Monster-Fische im Ammersee
Wo die Münchner gerne baden gehen, holt der 66-jährige Simon Rauch zwei riesige Waller aus dem Wasser.
MÜNCHEN/DIESSEN Es ist schon etwas unheimlich, wenn man sich vorstellt, dass beim fröhlichen Plantschen im See plötzlich der Schatten eines 1,85 Meter großen Fisches neben dem nichts ahnenden Schwimmer auftaucht. Ein Monsterfisch, der gerne mal Fleisch frisst. Im Ammersee sind solche unheimlichen Begegnungen durchaus drin. Innerhalb von nur zwei Wochen wurden jetzt zwei riesige Waller bei Dießen aus dem Wasser gezogen. Vom selben Fischer.
Simon Rauch kann sein Glück denn auch kaum fassen. „Das ist wie ein Sechser im Lotto”, freut sich der 66-Jährige aus Dießen. Zwei Wochen, nachdem er einen Monster-Waller von 66 Pfund aus dem Ammersee geholt und diesen voreilig als „Jahrhundertfisch” bezeichnet hat, findet er in seinem Trappnetz erneut einen Riesenfisch. Nur diesmal noch etwas schwerer und größer.
Stolze 88 Pfund wiegt der zweite Waller – und überragt mit 1,85 Metern seinen Fischer um ganze zehn Zentimeter. Womöglich handelt es sich um die Gefährtin des ersten Fisches. Waller leben häufig in Zweiergemeinschaften und können bis zu 80 Jahre alt werden.
AZ-Meinung: AZ-Redakteur Timo Lokoschat über den Fang vom Ammersee
Rauch: „Das war ein harter Kampf, der Fisch hat wild um sich geschlagen.” Wer ihn so hört, wird an Ernest Hemingways Geschichte „Der alte Mann und das Meer” erinnert. Doch die Story vom alten Mann und dem See hat einen glücklicheren Ausgang – für den Angler.
Nicht nur der 66-Jährige hält seinen Doppel-Fang für eine „Sensation”. Denn Waller sind im See eigentlich nicht zu Hause. Sie bevorzugen den schlammigen Untergrund von Flüssen. Zuletzt hatte Rauch vor drei Jahren einen großen Waller aus dem Ammersee geholt. Der wog aber nur 56 Pfund und ziert heute als Trophäe präpariert ein Lokal.
Der Riesenfisch ernährt sich von anderen Fischen, kann aber aufgrund seiner Größe auch ausgewachsene Wildenten und andere Wasservögel jagen und verspeisen. Je größer, desto gieriger, so lautet die Faustregel. Angst brauchen die Ammersee-Schwimmer aber dennoch nicht zu haben. „Dass ein Waller einen Menschen angreift, habe ich noch nie gehört”, beruhigt Rauch ängstliche Gemüter. Das Gleiche gelte auch für die anderen Räuber im See wie Hecht und Zander.
Auch Kormorane sind zu groß für den Waller. „Leider”, seufzt Rauch. „Wenn er Kormorane fressen würde, hätte ich ihn sofort wieder frei gelassen”, sagt der leidgeprüfte Fischer.
Rätselhaft ist, wie der so genannte „Geisterfisch” – er jagt nur nachts – in den See kommt. Möglich, dass er ausgesetzt wurde, andere Theorien gehen davon aus, dass er aus dem Pilsensee herübergewandert oder aber aus den Ammerzuflüssen in den See gelangt ist.
Der erste Rauch-Waller ist bereits verspeist worden; auch den zweiten erwartet dieses Schicksal. Noch hat er eine Gnadenfrist. Aber nur, weil sich sein schleimiger Geruch noch verflüchtigen soll. Dafür wird er in einem Becken mit frischem Wasser gehalten.
Morgen holt ihn der Wirt vom Dießener Seehaus ab, dann kommt er auf die Speisekarte. Wer am Ufer des Sees dann Waller bestellt, bekommt einen echten Monsterfisch auf den Teller.
Sie fressen Frösche, Vögel und Zamperl
Raubfische wie Waller, Hecht und Zander schnappen gerne mal zu
Er frisst Würmer, Krebse, Schnecken, Muscheln und Insekten. Er frisst Frösche, Mäuse, Ratten und Wasservögel. Und manchmal fressen Waller auch schon mal badende Zamperl.
Legendär sind die Berichte vom Obinger Weiher (Kreis Traunstein), wo in den 80er Jahren ein ganz großer Waller sein Unwesen getrieben hat – und selbst kleine Hunde nicht verschmäht haben soll.
Auf „anglerboard.de“ finden sich Berichte von ähnlichen Vorfällen: „Im Kronensee bei Ostercappeln sollen schon drei Dackel von einem Wels vor den Augen der Besitzer von der Oberfläche geholt worden sein. Einer davon gehörte unserem Nachbarn, der Jäger und Angler ist. Ich halte es für möglich, dass Hunde so ein Happen nebenbei sein könnten.“ Wirklich? Nix gwieß woaß ma ned.
Tatsache ist, dass Hechte gelegentlich zubeißen – wie im August 2001: „Hecht beißt Josef (10) blutig“, titelte die AZ damals. Keine schlimme Verletzung, aber weh hat’s doch getan.
Auch der Zander kann grantig werden. Kommt ein Taucher seiner Brut zu nahe, schnappt er schon mal zu.
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