Mit halbem Herz geboren: Münchner Ärzte retten Baby Faustus

Der acht Monate alte Bub kam mit einem halben Herzen auf die Welt. Mit einem einmaligen Eingriff wurde er gerettet.
Bernhard Lackner |
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Faustus auf dem Arm seiner Mutter Fanny Beeger (29).
Deutsches Herzzentrum Faustus auf dem Arm seiner Mutter Fanny Beeger (29).

München - "Wir hatten uns innerlich schon von Faustus verabschiedet", gesteht Fanny Beeger. Dass ihr kleiner Sohn nur acht Monate später wie jedes andere Baby die Welt erkundet, war im Oktober letzten Jahres alles andere als absehbar.

Es muss ein absoluter Albtraum gewesen sein, den die 29-Jährige durchlebt hat. Ihr kleiner Faustus kam nur mit einem halben Herz zur Welt, hatte mehrere andere, hochkomplexe Fehlbildungen an seinem nur walnussgroßen Organ. Eigentlich ein sicheres Todesurteil.

Für Fanny Beeger begann das Drama schon während der Schwangerschaft. "Im fünften Monat ging ich zur Routine-Untersuchung mit Ultraschall. Der Doktor meinte, er könne das Herz meines Ungeborenen nicht richtig erkennen und schickte mich zu einem Spezialisten", erzählt die Grundschullehrerin aus Dresden. Doch auch der konnte nicht helfen.

Am 27. Oktober kam Faustus zur Welt. Anfangs schaffte es sein kleines Herz noch, genügend Sauerstoff durch den Körper zu transportieren. Ein Zustand, der nicht lange anhalten sollte. Eine Operation war unausweichlich.

Klinikchef: "Wir haben etwas versucht, was noch nie jemand zuvor gewagt hatte"

Die Kinderherzchirurgen vor Ort lehnten die OP ob des großen Risikos jedoch ab, verwiesen Fanny Beeger und ihren Mann stattdessen an das Deutsche Herzzentrum in München.

Mit einem weltweit einmaligen, hochkomplexen Eingriff konnte das nur wenige Tage alte Leben des kleinen Faustus gerettet werden. "Wir haben einfach etwas versucht, was noch nie jemand zuvor gewagt hatte", schildert Klinikchef Prof. Peter Ewert (55). "Jetzt hat Faustus die Chance, trotz seiner Herzfehler einigermaßen normal aufzuwachsen. Wir glauben, dass er eine lebenswerte Zukunft vor sich hat."

Fanny Beeger kann ihr Glück kaum fassen: "Ich hätte nie zu hoffen gewagt, dass unser kleiner Junge mit seinem halben Herz noch so viel Glück haben kann."

Heute ist der kleine Faustus ein richtiger Sonnenschein. Kaum vorstellbar, was er in seinem kurzen Leben bereits durchmachen musste.


Hintergrund: So kompliziert war Faustus' Operation

"Bei Faustus lagen sieben Herzfehler gleichzeitig vor" schildert Mutter Fanny Beeger. "Er hatte nur einen Vorhof, eine funktionierende Kammer und eine komplette Fehlmündung der Lungenvenen. Außerdem waren die übrigen Blutgefäße völlig anders angeschlossen und falsch miteinander verbunden. So etwas hatten die Ärzte noch nie gesehen."

Tatsächlich war es war der komplizierteste angeborene Herzfehler, den die Kinderkardiologen des Deutschen Herzzentrums München jemals erlebt haben. Klinikchef Prof. Peter Ewert (55) schildert, wie die lebensrettende Operation ablief:

"Mit zwei hauchdünnen Herzkathetern von oben und unten und winzigen Drahtröhrchen ist es uns gelungen, das halbe Herz auch ohne offene OP an die wichtigen Blutgefäße anzuschließen, von denen es durch eine Laune der Natur getrennt war.

Das Herz von Faustus war gerade mal so klein wie eine Walnuss. Als nun beide Katheterspitzen wenige Millimeter voneinander entfernt lagen, bohrten wir mit einer elektrischen Hochfrequenzsonde über den unteren Katheter eine winzige Öffnung durch die Wand des kleinen Herzvorhofs. Durch dieses Loch wiederum schoben wir dann ein zusammengefaltetes Gitterröhrchen bis in eine Lungenvene und dehnten es mit einem kleinen Ballon auf. Damit hatten wir eine Art Tunnel hergestellt. 

Allerdings mussten wir noch darauf achten, dass bei dem Vorgehen keine Blutungen zwischen der Herzwand und der Lungenvene auftraten. Denn wenn sich Blut im Herzbeutel ansammelt, drückt es immer stärker auf den Herzmuskel, sodass er nicht mehr pumpen kann. Dies geschah auch kurzzeitig bei unserem Eingriff, aber wir konnten das meistern. Andernfalls hätte es unweigerlich zum Tod geführt. 

Aber wir haben alles geschafft. Nach drei Stunden war der Eingriff beendet und das sauerstoffreiche Blut konnte endlich direkt ins Herz fließen."

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