München: Nach Mord in Freimann erklärt Kriminalist die Motive
München - Was treibt einen Menschen dazu, seinen geliebten Intimpartner zu töten? Die AZ sprach mit dem früheren Leiter der Bremer Mordkommision Axel Petermann. Seit seiner Pensionierung 2014 ermittelt der 64-Jährige im Auftrag von Angehörigen weiter. Außerdem ist er Bestseller-Autor und Berater des Bremer "Tatort".
AZ: Herr Petermann, warum tötet bei einer Trennung eher ein Mann seine Partnerin als umgekehrt? Der Grund kann ja wohl nicht nur körperliche Überlegenheit sein, oder?
AXEL PETERMANN: Es ist tatsächlich so, dass bei den meisten Fällen dieser Art der Mann der Täter ist und die Frau das Opfer. Für einen Mann ist es häufig nicht tolerierbar, dass die Frau sich trennt. Dahinter steckt die männliche Auffassung: Du als Frau hast nicht das Recht, die Beziehung zu beenden. Der Mann tötet auch, um die Frau für sich zu bewahren. Das klingt absurd, doch er gönnt sie keinem anderen. Es geht um Eifersucht, Zurückweisung und den Verlust von Macht und Dominanz.
Kann es theoretisch jede Frau treffen?
Ja. Die Täter kommen aus allen Bildungsschichten. Egal, ob arm oder reich, jung oder alt.
Gibt es einen Unterschied, ob die Beziehung kürzer oder länger dauerte?
Die Tötung des Intimpartners – der Fachbegriff ist Intimizid – ist in längeren Beziehungen überrepräsentiert. Die lange Zeit verbindet sehr stark, die Beziehung hat eine große Bedeutung.
In dem aktuellen Fall aus Freimann dauerte die Beziehung aber erst ein paar Monate.
Vermutlich war sie für den Mann sehr bedeutsam. Die Trennung muss mit einem Ansehensverlust verbunden gewesen sein. Neben der Trennungsproblematik könnte möglicherweise auch eine Rolle spielen, dass das Leben des Täters in anderen Ebenen von Misserfolgen geprägt war. In solchen Fällen empfindet der bilanzierende Täter die Trennung als zusätzliches Versagen.
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Geschieht solch eine Tat eher geplant oder spontan?
Die Tötung geschieht häufig aus der Situation heraus im Rahmen eines letzten Gespräches. In dem Moment, in dem die Frau die Trennung verbalisiert und sich nicht mehr umstimmen lässt, ist die Gefahr für sie am größten. Zumal, wenn sie ihn zuvor schon zurückgewiesen hat, und sich bei ihm bereits eine latente Tatbereitschaft entwickelt hat. Der Täter verliert die Kontrolle. Dabei kann auch Alkohol eine Rolle spielen, der wirkt enthemmend.
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