mindestens sechs weiteren Bundesländern (Hessen, Saarland, Nordrhein-Westfalen, Berlin, Baden-Württemberg) sowie in Spanien, Malta und auch Österreich sind Räume durchsucht worden. Mittwoch um 6 Uhr schlugen die Behörden an allen Orten gleichzeitig zu.

Vor allem Malta gilt als Glücksspiel-Paradies. Grundsätzlich haben europäische Gerichte bereits geurteilt, dass ein Rückzahlungsanspruch bestehen kann, wenn jemand auf einer illegalen Online-Glücksspielseite Geld gesetzt hat. Offenbar weigert sich aber der Inselstaat seit zwei Jahren, diese Rückzahlungsansprüche für Firmen mit Sitz auf Malta anzuerkennen.

Die Verdächtigen bleiben vorerst anonym, vor allem wegen des Steuergeheimnisses

Teil des aktuellen Ermittlungstrios ist auch die Münchner Steuerfahndung. Denn der illegale Anbieter wird auch verdächtigt, die fälligen Steuern in Höhe von 5,3 Prozent "systematisch nicht abgeführt" zu haben, wie es in der Presserunde hieß. Die Verdächtigen bleiben vorerst anonym. Es soll sich aber um eine streng hierarchische Gruppe gehandelt haben, eine Art mafiöse Organisation, die bereits seit 2012 illegale Wettseiten aufgebaut hat und aktiv war. Bislang wurde niemand festgenommen.

Eventuell sind die Tatverdächtigen auch mit einem opulenten Lebensstil aufgefallen. Sie sollen mit den illegalen Gewinnen Immobilien, Luxusfahrzeuge und exklusive Reisen gekauft haben. Möglicherweise könnte also durchaus irgendwann auch der Verdacht der Geldwäsche auftauchen.

Allein in München waren 200 Beamte im Einsatz

Insgesamt sollen die Hauptverdächtigen einen Reingewinn in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrages erwirtschaftet haben. Ob es sich eher um 90 Millionen oder 11 Millionen Euro handelt, möchten die Ermittler nicht preisgeben. Sie verweisen als Grund dafür auf das Steuergeheimnis.

In München sind 51 Objekte durchsucht worden. Allein für diesen Zugriff sind laut Polizei 200 Beamte am Mittwochmorgen im Einsatz gewesen. Es seien unzählige Handys, Server, sowie weitere Datenträger sichergestellt worden, die man nun auswerten müsse. Erst nach der Auswertung könne man weitere Informationen zur Anzahl der Personen, Höhe des Schadens sowie den weiteren Ermittlungsschritten machen, so Staatsanwältin Anja Biel.

Mitarbeiter der Firma IBA Entertainment (Bet 3000) scheinen im Fokus der Ermittler zu sein 

Auch Jugendschutz und Teilnehmerschutz ist ein Thema bei den Ermittlungen. Auf den illegalen Webseiten habe man das übliche Einsatzlimit von 1000 Euro missachtet, sagte Rissmann. Eine Grenze, damit sich niemand um Haus und Hof zockt. Zudem habe es keine Alterskontrolle gegeben, wodurch im Regelfall Jugendliche geschützt werden.

Auch wenn kein Name fällt, steht die Durchsuchung im Zusammenhang mit der Firma IBA Entertainment, die unter dem Namen „Bet3000“ Sportwetten anbietet. Die Vorwürfe richten sich offenbar gegen einzelne Personen aus dem Umfeld der Gesellschaft, aber nicht gegen den Anbieter. Man wolle vollumfänglich mit den Behörden kooperieren. 

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