Stadtwerke München bauen Millionenprojekt: Was die neue Isar-Klappe alles kann

Die Sonne knallt unbarmherzig auf die Baustelle. 27 Grad hat es im Schatten, wenn es denn einen für die Arbeiter gäbe, die die Krone des zuletzt betonierten Pfeilerkopfs glatt streichen – der schweißtreibende Abschluss nach zwei Jahren Bauzeit an der erneuerten Wehranlage nahe der Großhesseloher Brücke.
Neue Klappentechnik für mehr Sicherheit
Zuletzt wurde die acht Tonnen schwere Klappe für das Wehrfeld 1 eingebaut, die die Wasserzufuhr aus den Bergen im Süden nach München bei Niedrig- und Hochwasser regulieren soll.
Die alten Tafeln, die je nach Lage angehoben oder gesenkt wurden, haben ausgedient. Die neue Klappe im Wehrfeld 2 wird pneumatisch, also mit luftbetriebenen Kissen, bewegt. "Das hat den Vorteil, dass keinerlei Schmiermittel oder Flüssigkeiten in die Isar gelangen können", erklärt Projektleiter Lukas Mas-Zehetbauer.

Herzstück für Münchens Wasserversorgung
Die alte Anlage stammt aus dem Jahr 1908 und war damit annähernd 120 Jahre in Betrieb. Über den Werkkanal wird die Wassermenge für die drei Münchner Laufwasserkraftwerke der Isar reguliert. Zudem erhalten mehrere Stadtbäche und das Heizkraftwerk Süd, mit seiner Strom-, Fernwärme- und Kälteerzeugung, über den Kanal das nötige Kühlwasser.

Die neue Wehranlage bei Großhesselohe soll vollautomatisch funktionieren und elektronisch gesteuert werden. "Im Bedarfsfall wäre aber auch Handbetrieb möglich", sagt Christian Hickisch, Technischer Leiter der Isarwerke und von Anfang an bei der Planung und dem Bau der Anlage mit dabei. Knapp 4000 Kubikmeter Beton wurden seit dem Start des Projekts im Mai 2023 verbaut, dazu rund 2000 Meter Kabel und Leitungen. Den Neubau des Wehrs lassen sich die Münchner Stadtwerke einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag kosten.
Hochwasser, Bodenprobleme und ein Brandanschlag
Nicht alles in den vergangenen zwei Jahren lief glatt auf der Baustelle: Dreimal funkte Hochwasser dazwischen. Im August 2023 wurde die Kiesaufschüttung zur Errichtung der Baugrube fortgeschwemmt. Ein Jahr später musste an Pfingsten die Baugrube komplett geflutet und im Anschluss vom Schlamm und Treibgut gereinigt werden. Im August 2024 gab’s noch ein Hochwasser mit abermaliger kontrollierter Flutung der Baugrube, da hatte man quasi schon Routine und die Baustelle konnte weitgehend schadlos gesichert werden.
Als herausfordernd erwies sich der Flinz, eine Bodenschicht aus Ton, Schluff und Sand, die in diesem Bereich des Untergrunds teilweise zu Sandstein verfestigt war und bei den vorangegangenen Bodenuntersuchungen in diesem Ausmaß nicht entdeckt wurde. Der Flinz machte aufwendige Bohrungen bis in die Tiefe von gut zehn Metern notwendig, um den Boden für das Rammen der Spundwände auszutauschen. Aneinandergereiht würden die Bohrlöcher bis in eine Tiefe von 2000 Meter reichen. Das alles hat Geld und auch Zeit gekostet.

Zudem gab es einen Brandanschlag. Im August 2023 zündeten unbekannte Brandstifter einen Raupenkran an. Der Sachschaden belief sich auf rund 500.000 Euro. Die Täter wurden bis heute nicht ermittelt.
Feintuning für die Steuerungstechnik
Die ersten Testläufe im Trockenbetrieb hat die neue Wehranlage bereits bestanden, es folgten weitere Tests dann auch unter realen Bedingungen mit Wasser. "Erst in der Praxis zeigt sich, ob alles wirklich so funktioniert, wie man sich das in der Theorie vorgestellt hat", sagt Christian Hickisch. "Vor allem die Programmierung der Steuerungstechnik, mit der später alles vollautomatisch funktionieren soll, ist sehr anspruchsvoll."
Geradezu simpel wirkt dagegen die hölzerne Fischtreppe, die am Wehr seitlich eingebaut wurde. Über sie sollen Forellen, Mühlkoppe, Huchen und was sonst noch so alles in der Isar unterwegs ist, problemlos Isar aufwärts nach Süden schwimmen können.

Mehr Sicherheit für Freizeitkapitäne
Die Freizeitkapitäne, die im Sommer in Schlauchbooten, mit Kanus oder Kajaks auf der Isar unterwegs sind, müssen sich auch umstellen. Weil es bei der alten Anlage schon mehrere Rettungseinsätze gab, wurde die Lenkung der Kanu- und Schlauchbootfahrer besonders berücksichtigt.
Bereits beim Einstieg in Baierbrunn wird das auf einer großen Schautafel erklärt. Mehrere Warnschilder zeigen vor der Wehranlage den Umstieg in den Wehrkanal an. Zusätzlich gibt es Bojen, eine Abweisschranke, noch mehr Schilder und einen Warnbalken.

"Die Schilder sollte man unbedingt beachten, andernfalls besteht Lebensgefahr", sagt Lukas Mas-Zehetbauer. Auch wenn die Isar gerade wenig Wasser führt: Schon die Kelten wussten, warum sie sie Isaria, "die Reißende" nannten.
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