Mit Tapeten Geld verdienen: Zwischen Brokat und Blümchen
München - Wer sich heute einrichtet, macht das meist vom heimischen PC aus. Mit flotten Klicks durch den Online-Katalog, das ist praktisch und zeitsparend. Kein Wunder, dass kleine Einrichtungshäuser zunehmend verschwinden. Und doch kann man sie noch finden, sogar recht zentral - findigen Frauen sei Dank.
Einstiger Hoflieferant bietet jetzt gesamtes Einrichtungssortiment
In der Theatinerpassage empfängt der einstige Hoflieferant Tapeten Fischer noch heute Kunden, mittlerweile in vierter Generation. Mit Tapeten allein (obwohl die wieder voll im Trend sind - von opulentem englischen Brokat bis zu Blümchen aus den Siebzigern) wäre das freilich nicht gegangen.
Vera Daniels, die das Geschäft von ihrem Vater übernahm, hat das Sortiment stark erweitert. Tapeten und Stoffe alleine boten keine ausreichende Geschäftsgrundlage mehr. Daher entschied sie, das gesamte Einrichtungssortiment anzubieten.

Bei Tapeten Fischer können sich Kunden komplett ausstatten lassen
Der kleine Laden in der Passage mutet ein wenig an wie aus einer anderen Zeit, mit Stoffmustern, die von der Decke hängen und einer edlen Ausstattung. Das Sortiment fällt heute jedoch sehr viel schlichter aus. Zwar bietet Tapeten Fischer noch immer traditionelle Gestaltungselemente wie Tapeten, Vorhänge und Wandbespannungen an, heute können sich die Kunden jedoch komplett ausstatten lassen.
Für die Möbel, Teppiche, Vorhänge, Leuchten und Accessoires arbeitet Tapeten Fischer mit Herstellern aus ganz Europa zusammen. Dieses Netzwerk hat Vera Daniels ausgebaut.

Nun übernehmen ihre beiden Töchter Madeleine und Louise Daniels das Geschäft. Und entwickeln es weiter. Louise Daniels ist schon seit 2016 fest im Unternehmen eingespannt. Die 28-Jährige hat ihre Mutter bereits zuvor während ihres BWL-Studiums häufig unterstützt, besonders im Bereich Marketing. Ihre drei Jahre ältere Schwester Madeleine hat vorerst als Innenarchitektin beim Architekturbüro Landau + Kindelbacher gearbeitet.
"Am Ende muss die Einrichtung zum Kunden passen"
2018 ist auch sie zum Familienunternehmen dazu gestoßen und wurde gleich aktiv: Sie baute einen eigenen Geschäftsbereich auf. Madeleine Daniels betreut Bauherren bei größeren Projekten, teilweise bereits während der Bauphase, und gestaltet Gesamtkonzepte für Wohnungen und Häuser.
"Wenn mich ein Kunde fragt, was gerade im Trend ist, dann mache ich nicht sofort Vorschläge, sondern erkundige mich erst einmal nach seinen Lebensgewohnheiten und was ihm gefällt", erläutert Louise Daniels ihre Arbeit.
Beratung sei die Kernkompetenz von Tapetenfischer Interiordesign, wie das Geschäft heute heißt. Sicherlich kann sich nicht jeder eine hochexquisite Einrichtung leisten, Ikea hat auch gerade für geringverdienende Menschen ansprechende Möbel möglich gemacht. Louise Daniels betont jedoch, dass sich das Angebot nicht nur an Menschen mit großem Geldbeutel richtet: "Wir können unseren Kunden auch günstigere Varianten vorschlagen. Der Sprung zu Ikea muss nicht groß sein."

Münchner Unternehmerinnen: "Wir haben als kleine Mädchen im Laden gespielt"
Im Laden wird die Laufkundschaft empfangen, für längere Beratungen und Gespräche mit Stammkunden gibt es eigens einen Showroom in der Theatinerstraße, der mehr Diskretion bietet. Dort kann man bei einem Cappuccino auf dem Sofa Platz nehmen und sich Muster zeigen lassen. In Form von einem "Moodboard". Das ist eine Sammlung von Katalogbildern, Farben und Stoffmustern, die ein Gefühl für den Einrichtungsstil vermittelt.
"Für mich war nicht sofort klar, dass ich einmal das Unternehmen führen werde", sagt Madeleine Daniels. "Unsere Mutter hat uns auch nie dazu gedrängt." Doch die Möglichkeit, sich selbst zu verwirklichen, sei einfach sehr verlockend gewesen.
Die Schwestern verstehen sich gut und sie haben durch ihre Mutter erfahren, dass es innerhalb eines Familienbetriebs möglich ist, erfolgreiche Unternehmerin und gleichzeitig Mutter zu sein. "Wir haben als kleine Mädchen im Laden gespielt, sind hier aufgewachsen. Außerdem haben unsere Großeltern auch mitgeholfen und auf uns aufgepasst", erinnert sich Louise Daniels.
Die Mama als Vorbild: Starke Frauen in der Familie
Ihre Mutter sei ein Vorbild für sie beide, sie sei eine Unternehmerin geworden, in einer Zeit, in der das nicht selbstverständlich war. "Auch unsere Großmutter war eine starke und fleißige Frau und hat ihr das vorgelebt", erklärt Madeleine Daniels. Starke Frauen haben in dieser Familie offenbar Tradition.
- Themen:
- München