Mieten in München: Bezahlbar!

Miet-Debatte: Dass München zu teuer ist, davon kann laut Vermietern keine Rede sein – ihre eigenwillige Rechnung.
Lisa Marie Albrecht |
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Münchner Miet-Debatte im Literaturhaus (v. l.): Haus-und Grundbesitzervereins-Vorstand Rudolf Stürzer, Steuerberaterin Regine Funke-Lachotzki, Rechtsanwalt und Moderator Walter Hornauer, Stadträtin Beatrix Zurek, Patrick Schönleiter (Aigner Immobilien) und Helmut Thiele vom Gutachterausschuss München.
Daniel von Loeper Münchner Miet-Debatte im Literaturhaus (v. l.): Haus-und Grundbesitzervereins-Vorstand Rudolf Stürzer, Steuerberaterin Regine Funke-Lachotzki, Rechtsanwalt und Moderator Walter Hornauer, Stadträtin Beatrix Zurek, Patrick Schönleiter (Aigner Immobilien) und Helmut Thiele vom Gutachterausschuss München.

München – "Was ist bezahlbar?“, fragt Rudolf Stürzer, Chef des Haus-und Grundbesitzervereins München zu Beginn der Diskussionsrunde des Münchner Immobilien Fokus. „500 Euro Miete sind für einen Rentner mit 800 Euro im Monat nicht machbar, für einen Topverdiener jedoch kein Problem.“ Damit ist er bereits mitten im Thema des Abends, das seit vielen Jahren als Dauerbrenner gilt: „Wohnen in München – unbezahlbar?“

Wenn es nach Stürzer geht, lässt sich diese Frage ganz klar beantworten: „Von Unbezahlbarkeit kann keine Rede sein.“ Er argumentiert, dass die Mietbelastungsquote laut Erhebungen des statistischen Landesamtes keineswegs höher sei als in anderen deutschen Städten: Im Durchschnitt liege sie bei 22 Prozent. In Berlin seien es dagegen sogar 28 Prozent. Tatsächlich hätte nur die Gruppe derjenigen, die unter 1500 Euro im Monat verdienen, eine hohe Mietbelastungsquote von etwa 45 Prozent – das sind jedoch nur vier Prozent der Münchner Bevölkerung, also etwa 50 000 Haushalte. „Die Politik sollte die konkreten Zahlen benennen und nicht nur diese Gruppe für Statistiken heranziehen“, so seine Forderung.

Diese Statistik besage aber auch, dass München nur für Gutverdiener bezahlbar sei und für die Geringverdiener Wohnraum geschaffen werden müsse, der sich zwischen 6,50 und 8 Euro pro Quadratmeter bewegt, ergänzt Helmut Thiele, Vorsitzender des Gutachterausschusses. Diesen Wohnraum könnte man, auch angesichts der Wohnungsnot – seit 2000 hat München 250 000 neue Einwohner gewonnen – durch Neubau schaffen. Doch der lohne sich, so die Investorenseite, heute einfach nicht mehr – weil die Rendite fehlt.

Die Bodenpreise seien zu hoch, eine degressive Abschreibung von Seiten der Steuergesetzgebung nicht im Gespräch, kritisiert Steuerberaterin Regine Funke-Lachotzki der Kanzlei Convocat. Helmut Thiele rechnet vor, dass man für einen Quadratmeter Neubau etwa 2000 bis 2500 Euro pro Geschoss einplanen müsse, sowie Baukosten von mindestens 3000 Euro, was eine Gesamtinvestititon von 6000 Euro bedeute. „Wenn man das aus der Portokasse zahlen kann, mag es vielleicht noch gehen. Aber sobald man einen Kredit aufnehmen muss, wird’s schwierig. Bei den heutigen Baukosten kann man ein solches Projekt mit einer bezahlbaren Miete nicht mehr refinanzieren.“

Auch die Deckelung der Mieten von Seiten der Stadt ist aus Sicht der Investoren eher hinderlich. „ Die Mietpreisbremse ist kontraproduktiv“, sagt Rudolf Stürzer. Durch sie würden zum einen keine neuen Wohnungen geschaffen, zum anderen käme sie nicht nur denjenigen zugute, die sie wirklich brauchen, sondern auch denjenigen, denen es gleich ist, ob sie 6,50 Euro oder 20 bis 30 Euro pro Quadratmetter zahlen müssen. „Die Mieter werden zwar viele Millionen Euro weniger zahlen, doch durch den geringeren Verdienst der Vermieter gehen auch Steuereinnahmen verloren“, fügt Stürzer hinzu.

Für ihn habe es zudem keinen Sinn, bezahlbaren Wohnraum für einen verhältnismäßig geringen Prozentsatz der Einwohner durch sozialen Wohnungsbau zu schaffen. „Dort wimmelt es von Fehlbelegungen. Jemand, der einmal bedürftig war, hat vielleicht mittlerweile eine gute Stelle – und blockiert trotzdem die Wohnung.“ Für den Eigentümer bedeute es aber 30 bis 40 Jahre Bindung mit einer Miete von aktuell 5,50 Euro pro Quadratmeter. Eine Alternative sei für ihn die Subjektförderung.

SPD-Stadträtin Beatrix Zurek gibt da enschieden Contra – und zu bedenken, dass die Sozialwohnungen auch vor Ghettoisierung schützen; ein Phänomen, das in München nur sehr wenig vorhanden sei. Um den Wohnungsnotstand zu beheben, seien Nachverdichtung (vor allem außerhalb der Innenstadt) und Höhenaufstockung entscheidend.

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