München: Die Fitnessstudios haben wieder auf
München - Sebastian Dankel zieht das Gewicht an seine Brust. "Zu Hause hab ich gar nichts gemacht", sagt er und grinst. Zwölf Wochen waren die Fitnessstudios in Bayern geschlossen. Seit Montag sind sie wieder geöffnet. Es ist 14 Uhr, der 22-Jährige ist im Fitness First in Schwabing. Wegen Kurzarbeit hat er nun Feierabend. Um die 25 andere trainieren in der 2.000 Quadratmeter großen Halle, maximal 200 wären zugelassen.
"Ich bin voll überrascht, dass so wenig los ist", sagt Dankel. "Ich glaube, dass viele schon noch einen Grundrespekt davor haben." "Davor", damit meint er das Coronavirus. Seine Maske liegt auf dem Boden. "Wenn du Pausen machst, musst du die Maske bitte aufziehen", sagt Trainingsleiterin Stephanie McHale, die sich fröhlich zu ihm gestellt hat.
Im Corona-Lockdown: Video-Training zuhause
Hygieneregeln einhalten, weniger Besucher einlassen und Kurse weniger anstrengend gestalten, das sind die Auflagen, die nun für Fitnessstudios gelten. Umkleidekabinen und Saunen bleiben zudem geschlossen. "Die größte Veränderung ist, dass wir ein paar Geräte aussetzen mussten wegen der Abstände", sagt McHale. Sie lächelt in einem fort. "Ich bin richtig happy", sagt sie, "für den ersten Tag läuft es richtig gut."
In einem leeren Spiegelraum geht Valerie von Stauffenberg mit 40 Kilogramm Gewicht in die Knie und wieder hoch. Vor Corona ging sie fast täglich ins Fitnessstudio. "Ich dachte, dass ich es gar nicht aushalte ohne", sagt die 28-Jährige. Dann jedoch gefiel ihr die Zeit ohne Fitnessstudio überraschend gut: "Man konzentriert sich mehr auf sich selbst", sagt sie. Auf dem Balkon machte sie Liegestützen – im Schlafzimmer hatten sich die Nachbarn über den Lärm beschwert.

Die gleiche Erfahrung machten auch andere Mitglieder. Fitness First passte deshalb sein Trainingsprogramm auf YouTube nachbarfreundlich an. Viele Mitglieder sahen sich die Videos an, 700 Prozent mehr als vor der Corona-Krise, heißt es.
EMS-Studios: Drei Wochen früher geöffnet
Die Krise habe die Fitnessclubs, wie alle Branchen, schwer getroffen, sagt Manager Hannes Sigurdsson, "aber wir haben sehr loyale Mitglieder bei uns."Gleiches sagt auch Carlo Fuzio, Chef des Body Street am Frankfurter Ring: "Die Solidarität war sehr groß." Nach sieben Wochen Schließung habe er dennoch keine Mitgliederbeiträge mehr bezogen, "weil wir gesagt haben, das ist nicht zumutbar".

Anders als die meisten anderen hat Fuzios Fitnessstudio schon seit dem 14. Mai wieder geöffnet: Bei dem speziellen Elektrostimulationstraining (EMS) werden Muskeln über elektrische Impulse stimuliert. Maximal zwei Kunden trainieren dabei gleichzeitig. Die für Corona geltenden Hygienestandards gelten ohnehin schon. Als Friseursalons wieder öffnen durften, klagten EMS-Studios – und bekamen recht.
"Ich bin froh, dass wir dreieinhalb Wochen früher öffnen durften als die anderen Studios", sagt Fuzio, "weil ich nicht weiß, wie wir das sonst geschafft hätten." Der Fitnessökonom rechnet mit Umsatzeinbußen von 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. "Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen", sagt er. "Aber es gab Tage, an denen man Bauchschmerzen hatte."
Training – auch in der Mittagspause
Eine Kundin geht in seinem Studio gerade in die Hocke, ihre Arme scheinen gegen eine unsichtbare Kraft anzukämpfen. Sie trägt eine Weste, die verkabelt ist, ihr gegenüber steht eine Trainerin mit Mundschutz und Handschuhen und macht die Bewegung vor. Eine Schweißperle tropft auf den Boden.

"Ich bin jetzt in der 13. Woche im Homeoffice auf dem Küchenstuhl", sagt die Kundin später. Ohne das Training der Tiefenmuskulatur habe sie deutlich mehr Rückenschmerzen gehabt. Die Beraterin einer Personalabteilung ist in ihrer Mittagspause gekommen. Das Training dauert nur 20 Minuten – ist aber intensiv. "Ich habe danach immer ein, zwei Tage Muskelkater", sagt die 29-Jährige. Fuzio lacht und sagt: "Wir hatten echt viele, die nach dem ersten Training angerufen haben und gesagt haben: Tag vier und mein Po tut immer noch so schlimm weh."
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