Münchner Kurzschrift: Schreiben mit fünf Symbolen statt Smartphone

Der Münchner Gerald Gerlich hat eine Kurzschrift entwickelt, die in digitalen Zeiten wieder Lust an Notizen per Hand machen soll.
Linda Jessen |
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Gerald Gerlich fand es zu umständlich zu stenografieren. Nun hat er halt seine eigene Schrift.
Linda Jessen Gerald Gerlich fand es zu umständlich zu stenografieren. Nun hat er halt seine eigene Schrift.

München - Er war grad erst im Vorschulalter und mit dem Schreibenlernen der lateinischen Buchstaben beschäftigt, das fand der kleine Bub schon, dass das doch einfacher gehen müsste. Nur mit Strichen hat er da seine eigene Schrift erfunden, praktischerweise war die natürlich auch noch geheim.

Inzwischen ist Gerald Gerlich erwachsen, hat selbst Kinder und das mit der einfacheren Schrift noch immer nicht aufgegeben. In seinem Flugzeugbau-Studium hat er damals gemerkt: Er kann der Vorlesung nur richtig folgen, wenn er mitschreibt. Allerdings muss er da freilich schnell sein. "Entweder die Notizen sind lückenhaft oder sie enden in so einer Sauklaue, dass man sie ein paar Tage später nicht mehr richtig entziffern kann", fasst er das Problem zusammen.

Stenografie war ihm damals zu umständlich zu lernen, auch andere Kurzschriften, die es heute noch gibt, wie Teeline aus England, haben Gerald Gerlich nicht endgültig überzeugt. Deshalb hat er inzwischen Gekal, kurz für "Geralds Kalligrafie" entwickelt.

So funktioniert die Gekal

Dazu hat er zunächst die Buchstaben der normalen Schreibschrift in eine vereinfachte Form gebracht und sie anschließend in fünf Gruppen unterteilt. Die sind grob nach den Artikulationsorten der Laute im Mund sortiert, die einzelnen Elemente haben immer ein Schriftelement gemeinsam - wie einen vertikalen oder diagonalen Strich.


So sieht die Schrift aus.

Noch befindet sich die Schrift in der Testphase mit der Tante in Wien. Jeden Tag schickt Gerlich ihr einen Satz in Gekal-Schrift, denn sie dann entziffert und ihm die Lösung schickt. "Über 500 Rätsel haben wir so schon ausgetauscht", erzählt Gerlich.

Er will damit einem Trend entgegenwirken: dem, dass die Handschrift immer mehr verkommt. In der zunehmend digitalisierten Welt lernen Schüler heutzutage nicht mehr so schreiben, wie früher. Das legte zuletzt auch eine Studie des Instituts für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) nahe. Aber auch Erwachsene schreiben weniger mit der Hand.

Sprachschulen zeigen bereits Interesse

"Ich will helfen, dass die Freude am Schreiben wiederentdeckt wird. Und außerdem ist es praktisch, wenn man schnell Gedanken notieren will. Also für Menschen mit vielen Ideen oder eben Studenten und Schüler", sagt Gerlich.

Zudem trete er bereits an Sprachschulen heran, denn Sprachvermittlung erfolge auch über die Schrift. Allerdings wird man bei all jenen, die entweder gar nicht oder in einem anderen Schriftsystem als dem Lateinischen alphabetisiert sind nicht um die normalen 26 Buchstaben herumkommen.

Ob Studenten sich überzeugen lassen, statt auf dem Laptop oder Tablet zu tippen, ihre Notizen in Kurzschrift zu verfassen, wird sich wohl von Fall zu Fall entscheiden. Aber dann bleiben ja noch jene, die einfach Spaß am Notizen verschlüsseln haben. Oder Rätselfans wie die Wiener Tante.

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