"Mieter Engel": Juristische Beratung per Whatsapp
München - Die Erstberatung beim Anwalt kann schon mal dreistellige Beträge kosten - wenn man einen Termin bekommt. Ein junges Unternehmen will dieses Prinzip umwerfen: mit Online-Beratung gegen Geld.
Die Betriebswirtin Elizabeth Katsch (25) ist Mitgründerin des Beratungsportals Mieter Engel.
AZ: Frau Katsch, Mietervereine gibt es doch in jeder Stadt und online gibt es Informationen zuhauf. Warum braucht es einen Online-Mieterverein?
ELIZABETH KATSCH: Wir denken, dass man den Mieterschutz-Markt schon noch ein bisschen revolutionieren kann. Die Kostenübersicht ist einfach und die Mieter bekommen superschnell, bald auch in Echtzeit, Beratung von unseren Anwälten.
In Echtzeit?
Es gibt so etwas wie Livechats bei uns: Man kann uns zum Beispiel eine Whatsapp-Nachricht schreiben oder anrufen, auch am Samstag. Und dann suchen wir einen passenden Anwalt und organisieren einen Beratungstermin am Telefon. In der Regel gibt es schon einen am Tag der Anmeldung, allerspätestens nach 48 Stunden.
Das wird ja schwieriger, je mehr sich bei Ihnen anmelden.
Ach, das geht! Bei uns sind schon einige tausend Menschen angemeldet, wir sind 14 Mitarbeiter, Anwälte haben wir aber viele in ganz Deutschland. Die arbeiten in der Regel schon in Kanzleien und machen das als zweites Standbein.
Wie suchen Sie sich die Anwälte aus?
Wir testen sie! Wir kriegen ständig neue Anfragen von Anwälten und nehmen aber auch nicht jeden, denn es ist wichtig, dass sie schon viel Erfahrung haben im Mietrecht. Das ist ja nichts, das man im Studium so allgemein lernt. Und sie müssen auf dem aktuellen Stand sein, was Urteile aus diesem Bereich angeht.
Sagt nicht auch mal ein Kunde: Jetzt hätte ich aber doch gern persönlichen Kontakt?
Das ist bisher nicht passiert. Die Unterlagen schickt man dem Rechtsbeistand schon beim ersten Kontakt, und dass plötzlich jemand das Bedürfnis hatte, sich auf einen Kaffee zu treffen, habe ich noch nicht gehört. Unsere Kunden schätzen es eher, dass sie eben gerade nicht innerhalb irgendwelcher Öffnungszeiten irgendwo hinrennen müssen.
Wie viele Ihrer Fälle haben mit der Mietpreisbremse zu tun?
Gar nicht so viele, wie man denken könnte. Es geht eher um klassische Themen: Mietverträge, Mieterrechte, zum Beispiel bei Schimmelbefall, Kautionsrückzahlungen, Mieterhöhungen, zu hohe Nebenkostennachzahlungen, fristlose Kündigungen. Oft ist das eigentliche Problem die Kommunikation zwischen Mieter und Vermieter. 95 Prozent der Fälle klären wir außergerichtlich. (Aktuelle Infos zur Mietpreisbremse)
In München geht's oft um Kündigungen wegen Eigenbedarf?
Wir haben hier sehr verschiedene Fälle. Letztens meldete sich eine Dame, die im vierten Stock wohnt und eine Gehhilfe braucht. Der Fahrstuhl war kaputt, der Vermieter kümmerte sich lange nicht. Unser Anwalt hat ein Schreiben geschickt - plötzlich ging es sehr schnell.
Da kontaktierte Sie der Enkel?
Nein, die hat sich selbst gemeldet, per Whatsapp! Das machen erstaunlich viele Ältere, auch wenn unsere Hauptzielgruppe 25- bis 45-Jährige sind.
Wie sind die Rückmeldungen aus der Branche, gibt's Neid?
Gar nicht. Wir haben bisher eher Ermunterung bekommen, das zu wagen. Eigentlich muss man sich auch wundern, dass es Mieterschutz bisher so digital nicht gab - alles andere ist ja inzwischen digitalisiert.
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