Millionenschweres Meisterwerk: Alte Pinakothek München kauft Bild aus der Dürer-Zeit

Ein herausragendes Werk der Dürer-Zeit zählt fortan zu den Schätzen der Alten Pinakothek. Ein Werk von Hans Baldung konnte mit Hilfe von Stiftungen erworben werden.
von  Christa Sigg
Die Partnerschaft mit der Pesl-Stiftung hat den Neuerwerb möglich gemacht.
Die Partnerschaft mit der Pesl-Stiftung hat den Neuerwerb möglich gemacht. © Peter Kneffel/dpa

München - Seit Monaten war die Stimmung nicht mehr so entspannt, ja ausgelassen. Wenn solche Tafeln ins Haus schweben, kann man freilich nur jubeln – um angezogen von den Feinheiten dieser Himmelskönigin fast andächtig zu werden.

Vor zwei Jahren wurde Hans Baldung gen. Griens Andachtsbild für einen horrenden Millionenbetrag auf der Kunstmesse Tefaf in Maastricht angeboten. Jetzt ist es gelungen, das Gemälde mit viel Verhandlungsgeschick und Mitteln aus gleich drei Kassen für die Alte Pinakothek an Land zu ziehen.

Fünf Millionen Euro dank potenter neuer Partner

Fünf Millionen Euro sind zwar keine Peanuts, aber für ein solches Meisterwerk absolut angemessen. Und ganz wichtig: "Alles auf Grün!", also mit astreiner Provenienz. Kunstminister Markus Blume konnte sich diese Anmerkung während der Präsentation nicht verkneifen. Die Versäumnisse bei der Restitution von NS-Raubkunst hatten nicht nur die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen mächtig in die Kritik gebracht und für einen Führungswechsel in den Museen gesorgt.

Da ist also viel nachzuarbeiten, umso schöner, wenn die Sammlungen elegant und korrekt erweitert werden. Und bei einer solchen Gelegenheit auch die finanziellen Mittel locker gemacht werden: Die Pesl-Stiftung, potenter neuer Partner der Pinakotheken, von dem noch einiges zu erwarten ist, die Ernst von Siemens Kunststiftung – ohne sie geht bei Museumsankäufen, Ausstellungen und Katalogen in Deutschland ziemlich wenig – sowie der 1953 zur Unterstützung des Wiederaufbaus der Alten Pinakothek gegründet Pinakotheks-Verein haben sich zusammengetan, um die Maria aus den USA nach München zu holen.

Das Werk "Maria als Himmelskönigin" bereichert fortan die Alte Pinakothek. Auch Kunstminister Markus Blume war bei der Vorstellung anwesend.
Das Werk "Maria als Himmelskönigin" bereichert fortan die Alte Pinakothek. Auch Kunstminister Markus Blume war bei der Vorstellung anwesend. © Peter Kneffel/dpa

Dort war sie die letzten zehn Jahre, davor, von 1928 bis 1977 übrigens im Eigentum des jüdischen Sammlers Robert von Hirsch, der 1933 nach Basel emigrieren konnte – mit seinen Schätzen, unter denen die Baldung-Madonna einen besonderen Platz eingenommen hat.

Ungewöhnliche Komposition

Das überaus raffinierte, kleine Gemälde zeigt interessante Widersprüche. Die hat Baldung bei der Entstehung um 1516/18 zwar nicht erfunden, aber in dieser Kombination sind sie doch einzigartig. Das beginnt bei der Himmelskönigin, die so gar nicht majestätisch auftritt, sondern einfach ihr Kind stillt (das ist der Typus Maria lactans).

Ihr Nimbus funktioniert zwar als solcher, ist aber eine Himmelserscheinung. Der umwerfend feine Schleier umsäumt die Marienkrone – und dient zugleich als Wickeltuch fürs Kind.

So könnte man das lange weitertreiben, dieser bedeutendste Mitarbeiter Albrecht Dürers ist bekannt für außergewöhnliche bis bizarre Kompositionen. Himmlisches und Irdisches, auch Tugendhaftes und Teufelszeug hat er zusammengebracht. Seine nackten Hexen verrenken sich teilweise wie an den Pole-Dance-Stangen einer Rotlicht-Bar. Um die üblichen Sittlichkeitsvorstellungen hat sich der Sohn einer Gelehrtenfamilie aus Schwäbisch Gmünd nicht gekümmert.

Was ihn keineswegs daran hinderte, mädchenhaft keusche Madonnen zu malen. Die Skizzen zur Himmelskönigin demonstrieren, wie wichtig Baldung dieser Aspekt gewesen sein muss. All das wird man ab 5. Juni im Rahmen der Präsentation "Wie Bilder erzählen" im Saal XII studieren können.  

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