Misslungene Keratose-Behandlung: Restaurator klagt gegen Arzt

Ein 70-jähriger Restaurator kann nach der Behandlung seiner Kopfhaut plötzlich nicht sehen. Er verklagt den Arzt. So lief der Prozess in München.
John Schneider |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Restaurator Horst G. (70).
jot Restaurator Horst G. (70).

München - "Ich wollte mir den Skalp abziehen", berichtet Horst G. (70). In der Nacht nach einer Keratose-Behandlung hatte der Restaurator fürchterliche Schmerzen bekommen. Und es kam noch schlimmer: Als er am nächsten Morgen aufwachte, habe er nicht mehr richtig sehen können.

Das ist jetzt ziemlich genau fünf Jahre her. Grund für die Sehstörungen war wohl eine Behandlung der Keratose-Flecken auf der Kopfhaut, an Stirn und Schläfe mit einem giftigen Artzney. Dem Mann war in der Nacht nach der Behandlung mit Podopyllin das pflanzliche Gift ins Auge geraten. Die Folgen waren dramatisch.

Das Vergleichsangebot lehnt der Restaurator ab

Drei Monate habe der Instrumentenbauer, der auf die Restaurierung alter Instrumente spezialisiert und dabei auf millimetergenaue Präzision angewiesen ist, nicht arbeiten können. Umsatz-Verlust: 56.000 Euro. Dazu kommen die Kosten für die augenärztlichen Behandlungen sowie ein Schmerzensgeld von 15.000 Euro. Das alles soll ihm der Arzt bezahlen.

Doch der weigert sich. Sein Vergleichsangebot: 10.000 Euro. Doch das empfindet wiederum Horst G. als viel zu wenig. Dann lieber Hopp oder Topp, sprich: Eine Entscheidung des Landgerichts muss her. Und dies obwohl ihn der Vorsitzende Richter Thomas Stelzner warnt, dass dies ein gefährlicher Weg sein könnte.

Die Behandlung ist nicht verboten

Der Grund: Die Sachverständige erklärt, dass die Behandlung mit dem Pflanzengift zwar nicht mehr in den ärztlichen Leitlinien einer Keratose-Behandlung vorkommt – und sie selber aufgrund der im Vergleich eher schlechten Steuerbarkeit der Mixtur auch keine solche Behandlung vornehme. Aber eine solche Behandlung mit dem Gift sei keineswegs verboten.

Zumal der behandelnde Arzt dies nach Aktenlage wohl bereits seit vielen Jahren zur Zufriedenheit des Handwerkers so gemacht habe. Nach dem Motto "Never change a winning team" hatte der Arzt wenig Grund, seine Behandlungsmethode der aktinischen Keratose zu ändern.

Inzwischen kann Horst G. wieder an seinen alten Instrumenten arbeiten. "Aber ich brauche fünf verschiedene Brillen für unterschiedliche Entfernungen", berichtet der Restaurator im AZ-Gespräch. Und wenn das Landgericht gegen ihn entscheidet? Aufgeben? "Nein, ich mache auf jeden Fall weiter", erklärt der 70-Jährige nach der Verhandlung. In seinem Fall bedeutet das wohl den Gang zum Oberlandesgericht als Berufungsinstanz.


Das ist aktinische Keratose

Die aktinische Keratose ist eine durch langjährige Einwirkung von Sonnenlicht (UV-Strahlung) verursachte chronische Schädigung der verhornten Oberhaut. Die Krankheit geht typischerweise mit rötlichen, fest haftenden Schuppen auf der Haut einher. Die Hautschädigung schreitet nur langsam fort, kann aber in eine Form des Hautkrebses übergehen.

Sie tritt vor allem bei älteren Menschen an Stellen auf, die häufig dem Sonnenlicht ausgesetzt waren. Vornehmlich sind dies Gesicht, Handrücken, Stirn, Glatze, Nase, Ohr, aber auch Unterarme und Dekolleté.

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.