München: Queeren Geflüchteten aus Uganda droht Abschiebung
München – Vor fünf Wochen bekam Ronnaldss Washington Ckheumbe (27) das Ergebnis von seinem Asylbescheid. Nach mehreren Stunden Anhörung im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wurde sein Asylgesuch abgelehnt. Obwohl sein Leben in seinem Heimatland Uganda als schwuler Mann in Gefahr ist.
"Wenn ich zurückkomme, dann töten sie mich"
Wenn er davon erzählt, dann zittern seine Mundwinkel, und manche Worte bleiben ihm im Hals stecken. "Wenn ich dorthin abgeschoben werde, dann töten sie mich", sagt der 27-Jährige.
Homosexualität ist in Uganda strafbar und wird staatlich verfolgt. Im Mai 2023 wurde das Gesetz, der sogenannte "Anti Homosexuality Act" verschärft, seither müssen queere Menschen dort mit der Todesstrafe rechnen. Davon berichten am Mittwoch die Geflüchtetenberatungsstellen der beiden queeren Zentren Sub und Letra, die viele queere Geflüchtete aus Uganda beraten.
In Artikel 16a der deutschen Verfassung heißt es: Wer politisch verfolgt ist, hat ein Recht auf Asyl. Darunter zählen etwa Menschen, die in ihrem Heimatland verfolgt werden, weil sie einer religiösen Minderheit angehören, einer politischen Gruppierung oder wegen ihrer sexuellen Orientierung.
Geringe Anerkennungsquote queerer Geflüchteter
"Die Anerkennungsquote queerer Geflüchteter aus Uganda liegt bei unter zehn Prozent", sagt Julia Serdarov von Letra. Am Mittwochmorgen sitzen neben ihr auf dem Podium beim Pressegespräch im Schwulen Kulturzentrum Sub zwei Frauen aus Uganda. Auch ihr Asylantrag wurde vom BAMF abgelehnt.
Bezeichnend seien die Begründungen, warum die Bescheide abgelehnt würden: "Das BAMF, als auch die Richterinnen und Richter am Verwaltungsgericht ziehen in Zweifel, dass die Betroffenen homosexuell sind, und unterstellen, dass sie das als Vorwand nutzten", sagt Serdarov. Deshalb wolle Letra den Betroffenen weiter helfen, gegen die aus ihrer Sicht ungerechten Bescheide zu kämpfen.
BAMF unterstellt Geflüchteten Lügen
Washington Ckheumbe bringt die Ablehnung zur Verzweiflung: Er wisse nicht, was er hätte tun müssen, damit ihm die BAMF-Mitarbeiter geglaubt hätten. Er musste bei einer mehrstündigen Anhörung von seinem Coming-out als schwuler Mann in Uganda erzählen, sagt er. Er habe erzählt, dass er im Gefängnis war, dass Soldaten auf ihn geschossen hätten. Er habe medizinische Befunde der Schutzverletzungen vorgelegt, von den Narben knapp neben seiner Halswirbelsäule.
"Sie unterstellen ihm, dass er sich die Homosexualität eines Bekannten abgeschaut und sich diese angeeignet habe", sagt Annina von Sub, die den 27-Jährigen schon länger betreut.
Starke psychische Belastung für Geflüchtete
Bevor er abgeschoben wird, würde er lieber hier sterben. "Ich hatte Selbstmordgedanken", sagt Ckheumbe. In Panik ist er am Tag, als er die Ablehnung bekam, ins Sub gegangen. Die Mitarbeiter haben einen Rettungswagen gerufen. Er ist weiter in psychiatrischer Behandlung – und doch hierher aufs Podium gekommen.
"Wenn es das Sub nicht gäbe, dann wäre ich heute nicht mehr hier", sagt Ckheumbe. Die Geflüchtetenberater wollen ihm helfen, den Bescheid anzufechten.
"Großes Hierarchiegefälle" bei Anhörungen
Wie die Anhörung im BAMF, folge auch die am Verwaltungsgericht keinem fairen Verfahren, findet Julia Sedranov. Es bestehe ein großes Hierarchiegefälle. "Dann wird erwartet, dass die Geflüchteten reflektiert über intime Details ihrer sexuellen Orientierung sprechen, wegen denen sie bedroht und verfolgt wurden."
Die Befragungen seien zudem häufig retraumatisierend. Beide Geflüchteten-Beraterinnen seien schon bei mehrere Anhörungen dabei gewesen. Aus ihrer Sicht wären die Dolmetscher in einigen Fällen nicht ausreichend qualifiziert.
Verwaltungsgericht zweifelt Homosexualität an
Phionah Namara floh aus Uganda, nachdem ihre Partnerin bereits verhaftet worden war, sagt sie. Die 39-Jährige kam 2012 nach Deutschland. Ihr Asylantrag wurde vom BAMF abgelehnt, dann auch vom Verwaltungsgericht: Sie könne keine lesbische Frau sein. Warum? "Das wurde damit begründet, dass ich zwei Kinder habe."
Namara weiß, was es heißt, fast abgeschoben zu werden. 2021 kam die Polizei zu ihr und ihren Kindern in die Unterkunft. Der Versuch scheiterte, weil sie sich zur Wehr setzte. "Wenn mein Sohn nur ein Polizeiauto sieht, läuft er weg."
Queere Geflüchtete in München: "Ich will nur ein freies, glückliches Leben"
Unklar ist, wie es weitergehen soll. Der Aufenthalt von Ckheumbe endet am 30. November. "Ich habe niemandem etwas getan. Alles, was wir wollen, ist das, was jeder Mensch will: die Chance auf ein freies, glückliches Leben", sagt die dritte der queeren Geflüchteten, Patience Musiimenta (34), eine alleinerziehende Mutter.