Mordfall Ursula Herrmann: Kommt Werner M. wieder frei?

Seit Ende Mai sitzt Werner M. in Haft. Er ist der Tatverdächtige im Mordfall Ursula Herrmann, der 27 Jahre zurück liegt. Ein Tonband soll den 58-Jährige nun einwandfrei überführt haben. Doch es kommen Zweifel auf: Denn Werner M. behauptet, er habe das Band erst kürzlich auf dem Flohmarkt gekauft.
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Werner M. wird dringend tatverdächtigt, Ursula Herrmann 1981 entführt zu haben.
Ronald Zimmermann Werner M. wird dringend tatverdächtigt, Ursula Herrmann 1981 entführt zu haben.

Seit Ende Mai sitzt Werner M. in Haft. Er ist der Tatverdächtige im Mordfall Ursula Herrmann, der 27 Jahre zurück liegt. Ein Tonband soll den 58-Jährige nun einwandfrei überführt haben. Doch es kommen Zweifel auf: Denn Werner M. behauptet, er habe das Band erst kürzlich auf dem Flohmarkt gekauft.

AUGSBURG/ECHING Er gilt seit 27 Jahren als Hauptverdächtiger im Fall Ursula Herrmann, wurde mehrmals festgenommen – kam aber immer wieder frei: Werner M.(58), ein ehemaliger Nachbar der Herrmanns aus Eching, der seit Ende Mai erneut in U-Haft sitzt. Ein Tonband, das „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ bei der Entführung der Zehnjährigen benutzt wurde, war ihm zum Verhängnis geworden. Doch nun behauptet M., das Gerät erst im vergangenen Sommer erworben zu haben – auf einem Flohmarkt, knapp 600 Kilometer vom Ammersee entfernt. Sein Anwalt Walter Rubach bereitet eine Haftbeschwerde vor. „Mein Mandant ist äußerst zuversichtlich, dass wir damit Erfolg haben“, sagt er.

Ursula Herrmann war am 15. September 1981 auf dem Heimweg entführt worden. In Briefen forderte der Kidnapper 2 Millionen Mark Lösegeld. Außerdem rief er die verstörten Eltern neun Mal an – ohne auch nur ein Wort zu sagen. Er spielte ihnen lediglich ein Band vor, auf dem eine BR-Melodie zu hören war.

Die kleine Ursula erstickte qualvoll in einer unterirdischen Holzkiste, in die sie ihr Peiniger gesperrt hatte. Und schon zwei Tage nachdem ihre Leiche gefunden wurde, gab es einen ersten anonymen Hinweis auf Werner M. Er wurde befragt, abgeführt, freigelassen. Immer wieder.

Bis Oktober 2007 hatten die Ermittler nichts gegen den gelernten Fernseh-Elektriker, der mittlerweile in Schleswig-Holstein lebt, in der Hand. Dann entdeckten sie bei ihm ein Tonbandgerät der Marke Grundig TK 248. Ein Experte kam in einem phonetischen Gutachten zum Schluss, dass das Gerät „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ zum Abspielen des Erpresser-Bandes verwendet worden war. „Das LKA-Gutachten zu diesem Tonband ist das I-Tüpfelchen in der Beweiskette“, sagte der Augsburger Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz nach der Verhaftung von Werner M. im Mai.

Was bis jetzt jedoch niemand wusste: Schon damals hatte der Verdächtige behauptet, das Gerät auf einem Flohmarkt im Weserbergland gekauft zu haben – und zwar genau zwei Wochen bevor die Fahnder es bei ihm aufstöberten. „Er ist ein Radio-Bastler und in seiner Jugend wurden diese Tonbänder noch benutzt. Er hatte noch einige Exemplare davon zuhause. Deshalb hat er das Gerät erstanden“, sagt Anwalt Rubach.

Tatsächlich waren M. und seine Frau Gabriele zum angegebenen Zeitpunkt im Weserbergland unterwegs. Tatsächlich fand dort auch ein Trödelmarkt statt – doch die Verkäufer mussten sich nicht registrieren. Vom „großen Unbekannten“, der das Gerät aus Eching im Städtchen Beverungen feilbot, fehlt jede Spur. „Wir ermitteln auch in diese Richtung“, heißt es bei der Staatsanwaltschaft.

Jurist Rubach bezweifelt derweil, dass sich das Erpresser-Tonband überhaupt eindeutig identifizieren lässt. „Jedes dieser Geräte hat aufgrund von Alter und Pflege sehr individuelle Merkmale wie Abspielgeschwindigkeit oder -geräusch“, hatte ein LKA-Ermittler der AZ erklärt. Dazu Rubach: „Wer sagt denn, dass es sich nicht um Fehler der ganzen Serie handelt, oder Defekte, die auftreten, wenn das Gerät herunterfällt.“

Wie auch immer: Das Tonband soll nicht der einzige Verdachtsmoment gegen Werner M. sein. „Wir machen nur nicht alle Indizien publik“, hatte Nemetz nach der Festnahme erklärt. „Diese Aussage wundert mich“, entgegnet Rubach. „In meinen Augen werden hier nur uralte Indizien neu bewertet. Bis heute gibt es keinen einzigen Sachbeweis, keine DNA-Spur – nichts.“

Natalie Kettinger

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