München: Eigene Stadtrats-Liste für die SEM-Gegner?
München - Der Landwirte- und Bürgeraufstand gegen die zwei Mega-Neubausiedlungen, die die Stadt auf noch freien Ackerflächen im Münchner Nordosten und Norden bauen will, wird immer ungemütlicher für den Stadtrat. Seit einigen Wochen schon gibt es Gerüchte, die Gegner könnten bei der Kommunalwahl 2020 mit einer eigenen, neuen Stadtratsliste antreten und die etablierten Parteien Stimmen kosten. Bei einer Pressekonferenz der Initiative Heimatboden, die die Proteste von Bauern und Bürgerinitiativen koordiniert, gab es erneut kein klares Dementi. "Wir wollen das zum jetzigen Zeitpunkt nicht kommentieren", sagt Sprecher Josef Glasl.
Allerdings: Die Gegner treten mit breiter Brust auf. "Eine München-Liste kann garantiert Fraktionsstärke erreichen, wenn nicht sogar mehr", so formuliert es Dirk Höpner, der Sprecher der Bürgerinitiative Bündnis Nord. "Wir könnten locker zehn Prozent der Wählerstimmen holen", sagt er der AZ. Man habe vor allem Grünen-Wähler hinter sich, aber auch viele von der CSU.
SEM-Gegner: Der Zuzug muss gestoppt werden
Die Proteste richten sich inzwischen nicht mehr nur gegen die Stadtentwicklungsmaßnahme SEM für die 600 Hektar Land im Nordosten rund um Daglfing (die es der Stadt notfalls auch erlaubt, Grundeigentümer für den Wohnungsbau zu enteignen). Sondern gegen ein weiteres rasantes Wachstum Münchens überhaupt.
Dass weiter jährlich bis zu 30.000 Neubürger zuziehen und die Stadt immer mehr verdichtet wird, wolle eine Mehrheit der Münchner nicht mehr mittragen. Dirk Höpner fordert Maßnahmen, die den Zuzug stoppen: "Der viele Wohnungsbau hilft nichts, wenn gleichzeitig immer mehr Raum für Gewerbe geschaffen wird. Denn die neuen Arbeitsplätze, die so entstehen, ziehen mehr Zuzügler an. Wir brauchen da einen Perspektivwechsel." Vor allem Jobs für hoch qualifizierte Facharbeiter sollten im Stadtgebiet nicht mehr entstehen.
Es beruhigt die Protestler nicht, dass SPD-OB Dieter Reiter Enteignungen ausgeschlossen hat, dass die Stadt im Norden für die Entwicklung der 900 Hektar Ackerland um Feldmoching auf das Instrument einer SEM verzichten will – und die CSU neuerdings auch im Osten keine SEM mehr unterstützt.
Der SEM-Zoff geht vorerst weiter
Nach der Kommunalwahl 2020 werde der Stadtrat anders aussehen. "Man kann sich auf gar nichts mehr verlassen", sagt Markus Bichler, Sprecher der Initiative Bündnis Nordost.
Vor allem auf die Rathaus-Grünen (die auf die Möglichkeit von Enteignungen nicht verzichten wollen) sind die Wachstums-Gegner wütend. Die Grünen plädieren zwar dafür, von den 600 Hektar Acker um Daglfing maximal 100 Hektar zu bebauen – wie es eine Bund-Naturschutz-Studie vorschlägt. Allerdings können sie sich dort bis zu 30.000 Wohnungen vorstellen. "Das wäre doppelt so eng und hoch wie in der Maxvorstadt", empört sich Dirk Höpner. "Wir hätten schon erwartet, dass die Grünen bei maximal 10.000 Wohnungen Stopp sagen."
Nach einem baldigen Frieden rund ums Thema SEM sieht das alles nicht aus.
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