München trinkt: Sauf-Kids sind nicht zu stoppen

Sie sind elf und völlig dicht: Laut dem Suchthilfeverein Condrobs landen pro Monat 25 Kinder oder Münchner Jugendliche mit Alkoholvergiftung in der Klinik. Der Verein zeigt deshalb einen neuen Kino-Spot. Doch wirkt der überhaupt?
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Trinken, bis der Arzt kommt: Laut Condrobs schütten sich immer mehr Kinder und Jugendliche in München weg.
dpa/Symbolbild Trinken, bis der Arzt kommt: Laut Condrobs schütten sich immer mehr Kinder und Jugendliche in München weg.

MÜNCHEN - Sie sind elf und völlig dicht: Laut dem Suchthilfeverein Condrobs landen pro Monat 25 Kinder oder Münchner Jugendliche mit Alkoholvergiftung in der Klinik. Der Verein zeigt deshalb einen neuen Kino-Spot. Doch wirkt der überhaupt?

Münchner Jugendliche trinken immer mehr - und immer grenzenloser: 2008 besuchte der Präventions- und Suchthilfeverein Condrobs 245 Jugendliche zwischen 11 und 17 Jahren aufgrund exzessiven Alkoholkonsums im Krankenhaus aufgesucht. Von Januar bis September 2009 verzeichnet Condrobs bereits 228 Einsätze. „Die Tendenz ist leider weiter steigend“, sagt Frederik Kronthaler, Bereichsgeschäftsführer der Jugend¬einrichtungen bei Condrobs.

„Waren es 2008 im Monat durchschnittlich 20 Ju¬gendliche, zählen wir in diesem Jahr bisher schon durchschnittlich 25 Mädchen und Jungen.“ Umfassende Aufklärung ist ein erster Schritt zur Verhaltensänderung. Im Rahmen des Frühinterventionsprogramms HaLT („Hart am Limit“) kooperiert die Condrobs Einrichtung easyContact seit knapp zwei Jahren mit den „Münchner Ärzten gegen Jugendalkoholismus“.

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Gespräche in der Notfallaufnahme Erfolg haben. Mehr als 20 Prozent sind im Anschluss bereit, sich mit dem eigenen Alkoholkonsum auseinanderzusetzen. Um es gar nicht so weit kommen zu lassen, ist Condrobs auch präventiv tätig.

Besoffen und überfahren: Der neue Condrobs-Spot

Dafür geht Condrobs jetzt auch ins Kino: Ab 15. Oktober sehen alle Münchner und Starnberger in den Kinos Mathäser 1, 6 und 9, in den Kinos Royal A und B sowie im Starnberger Kino Breitwand für vier Wochen einen 56-sekündigen Spot. „Der Risiko-Check, den wir im Rahmen der HaLT-Aktivitäten seit über einem Jahr durch-führen, zeigt deutlich, dass sich die betroffenen Ju¬gendlichen der Gefahren nicht ausreichend bewusst sind“, sagt Frederik Kronthaler. Der Spot veranschauliche, dass zu viel Alkoholkonsum das Leben kosten kann: Ein 15-jähriges Mädchen fällt in den Sitz eines Taxis. Auf der Stirn steht in rot ihre Adresse. Sie ist kaum ansprechbar - und eins ist sicher: Es endet schlimm.

Video: Der neue Condrobs-Spot

Der Spot zeigt, welche Folgen Komasaufen haben kann - doch reicht das aus, um Jugendliche vom Trinken abzuhalten? Englische Anti-Alkohol-Kampagnen gehen jedenfalls aggressiver mit dem Thema um. In Ihrem Filme wird's richtig hart und eklig: Ein Bub macht sich fürs Ausgehen fertig und haut sich den Kopf an die Wand, sticht sich ein Ohrloch, schmiert sich Soße übers Hemd, dass es aussieht wie Erbrochenes. Dann pinkelt er sich auf die Schuhe. Auch im Spot für Mädchen sieht sie am Ende aus wie nach einer ganz harten Nacht. Dabei hat der Abend noch gar nicht begonnen.

Am Ende gehen Boy und Girl völlig fertig aus dem Haus - dann erscheint der Schriftzug: "Du würdest keinen Abend auf diese Art beginnen. Warum also ihn so beenden?"

Video: "Boys Night Out"

Mit diesen Spots will die Kampagne gegen "Binge Drinking" - also Komasaufen - vorgehen. Und gab dafür vier Millionen Pfund (fünf Millionen Euro) aus. Ekel hat seinen Preis.

Die Filme sollen junge Leute zwischen 18 und 24 Jahren ansprechen. Der Rest der Kampagne läuft auf breiter Front auch im Radio, in Magazinen wie Glamour oder Cosmopolitan und im Internet. In allen Formaten verletzen und beschmieren sie sich selbst.

Video: "Girls Night Out"

So hart könnte es laut der Bundesdrogenbeauftragten Sabine Bätzing ruhig auch in deutschen Kampagnen zugehen: "Die Jugendlichen finden sich in der Erfahrung wieder. Nur damit erreicht man sie - alles andere prallt ab", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung".

Thomas Gautier

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