Mit falschen Abrechnungen 600 Patienten betrogen
47-jähriger Mediziner steht wegen Betrugesvor dem Münchner Landgericht – laut Anklage soll er mehr als 600 Patienten um über eine Million Euro betrogen haben
MÜNCHEN „Ich hatte keine böse Absicht. Ich würde es nie wieder so machen“, beteuert der promovierte Allgemeinmediziner Stephan A. (47) vor dem Münchner Landgericht.
7000 Seiten umfasst die Anklageschrift. Demnach soll er von 2002 bis 2007 über 600 Privatpatienten mit frisierten Rechnungen betrogen haben. Schaden: knapp 1,1 Millionen Euro.
Nach dem Abitur 1982 studierte er in München und Innsbruck Medizin. 1990 praktizierte er bereits. Vier Jahre später übernahm er eine Praxis in der Theatinerstraße. Sein Schwerpunkt: chronische Krankheiten, Krebs und Allergiepatienten.
Die Geschäfte liefen gut. 1994 und 1998 kaufte er vier Eigentumswohnungen im Wert von rund 400000 Euro. Zwei Wohnungen sind aber so genannte Schrott-Immobilien und lassen sich nicht vermieten. Ab Oktober 2002 rechnete der Arzt Beratungsgespräche und Medikamentenbehandlungen ab, obwohl er diese Leistungen nicht erbracht haben soll. Therapiemaßnahmen, die seine Angestellten durchgeführt hatten, habe er als eigene Leistung veranschlagt. Zudem berechnete er meist den gesetzlichen Höchstsatz. Auch die Laborkosten soll Stephan A. manipuliert haben. Er setzte den gesetzlichen Höchstsatz in der Rechnung an. Begründung: „Sehr umfangreiche und zeitintensive Leistung auf Grund der persönlichen Befundung durch Dr. v. A.“ Laut Ermittlern führte er aber keine einzige Befundung selbst durch.
Vom 20. November 2008 bis zum 27. Januar 2009 saß er in Haft: „Ich konnte nicht die Geburt unseres Kindes an Heiligabend miterleben“, so der Arzt, der seine Praxis verkauft hat: „Ich arbeite vormittags zwei Tage in der Woche bei einer Kollegin.“ Obwohl er mit seiner Ehefrau zusammen ist, wohnt er bei seinen Eltern und passt aufs Kind auf.
Finanziell wird Stephan A. von seiner Gattin und von seinem Vater unterstützt – der zahlt zum Erstaunen der Richter seinem Sohn monatlich 100 Euro in einen Fonds ein. Die Richter: „Damit sollten sie besser Ihre Schulden abzahlen.“ T. Huber
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