Münchner Makler-Chefin: Freitags zu inserieren habe ich verboten

München kämpft mit steigenden Mietpreisen und einem angespannten Wohnungsmarkt. Makler berichten von einer Flut an Anfragen, die die Vermittlung erschwert, insbesondere bei Inseraten am Freitag.
Hüseyin Ince
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Mietgesuch (Symbolbild)
Mietgesuch (Symbolbild) © IMAGO/Ruediger Rebmann (www.imago-images.de)

Der neueste Marktbericht der Forscher vom Immobiliendachverband Süd (IVD) zeigt: Die Preise für Mietwohnungen im Bestand steigen derzeit sehr moderat. Das wird viele Leute nicht wundern, denn die meisten Mietinteressenten haben einfach nicht das Budget, um deutlich mehr als 20 Euro im Schnitt pro Quadratmeter zu zahlen.

Denn bei dieser Marke liegt der Durchschnitts-Mietpreis inzwischen. Für München sieht das so aus: Wohnungen im Bestand kosten derzeit im Schnitt 21,60 Euro je Quadratmeter. Das ist ein Anstieg von 0,9 Prozent im Halbjahresvergleich (21,40 Euro, Frühjahr 2025) und von 1,9 Prozent im Jahresvergleich (21,20 Euro, Herbst 2024).

„Das ist immerhin weniger als die allgemeine Inflationsrate“, sagt IVD-Chef Stephan Kippes, soweit eine halbwegs gute Nachricht. Um dem ein oder anderen Neumieter eine Träne ins Auge zu treiben: 2015 lag dieser Wert bei 14,70 Euro.

Neubau-Mieten nähern sich der 25-Euro-Marke

Rekordwerte erreichen weiterhin die Neubauwohnungen, die bekanntlich kaum noch gebaut werden. Aber auch hier ist der Anstieg moderat ausgefallen. So sehen die Münchner Neubaumieten derzeit aus: 24,70 Euro beträgt der Mietpreis je Quadratmeter im Schnitt. Das ist ein Anstieg um 0,8 Prozent im Halbjahresvergleich. Deutlicher fällt der Anstieg im Jahresvergleich aus: ein Plus von 2,9 Prozent (24 Euro, Herbst 2024).

Fehlende Neubauten sind längst ein bundesweites Problem. Wegen steigenden Bau- und Nebenkosten werden Projekte häufig gestoppt. Das ganze Land ist inzwischen übersät von Rohbauten, die verwittern. Noch seltener als Apartment-Neubauten sind nur noch die Reihenhäuser und Doppelhaushälften zur Miete.

Wie viel muss man verdienen, um 4000 Euro Miete zu zahlen?

Im teuersten Segment, der neugebauten Doppelhaushälfte zur Miete, zahlen Münchner inzwischen 4000 Euro monatlich, im Schnitt. Aber auch hier scheint ein Limit erreicht zu sein. Diese Marke hat sich im Halbjahresvergleich gar nicht verändert.

Genug ist genug, denken sich viele Münchner offenbar. Von einer Atempause oder gar einem Stillstand will der IVD-Chef Kippes aber auf keinen Fall sprechen. Vor allem die immer höheren Mietpreise bei Neubau machen ihm Sorgen.

„Ich denke, in kurzer Zeit wird hier die 25-Euro-Marke fallen“, sagt er. Neben der starken Nachfrage von Neu-Münchnern sieht Kippes auch Probleme bei steigenden Nebenkosten, vor allem für Brennstoffe – und in den sogenannten Nebenmärkten.

Wohnheimwarteliste, bis das Studium vorbei ist

Beispiel Studentenwohnungen: „Zum Semesterstart übernachten viele Studierende in Wohnwägen oder in Turnhallen. Hier wird der Staat seiner sozialen Verantwortung nicht gerecht“, sagt Kippes. In München bekommen gerade einmal elf Prozent der Studierenden einen Wohnheimplatz. Die anderen stehen auf der Warteliste, häufig, bis ihr Studium vorbei ist.

Die langfristig negativen Effekte sieht Kippes auch auf dem schrumpfenden Markt der Werkswohnungen und Sozialwohnungen. „Hier haben sich Städte, Bundesländer und Unternehmen seit 2004 durch großflächigen Verkauf ihre Schulden finanziert oder den Bestand versilbert“, kritisiert Kippes. Schwach und peinlich sei das. Diese Wohnungen fehlten nun.

Doch nicht nur Mietinteressenten verzweifeln, auch Makler tun sich offenbar schwer, auf dem größten Mietmarkt Münchens vernünftig zu vermitteln, nämlich auf dem Markt der Bestandswohnungen. „Freitags habe ich verboten, neue Anzeigen online zu stellen“, sagt etwa Manuela Gerschlauer, Chefin des familiengeführten Maklerunternehmens Gerschlauer GmbH.

Auch Maklerbüros haben mit der Angebotsknappheit zu kämpfen – sie werden von Interessenten oft überrollt. (Symbolbild)
Auch Maklerbüros haben mit der Angebotsknappheit zu kämpfen – sie werden von Interessenten oft überrollt. (Symbolbild) © IMAGO/D. Kerlekin/Snowfield Photography (www.imago-images.de)

"Schon hat man eine schlechte Bewertung bei Google"

„Wenn wir am Freitag eine Bestandswohnung zur Miete inserieren, laufen über das Wochenende mehr als 1000 Mails ein. Niemand kann diese Flut vernünftig abarbeiten“, sagt sie. „Und am Ende bekommen wir bei Google und Co. schlechte Bewertungen“, sagt Gerschlauer, obwohl das ja an sich nichts mit der Qualität der Arbeit ihres Unternehmens zu tun habe, sondern nur mit der Tatsache, dass ziemlich viele der mehr als 1000 Interessenten keine Antwort bekommen, geschweige denn einen Besichtigungstermin.

Also laufe es so: Inserate am liebsten montags, auch dann sei das Postfach nach wenigen Stunden voll. „Hunderte Mails in drei Stunden“, sagt Gerlach. Und gegen Mittag werde das Inserat gleich wieder gelöscht. „Auch in drei bis vier Stunden bekommen wir so viele Anfragen, dass wir nicht allen antworten können“, sagt Gerschlauer.

Ausnahmen seien teurere Mietobjekte, wie Luxuswohnungen. Derzeit könne man über Gerschlauer ein Apartment nahe Odeonsplatz mieten, für 3800 Euro. Schon seit drei Wochen sei das Inserat online. Das Problem: „Wer sich 3800 Euro Miete leisten kann, der kauft sich lieber was“, so Gerschlauer. So gibt es auf dem Markt der Luxuswohnungen wohl stets eine gute Auswahl.

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