Mineralientage: Die Sensation um den Archaeopteryx
MÜNCHEN - Erstmals ist der Urvogel Archaeopteryx für die Öffentlichkeit an diesem Wochenende bei den Mineralientagen in München zu sehen - zusammen mit fünf weiteren Archaeopteryx-Originalen und einer versteinerten Feder.
Er ist nicht einmal so groß wie ein Huhn – doch der wiederentdeckte 8. Archaeopteryx gilt als Sensation. Möglicherweise repräsentiert das 150 Millionen Jahre alte Fossil sogar eine neue Art. Erstmals ist der Urvogel für die Öffentlichkeit an diesem Wochenende bei den Mineralientagen in München zu sehen - zusammen mit fünf weiteren Archaeopteryx-Originalen sowie einer versteinerten Feder. Es ist nach Angaben der Veranstaltern die größte Ausstellung dieser Urvögel, die je weltweit gezeigt wurde.
„Das ist etwas ganz Einmaliges“, schwärmt der stellvertretende Direktor der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie, Winfried Werner. „So etwas wird es in absehbarer Zeit nicht mehr geben.“ Denn weltweit existieren nur zehn Fossilien und die Feder. Ein Exemplar, die Nummer 3, ist noch immer verschwunden.
Der Archaeopteryx ist ein Bindeglied zwischen Sauriern und Vögeln. Und solche versteinerten Beweise der Evolutionstheorie sind teuer: Bis zu vier Millionen Euro, schätzt der Münchner Paläontologe Oliver Rauhut, sind die Urtiere in Stein wert.
Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen und in viele Lagen Schaumstoff verpackt wurden die Leihgaben am Montag nach München gebracht und sollten am Donnerstag unter Polizeischutz zum Ausstellungsort an der Messe geschafft werden. Dort sind auch andere Original-Saurier zu sehen, darunter ein Allosaurus, einer der größten fleischfressenden Saurier, und ein Stegosaurus mit den charakteristischen Schwanzstacheln.
Forscher aus aller Welt untersuchten vor der Ausstellung die Archaeopteryx-Fossilien, die teils aus den USA antransportiert worden waren. „Es ist eine große Begeisterung“, sagt Werner. „So viel hat man noch nie an einem Tag über den Archaeopteryx diskutiert.“ Die Exemplare wurden vermessen und verglichen – erstes Ergebnis: Die bisherige Zuordnung zu bestimmten Arten muss möglicherweise neu gefasst werden.
Ob es sich bei dem Exemplar Nummer 8 wie vermutet um eine neue Urvogel-Art handelt, müssen Untersuchungen klären. Dafür spricht, dass es aus einer einige hunderttausend Jahre jüngeren Schichten stammt als die übrigen. „Da kann sich in der Evolution einiges getan haben“, sagt Werner. Das neue Stück solle gemäß seines Fundorts südwestlich von Solnhofen Daiting-Exemplar heißen, schlug der neue Besitzer, der Geologe und Fossilienhändler Raimund Albersdörfer, vor.
Zwei Jahrzehnte lagerte das „Kronjuwel“ in einem kleinen Dorf in Bayern. Niemand ahnte etwas von dem Schatz, den der anonyme Sammler bei sich aufbewahrte. Ein einziges Mal wurde ein Abguss des Urvogels öffentlich gezeigt: 1996 bei einer Ausstellung in Bamberg. Museen und Wissenschaftler bemühten sich vergeblich, wenigstens den Abguss zu bekommen.
Bei den Vorbereitungen für die Mineralientage kam Albersdörfer dem vermissten Exemplar endlich auf die Spur. „Das ist extrem diskret gelaufen. Wenn Sie in Bayern in einem kleinen Dorf leben, ist es eine Sache der Klugheit, nicht jedem zu erzählen, dass Sie so ein Stück haben.“ Über einen Mittelsmann nahm er Kontakt auf. „Wir wollten das Exemplar ausleihen.“ Der Besitzer lehnte ab, war aber zum Verkauf bereit. „Wenn ein Sammler mal anfängt nachzudenken, was so ein Stück wert ist, ist das Eis oft gebrochen.“ Nun soll das Fossil per Computertomographie und Röntgenstrahlen untersucht werden.
Alle je gefundenen Archaeopteryx-Fossilien stammen aus Bayern, vor allem aus dem Gebiet um Solnhofen. Vor 150 Millionen Jahren war der Freistaat ein Inselarchipel. Die Tiere, die sich wahrscheinlich von Insekten ernährten und nur bedingt fliegen konnten, stürzten möglicherweise bei Stürmen ins Meer und versteinerten im feinen Kalkschlamm.
Die beiden vorerst letzten Urvögel wurden erst vor wenigen Jahren gefunden – und die Suche geht weiter. „Es ist eine moderne Form der Schatzsuche“, sagt Albersdörfer. Er wird sein Exemplar unentgeltlich als Dauerleihgabe der Bayerischen Staatssammlung zur Verfügung stellen. Als Haupterwerb grabe er 20 bis 30 Meter große Saurier aus und verkaufe sie an Museen, Scheichs oder Ölfirmen. „Da kann man schon mal einen kleinen Archaeopteryx kaufen.“
Sabine Dobel/dpa
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