Miet-Horror in München: Mit 75 fliegt sie aus ihrer Wohnung
München – Sie nehme die Wohnung nur, so hat Ina Feindt es der Maklerin damals gesagt, wenn sie auch wirklich langfristig bleiben könne. Kein Problem, das sei genau, was der Vermieter suche, bekam sie zur Antwort. Das war vor fünf Jahren. Im April 2018 flatterte bei Ina Feindt dann aber doch die Kündigung der Wohnung ins Haus – ohne Angabe von Gründen.
Die Kündigung ist eine Sonderkündigung, möglich durch den Paragrafen 573a BGB. Der besagt: Wenn Mieter und Vermieter in einem Zweifamilienhaus, oder Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung, unter einem Dach wohnen, also in einer Wohnung der Vermieter selbst, in der anderen ein Mieter, dann hat der Mieter einen geringeren Kündigungsschutz. Laut Deutschem Mieterbund bedeutet das, der Vermieter kann das Mietverhältnis quasi ohne Grund kündigen, auch Eigenbedarf muss nicht vorliegen. Das Sonderkündigungsrecht besteht auch, wenn in dem Gebäude zusätzlich Gewerberäume vorhanden sind.
Noch ein Bewohner? Mieterin ficht Sonderkündigung an
Ina Feindt will so leicht nicht aufgeben. Sie fühlt sich wohl in Harlaching, ist dem Viertel schon lange verbunden, ihre Freunde leben hier. Die 75-Jährige hat in diesen Tagen schon für Ostern dekoriert, die helle Wohnung in der Langobardenstraße sollte ihre Letzte werden. Daher ficht sie die Sonderkündigung an. Nach ihrer Schilderung gibt es eine weitere Wohnung im Haus, in der ein Mann mit Hund lebe – und die beim Sozialreferat als Büroräumlichkeit angemeldet ist.
Wenn Büroräume als Wohnung genutzt werden, ist das Zweckentfremdung. Und wenn es sich de facto doch um eine Wohnung handelt, dann ist der Paragraf hinfällig. Letzteres ist aus Sicht von Ina Feindt eindeutig der Fall. Das Sozialreferat allerdings stellt nach einer Begehung keine Zweckentfremdung fest. Ina Feindt ist sich dennoch sicher – der Mann und sein Hund leben hier. Inzwischen sei er sogar in den Keller übersiedelt. "Ich höre doch das Wasser und die Toilettenspülung zu allen Tages- und Nachtzeiten, sein Auto steht jede Nacht neben meinem", erzählt sie.
Amtsgericht fällte Entscheidung ohne Zeugenanhörung
Der Fall wanderte vor das Amtsgericht, nach einem Wechsel des zuständigen Richters fällt im Februar das Urteil zuungunsten von Ina Feindt. Ohne, dass ihre beiden geladenen Zeugen angehört wurden. "So geht das nicht, ohne Zeugenanhörung eine Entscheidung zu treffen", sagt Lisa Matuschek. Die auf Mietrecht spezialisierte Anwältin vertritt Ina Feindt und bestätigt die Berufung – einen Termin dafür gebe es aber nicht.

Bisher kann Ina Feindt noch in ihrer Wohnung bleiben, doch im Haus wird es immer ungemütlicher für sie. Der Vermieter erhöht die Miete für Garage und Kellerabteil, verlangt Zuschläge, die der Mieterverein als unzulässig zurückweist. 4.320 Euro Kosten für den Hauswart soll Ina Feindt zahlen. "Der Hauswart ist er doch selbst. Und obendrein wird das Haus nicht gereinigt", sagt sie empört. Ein Vorwurf, der zumindest durch den Geruch im Treppenhaus getragen wird. Am Hauseingang nimmt eine Videokamera auf, wann sie kommt und geht – deswegen hat sie bereits Anzeige bei der Polizei erstattet.
Nicht gerne gesehen - wie wohl kann man sich da noch fühlen?
Genehmigt ist das Gebäude als Einfamilienhaus mit Büro und zwei Läden. Die Lokalbaukommission (LBK) führt derzeit ein Anhörungsverfahren durch, durch das die tatsächlichen Nutzungen im Gebäude geklärt werden sollen. Ingo Trömer, Sprecher des Planungsreferates, teilt mit: "Wenn ein Antrag eingereicht wird, ist eine Umnutzung der Büroräume in eine Wohnung aller Voraussicht nach möglich."
Ina Feindt muss den Termin für die Berufung abwarten. Inzwischen fordert ihr Vermieter eine Nutzungsentschädigung, weil sie trotz Kündigung noch in der Wohnung ist. Es bleibt die Frage, wie lange Ina Feindt sich in ihrem Zuhause noch wohlfühlen kann.
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