München: Urteil ist da - Lange Haftstrafe für Giftmischerin!

München - Während seine Frau das Urteil auf der Anklagebank mit steinerner Miene entgegennimmt, kann ihr Opfer und Ehemann schon wieder leise lächeln. Auf die Frage, was jetzt in ihm vorgeht, antwortet Horst K. (82, Name geändert): "Ich bin heute zum dritten Mal neu geboren worden."
Das zweite Mal dürfte der Moment gewesen sein, an dem klar wurde, dass er trotz der Einnahme des Frostschutzmittels Glykol, das ihm seine Frau am 7. Mai 2018 nach Ansicht des Gerichts ins Essen gemengt hat, nicht sterben würde.
Dass es so gewesen war, dass sich Birgit K. (74, Name geändert) des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht hat, daran hat das Landgericht nach der Beweisaufnahme keine Zweifel mehr und verurteilt die Frau zu zehneinhalb Jahren Gefängnis.
Der Vorsitzende Richter Norbert Riedmann erklärt, warum: Eine Tochter habe "ohne jeden Belastungseifer" vor Gericht ausgesagt, dass ihr ihre Mutter die Tat gestanden habe. Eine zweite Tochter schweigt zwar vor Gericht, aber Freunde von ihr berichten – "ebenfalls ohne Belastungseifer" –, dass auch diese von der Tat der Mutter erzählt habe.
Das Motiv von Birgit K. laut Gericht: Habgier. Riedmann: "Es drängt sich der Verdacht auf, dass sogar die Ehe geplant war, um einen schönen Lebensabend genießen zu können." Später habe sie erkannt, dass sie als Witwe noch besser gefahren wäre: "Sie wollte ihn umbringen."

Mann überlebt Gift-Anschlag
Jedenfalls habe sie nur ein Jahr und einen Tag nach der Hochzeit begonnen, im Internet zu recherchieren. Darunter Suchanfragen zum Thema, wie man einen Mann, ohne Spuren zu hinterlassen, töten könne.
Nach Überzeugung von Staatsanwalt Laurent Lafleur – er hatte zwölf Jahre Haft gefordert – schritt sie im Mai 2018 dann zur Tat. Ob er nun Tortellini oder Maultaschen an diesem Abend gegessen habe, weiß Horst K. heute nicht mehr. Jedenfalls krümmte er sich kurz darauf am Boden und übergab sich. Seine Frau kümmerte sich nicht weiter um ihn, legte sich ins Bett. Sie sei davon ausgegangen, dass er stirbt, urteilt das Gericht.
Während Strafverteidiger Michael Löffler im Plädoyer darauf pochte, dass der Mann mit diesen Symptomen auch einen leichten Schlaganfall gehabt haben könnte, ist das Gericht überzeugt, dass Horst K. mit Frostschutzmittel vergiftet wurde. So wie es die Frau ihrer Tochter gestanden habe.
Kurz vor der Tat bestellt sie Frostschutzmittel
Weitere Indizien dafür: Birgit K. bestellte kurz vor der Tat im Internet eine Flasche mit Ethylenglykol. Bei einer Familienfeier habe sie zudem nach einem Mörder gefragt, dem sie 400 Euro bieten würde. Horst K. sagt selbst, dass er nach drei Jahren merkte, dass "etwas nicht stimmt" – und die Frau aus seinem Testament gestrichen. Einen Tag vor der Tat habe sie sich eine gefälschte Generalvollmacht erteilt, um nach dem Tod des Mannes über dessen Eigentum zu verfügen.
Birgit K. ist wohl auch früher nicht zimperlich gewesen. So soll sie einen ihrer früheren Ehemänner und dessen Freund mit K.-o.-Tropfen betäubt haben, um in aller Ruhe dessen Lokal nach Geld zu durchsuchen.
Anwalt will Revision einlegen
"Zehneinhalb Jahre Gefängnis bedeuten für eine 74-Jährige lebenslänglich", sagt Anwalt Löffler nach dem Urteil. Er werde Revision einlegen.
Horst K. kann dennoch jetzt einen vorläufigen Schlusstrich ziehen. Seine Frau sei höchst kriminell, sagt der sehr rüstig wirkende Mann nach dem Urteil. Sein Fazit: "Ich bin sie losgeworden – mir geht es gut."
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