Modell Genossenschaft: Gemeinsam geht's anders

Die „Wagnis e.G.“ zeigt, wie bezahlbares Wohnen in der Stadt und Mitbestimmung funktionieren. Für 130 neue Wohnungen können sich noch Bewerber melden  
von  Tina Angerer
Wagnis 1 am Rosa-Aschenbrenner-Bogen: Zur ersten Wohnanlage der Genossenschaft gehört auch das Café Rigoletto.
Wagnis 1 am Rosa-Aschenbrenner-Bogen: Zur ersten Wohnanlage der Genossenschaft gehört auch das Café Rigoletto. © az

Die „Wagnis e.G.“ zeigt, wie bezahlbares Wohnen in der Stadt und Mitbestimmung funktionieren. Für 130 neue Wohnungen können sich noch Bewerber melden.

München - Auf der Terrasse des Café Rigoletto sitzt eine alte Dame im Rollstuhl, daneben auf der Wiese toben Kinder. Das Café, der Spielplatz, die Grünflächen, all das gehört hier am Rosa-Aschenbrenner-Bogen allen gemeinsam. Die Anlage ist die erste, die die Genossenschaft Wagnis e.G. auf die Beine gestellt hat. Inzwischen hat die Genossenschaft rund 1000 Mitglieder.

In Zeiten, in denen Rentner aus ihren Wohnungen vertrieben werden und Familien sich keine Wohnung mehr leisten können, wird das Modell Genossenschaft für immer mehr Münchner interessant. Ja, die Grundstückspreise sind astronomisch, sagt auch Elisabeth Hollerbach, Geschäftsführerin der Genossenschaft Wagnis e.G. „Billige Wohnungen haben wir auch nicht. Aber wir sind dauerhaft günstiger als andere. Und wir wollen zeigen: Es geht auch anders, wenn man nicht auf die große Rendite schielt.“

„Wagnis“ steht für „Wohnen und Arbeiten in Gemeinschaft, nachbarschaftlich, innovativ und selbstbestimmt.“ In der Umsetzung heißt das: Es gibt Gemeinschaftsräume, große grüne Dachterrassen für alle, Nachbarschaftstreffs. Die Bewohner kümmern sich umeinander.

Ganz pragmatisch heißt das auch, dass Nebenkosten niedrig sind, weil die Bewohner selbst Schnee räumen oder Pflanzen pflegen – außerdem wird sehr energiebewusst gebaut. Die Grundstücke kauft die Genossenschaft zu marktüblichen Preisen, die Bewohner zahlen je nach Einkommen unterschiedlich viel Miete und Geld für Genossenschaftsanteile (siehe nächste Seite). Sie dürfen beim Bau mitbestimmen, haben lebenslang Wohnrecht – und die Mieten bleiben stabil.

Ab August wird „Wagnis 4“ gebaut, das nächste Projekt ist bereits in Planung: In der Domagkstraße, auf dem Gelände der ehemaligen Funkkaserne, will Wagnis bis Herbst 2015 rund 130 Wohnungen bauen.

Für „Wagnis Art“ werden noch Bewerber angenommen. „Wir suchen vor allem Familien mit Kindern“, sagt Hollerbach. Nahe der städtischen Künstlerateliers wird besonders nach Kreativen gesucht, es soll Kunstgewerbe und ein Künstler-Café geben.

Interessenten können sich über das Projekt an diesem Samstag um 15 Uhr informieren: Nachbarschaftsbörse Rosa-Aschenbrenner-Bogen 9, 80797 München. Anmeldung: 189 11 650.


Generell zahlt jedes Wagnis-Mitglied drei Posten:

  • 1000 Euro, um Mitglied zu werden.
  • Die Miete. Es gilt dabei lebenslanges Wohnrecht und das Versprechen, dass die Miete stabil bleibt.
  • Eine Eigenkapital-Einlage. Wer auszieht, bekommt sie zurück, unverzinst.

Dafür kann der Genosse die Gemeinschaftsräume und -flächen mitbenutzen. Miete und Einlage sind je nach Einkommen und Förderung unterschiedlich hoch. Es gibt dabei drei Säulen:

  • Mitglieder mit EOF-Wohnraum: Das sind Mieter, die wegen ihres geringen Einkommens das Recht auf geförderten Wohnraum haben. An die Genossenschaft zahlen sie 9,25 Euro pro Quadratmeter, sie bekommen aber einen öffentlichen Zuschuss. De facto zahlen sie je nach Einkommen zwischen 4,85 und 7,25 Euro pro Quadratmeter Kaltmiete. Bei einer 100 Quadratmeter-Wohnung sind das zwischen 485 und 725 Euro Kaltmiete, dazu maximal zwei Euro Nebenkosten, also 200 Euro. Die Pflichteinlage beträgt zwischen 310 und 700 Euro pro Quadratmeter. Macht bei Hundert Quadratmetern zwischen 31000 Euro und 70000 Euro.
  • München-Modell-Mieter: Zum Teil haben sie höhere Einkommen als die EOF-Mieter. Ihre Mieten liegen auch höher. In unserem Beispiel bei 8,50 pro Quadratmeter. Macht 850 Euro Kaltmiete, plus 200 Euro Nebenkosten. Die Einlage liegt in diesem Fall bei 800 Euro pro Quadratmeter, das macht 80000 Euro.
  • Mieter der frei finanzierten Wohnungen: Bei einigen Projekten liegt die Miete bei 11,10 Euro, beim neuesten Projekt, das ab August gebaut wird, wird sie 13,10 Euro pro Quadratmeter betragen. Macht bei 100 Quadratmetern 1310 Euro monatlich. Die Einlage dieser Mieter ist die höchste - zuletzt betrug sie 950 Euro pro Quadratmeter. Also 95000 Euro für 100 Quadratmeter.
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