Münchner Geschichte(n) in Geldscheinen: Blick in ein besonderes Archiv

300.000 historische Geldscheine gehören zur Sammlung des Gelddruck- und Technologiekonzerns Giesecke+Devrient. Darunter Scheine, die Münchner Geschichte(n) erzählen - wie die ersten bayerischen Gulden oder das Notgeld der Stadt in den 1920ern.
von  Irene Kleber
Das Rathaus ist auf diesen 1.000-Mark-Schein der Stadt München aus dem Jahr 1922 gezeichnet. Im August 1923 kann man damit nicht einmal ein Brot kaufen.
Das Rathaus ist auf diesen 1.000-Mark-Schein der Stadt München aus dem Jahr 1922 gezeichnet. Im August 1923 kann man damit nicht einmal ein Brot kaufen. © Giesecke+Devrient Stiftung Geldscheinsammlung

Genau 20 Jahre alt ist der Euro seit dem 1. Januar - was für eine kurze Zeit gemessen daran, wie lange Menschen schon mit Geld umgehen. Die alten Ägypter haben schon im dritten Jahrtausend vor Christus Gold und Silber als Zahlungsmittel genutzt.

Papiergeld kam deutlich später. Als erstes Land der Welt hat China es im 11. Jahrhundert eingeführt, der Abenteuerreisende Marco Polo hat gestaunt, als er 1276 dort zum ersten Mal kaiserliche Banknoten sah. Die ersten offiziellen in Europa brachte die Stockholms Banco 1661 in Umlauf. Bayern musste noch länger warten.

Der Verleger Albert Pick (2015 in Garmisch gestorben) war so fasziniert von der Geschichte des Geldes, dass er eine riesige Geldscheinsammlung angelegt hat. 1964 übergab er sie der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank. Heute liegt sie, gut gehütet, als Stiftung beim Gelddruck- und Sicherheitstechnologie-Konzern Giesecke+ Devrient (G+D) in München.

Sammler Albert Pick.
Sammler Albert Pick. © Giesecke+Devrient Stiftung Geldscheinsammlung

"Unsere Geldscheinsammlung ist die wohl weltweit größte", sagt Stiftungschefin Celia von Mitschke-Collande. Sie umfasst 300.000 Scheine, von chinesischen aus dem 14. Jahrhundert bis zu allerneusten Scheinen aus der ganzen Welt - und wird gerade digitalisiert. Die AZ durfte in die Alben schauen - und zeigt hier spannende Scheine aus München und Bayern.

Die Gelddruckerei von G+D in München 1956.
Die Gelddruckerei von G+D in München 1956. © Giesecke+Devrient Stiftung Geldscheinsammlung
Sie kümmern sich heute um die Geldscheinsammlung bei G+D:Celia von Mitschke-Collande,Kirsten Peter und Katharina Depner (v.l.).
Sie kümmern sich heute um die Geldscheinsammlung bei G+D:Celia von Mitschke-Collande,Kirsten Peter und Katharina Depner (v.l.). © Bernd Wackerbauer

Mehr Infos und Fotos zur Sammlung gibt es unter: www.geldscheinsammlung.de

1836: Das erste Papiergeld in Bayern - zehn Gulden, fälschungssicher

Bis die Bayern das erste Mal Papiergeld in Händen halten, dauert es - bis 1836. Da darf die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank auf Anweisung von König Ludwig I. als erste bayerische Notenbank Banknoten ausgeben - im Wert von acht Millionen Gulden. Die "Emission Nr. 5" einer 10-Gulden-Note sieht besonders hübsch aus, die Figuren sollen den Bankzweck symbolisieren, die Unterstützung der Landwirtschaft. Dafür haben verschiedene Münchner Künstler Entwürfe gemacht. Man entscheidet sich für den Illustrator Eugen Klimsch, der häufig allegorische Figuren malt, gern im Stil alter Meister. Das Papier fertigt die Papiermühle Ebart in Spechthausen an. Gedruckt wird in Leipzig bei Giesecke+Devrient auf Empfehlung des Kupferstechers Peter Haseney, ein Profi in Sachen Scheine fälschungssicher machen (er entwirft auch Deutschlands erste Briefmarke, den "Schwarzen Einser"). Die "Emission Nr. 5" hat erstmals eine Rückseite, dort wird Haseneys Unterschrift aufgedruckt.

Der bayerische 10-Gulden-Schein der "Emission 5" von 1865.
Der bayerische 10-Gulden-Schein der "Emission 5" von 1865. © Giesecke+Devrient Stiftung Geldscheinsammlung
Der 10-Gulden-Schein hat erstmals eine Rückseite - mit der Unterschrift des Kupferstechers.
Der 10-Gulden-Schein hat erstmals eine Rückseite - mit der Unterschrift des Kupferstechers. © Giesecke+Devrient Stiftung Geldscheinsammlung

1916-1920: Münchner Notmünzen - die "Bäckerpfennige" aus Papier und Pappe - für Bäckereien, Metzgereien und Wirtshäuser

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 wird das Kleingeld knapp - auch weil Münzen (Mark und Pfennig) als Material für den Krieg gebraucht werden. Aber Firmen und Geschäfte brauchen Wechselgeld und wissen sich zu helfen: Sie lassen "Notmünzen" aus Metall, Porzellan oder Holz herstellen oder geben Kleingeld aus bedruckter Pappe oder Papier aus, im Wert von einem Pfennig bis einer Mark. In München, wo der Münzmangel von 1916 bis 1920 drastisch wird, heißen die Papier- oder Pappestücke "Bäckerpfennige". 400 Bäckereien, Metzgereien, Marktstandl, Wirtshäuser oder auch Kantinen behelfen sich so, damit die Münchner einkaufen können. Manche Bäckerpfennige sind rund wie die "2 Pfennig" aus dem Gasthaus zum alten Gärtnerkeller in der Steinstraße, manche auch quadratisch wie in der Bäckerei Ditenhauser.

Die "A.G. Löwenbräu" gibt diese briefmarkengroßen Papierstücke als Kantinen-Geld (hier: 1 Pfennig) heraus.
Die "A.G. Löwenbräu" gibt diese briefmarkengroßen Papierstücke als Kantinen-Geld (hier: 1 Pfennig) heraus. © Giesecke+Devrient Stiftung Geldscheinsammlung
Auch die "Hans Ditenhauser Bäckerei", die damals Filialen in der Bayer- und Holzapfelstraße hat, lässt 1916 "Bäckerpfennige" drucken.
Auch die "Hans Ditenhauser Bäckerei", die damals Filialen in der Bayer- und Holzapfelstraße hat, lässt 1916 "Bäckerpfennige" drucken. © Giesecke+Devrient Stiftung Geldscheinsammlung
"2 Pfennig" wert ist dieses runde Papier vom Gasthaus Gärtnerkeller.
"2 Pfennig" wert ist dieses runde Papier vom Gasthaus Gärtnerkeller. © Giesecke+Devrient Stiftung Geldscheinsammlung

1918-1923: Münchner Notgeld Mit "Mark"-Gutscheinen hilft sich die Stadt selbst in der wirtschaftlichen Not der Inflationsjahre

Gegen Kriegsende 1918 macht die Geldentwertung Kleingeld überflüssig, es werden immer mehr große Beträge gebraucht. Die Reichsbank erlaubt den Städten, Papiernotgeld zu drucken. Die Entwürfe für die Münchner Notgeld-Ausgabe von 1922 zeichnet der Grafiker Franz Paul Glass († 1964). Seinen 1.000-Mark-Gutschein ziert etwa das Neue Rathaus, den 500-Mark-Schein die Frauenkirche, auf dem 100-Mark-Schein ist die Bavaria abgebildet. Gedruckt wird bei der Münchner Buchdruckerfamilie Gebrüder Parcus.

Der Münchner "500-Mark"-Notgeldschein aus der Inflationszeit zeigt vorn die Frauenkirche. Links ist auch zu lesen, dass Fälschen "mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft" wird.
Der Münchner "500-Mark"-Notgeldschein aus der Inflationszeit zeigt vorn die Frauenkirche. Links ist auch zu lesen, dass Fälschen "mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft" wird. © Giesecke+Devrient Stiftung Geldscheinsammlung
Auf der Rückseite des 500-Mark-Gutscheins findet sich das Datum "26. September 1922" und das aufgedruckte rote Siegel "Stadtrat München" mit Münchner Kindl.
Auf der Rückseite des 500-Mark-Gutscheins findet sich das Datum "26. September 1922" und das aufgedruckte rote Siegel "Stadtrat München" mit Münchner Kindl. © Giesecke+Devrient Stiftung Geldscheinsammlung

Fälschen ist strikt untersagt. Auf den Scheinen steht zu lesen: "Wer Banknoten nachmacht oder verfälscht, oder nachgemachte oder verfälschte sich verschafft und in Verkehr bringt, wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft." Wenig später beginnt der Wahnsinn der Hyperinflation. Jede Woche steigen die Preise für Lebensmittel, Straßenbahn, Theater, Zeitungen und Friseure. 1923 gibt die Stadt Scheine in horrenden Werten heraus, auch damit die Bürger bei der Stadthauptkasse ihre Gas- und Stromrechnungen begleichen können. Im Sommer 1923 kostet ein Kaffee 10.000 Mark, ein Brot eine Million, eine Theaterkarte eine Milliarde. Die Münchner tragen die Millionenscheine in Wäschekörben zum Lebensmitteleinkauf. Erst mit der "Rentenmark" im November 1923 ist der Spuk vorbei.

Der Münchner Grafiker und Schriftgestalter Franz Paul Glass zeichnet für den 100-Mark-Notgeldschein aus dem Jahr 1922 die Bavaria.
Der Münchner Grafiker und Schriftgestalter Franz Paul Glass zeichnet für den 100-Mark-Notgeldschein aus dem Jahr 1922 die Bavaria. © Giesecke+Devrient Stiftung Geldscheinsammlung
Die Rückseite des 100-Mark-Gutscheins der "Stadt Gemeinde München" gestaltet der Künstler in Schwarz und Orange.
Die Rückseite des 100-Mark-Gutscheins der "Stadt Gemeinde München" gestaltet der Künstler in Schwarz und Orange. © Giesecke+Devrient Stiftung Geldscheinsammlung
Im November 1918 wird in München noch ein "50 Pfennig"-Schein gedruckt. Die Figur links symbolisiert den Krieg, die rechts den Frieden.
Im November 1918 wird in München noch ein "50 Pfennig"-Schein gedruckt. Die Figur links symbolisiert den Krieg, die rechts den Frieden. © Giesecke+Devrient Stiftung Geldscheinsammlung
Auf der Rückseite des "50 Pfennig"-Scheins ist links und rechts die Frauenkirche zu sehen. Gedruckt wird auch dieser Schein bei den Buchdruckern Gebrüder Parcus.
Auf der Rückseite des "50 Pfennig"-Scheins ist links und rechts die Frauenkirche zu sehen. Gedruckt wird auch dieser Schein bei den Buchdruckern Gebrüder Parcus. © Giesecke+Devrient Stiftung Geldscheinsammlung

1924 nach der Inflation: Die neue Währung Reichsmark

Die Zeit der bayerischen Gulden endet mit der Gründung des Deutschen Kaiserreichs. Von Bayern bis hinauf nach Preußen wird 1871 die "Mark" (Goldmark) eingeführt. Aber die neue Währung überlebt nicht lange. Das Deutsche Reich druckt pausenlos Mark nach, um die Kriegskosten des Ersten Weltkriegs zu bestreiten. Nach dem Krieg erschüttern Inflation und Hyperinflation das Land - bis die "Rentenmark" endlich die "Mark" ablöst. Aber auch das löst die Probleme nicht.

Und so kommt ab August 1924 schon wieder eine neue Währung: die "Reichsmark". In Bayern gibt die Bayerische Notenbank Scheine zu 50 und 100 Reichsmark aus, hergestellt von Giesecke+Devrient. Am Papierrand sind als Sicherheitsmerkmale kleine Seidenpapierstreifen eingestreut. Es sind die letzten bayerischen Banknoten. Denn zum 1. Januar 1935 endet das Notenausgaberecht der Bayerischen Notenbank - ab jetzt darf nur noch die Reichsbank Geldscheine ausgeben.

Weiß-blau mit goldenen Löwen: 100 Reichsmark, ausgegeben in Bayern am 30. August 1924.
Weiß-blau mit goldenen Löwen: 100 Reichsmark, ausgegeben in Bayern am 30. August 1924. © Giesecke+Devrient Stiftung Geldscheinsammlung
100 Reichsmark: Rechts im weißen Feld sind als Sicherheitsmerkmale die eingestreuten Seidenpapierstreifen zu sehen.
100 Reichsmark: Rechts im weißen Feld sind als Sicherheitsmerkmale die eingestreuten Seidenpapierstreifen zu sehen. © Giesecke+Devrient Stiftung Geldscheinsammlung
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