München: JVA-Vize-Chef auf Anklagebank
München - „Das ist für mich eine völlig neue Erfahrung“, sagt der Vize-Chef des Münchner Gefängnisses Stadelheim, Hans-Jochen Menzel (63), als er sich im Amtsgericht auf die Anklagebank setzt. Der Vorwurf: Verrat von Dienstgeheimnissen.
Er soll im November 2012 über den Gesundheitszustand des Staatsanwalt-Mörders Rudolf U. (†55) zu offen mit der Presse geplaudert haben. Dafür bekommt Menzel einen Strafbefehl von 7500 Euro (75 Tagessätze). Gegen den legte er mit seinen Anwälten Hartmut Wächtler, Ralf Seidl und Karl-Heinz Seidl jetzt Einspruch vor Gericht ein.
Wächtler sagt: „Unsere Hypothese ist, dass der eigentliche Grund ein politischer ist, diesen Mann (gemeint ist Rudolf U.) vor Gericht zu bringen.“ Denn der Ex-Transportunternehmer, der aus Hass auf die Justiz am 11. Januar 2012 im Amtsgericht Dachau Staatsanwalt Tilmann Turck (†31) erschießt, leidet an Diabetes.
Nach der Tat muss ihm der linke Unterschenkel amputiert werden. Im Herbst stirbt auch das rechte Bein langsam ab. Rudolf U. verweigert ärztliche Hilfe, will sterben (AZ berichtete). Menzel hält es für seine Pflicht, die Öffentlichkeit über Rudolf U. zu informieren. Vor Gericht sagt er: „Der Mann gehörte nicht nach Stadelheim, sondern in ein Sterbehospiz.“
Dies will die Justiz damals aber nicht. Menzel ist auch besorgt um seine Mitarbeiter, da der Verwesungsgeruch des Beines unerträglich war und Ansteckungsgefahr bestanden hatte. Schließlich willigt Rudolf U. einer Amputation zu.
Sein damaliger Verteidiger Maximilian Kaiser, der übrigens vor Menzel über das Krankheitsbild die Presse informierte, sagt damals: „Meinen Mandanten hat man für das Verfahren regelrecht zurechtgestutzt.“
Nach dem Urteil mit lebenslanger Freiheitsstrafe stirbt Rudolf U.
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