Münchens Goldschmiede schmieden ein Bündnis
Maxvorstadt - Von der Decke lösen sich Teile, deshalb darf Hans Starr die Baustelle in der Türkenstraße 63 nur mit Helm und Sicherheitsschuhen betreten. Seit dem Goldschmied am 18. Dezember 2012 sein Geschäft bei einer Gasexplosion um die Ohren flog, ist der Laden geschlossen. Eröffnen kann er wahrscheinlich erst im April, das geht ins Geld.
Die Versicherung wird einen Großteil des Schadens übernehmen. Doch erst kurz vor der Explosion hatte Starr seine Betriebsausfallversicherung gekündigt. Die Tochter des 65-Jährigen ist Goldschmiedin. Starr dachte, falls etwas sein sollte, könne sie aushelfen. Daran, dass sein Geschäft komplett zerstört werden könnte, hat er nicht gedacht. Noch etwas hat Hans Starr nicht bedacht: Dass er viele Freunde hat. Und dass Goldschmiede zusammenhalten.
Um ihm zu helfen, haben sich 36 Goldschmiede aus München und Umgebung zusammengetan. Sie verkaufen Fortuna-Plaketten, die Starr nach dem Vorbild von antikem römischen Schmuck entworfen hat. Seit fünfzehn Jahren verwendet er das Motiv, jetzt soll die Schicksalsgöttin sein Schicksal zum Guten wenden. „Es macht mich glücklich, dass so viele Menschen mit anpacken, um mir zu helfen“, sagt Starr und nestelt gerührt an seiner Brille herum.
Initiiert wurde die Hilfsaktion von einem alten Freund der Familie Starr: Titus Wolf, Geschäftsführer der Leinfelder Goldschmiede in der Theatinerstraße. Hier werden fünf Gramm Gold- oder Silberkugeln durch eine Spindelpresse mit einem Fortuna-Negativstempel geprägt. Wie Teig gehen die Kugeln durch den Druck auseinander, jedes Stück ist ein Unikat. Die Materialkosten trägt Hans Starr, Titus Wolf stellt seine Werkstatt zur Verfügung.
An 36 Münchner Goldschmiede wurden bisher 120 Silberplaketten (ab 49Euro) und 32 Feingoldplaketten (ab 330Euro) geliefert. „In der Branche kennt man sich und viele haben gefragt, wie sie helfen können“, sagt Wolf. Die Goldschmiede fertigen Armbänder, Manschettenknöpfe und Ohrringe aus den Plaketten und verkaufen sie. Denn Hans Starr kann im Moment keinen Schmuck fertigen: Zargenriegel, Staucheisen und Ringriegel – all diese Werkzeuge hat er in seiner Wohnung gelagert. Eine vergoldete Büste, die den Laden verziert hat, steht momentan im Schlafzimmer und wartet darauf, dass der Laden endlich fertig wird. Wenn das Geschäft wieder öffnet, soll es aussehen wie früher, nur eben ein bisschen besser. Bis dahin übernimmt Fortuna die Geschäfte.
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