Merk: Metalldetektoren für alle Gerichtsgebäude
Nach den Todesschüssen von Dachau sollen alle Gerichte in Bayern Metalldetektoren wie am Flughafen bekommen. Das hat die Justizministerin angeordnet. Die Polizei sucht unterdessen noch immer nach einem wichtigen Zeugen.
Dachau/München – Alle Gerichtsgebäude in Bayern sollen nach den tödlichen Schüssen in Dachau zügig mit mobilen Metalldetektoren wie auf Flughäfen ausgestattet werden. Das teilte Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) am Sonntag in München mit. Bei Neubauten und Sanierungen von Justizgebäuden würden die Detektoren, durch die Gerichtsbesucher hindurchlaufen müssen, künftig fest eingebaut. Außerdem sollten dann auch Drehkreuze oder elektronische Türschließer installiert werden.
Zudem sollten die Kontrollen verstärkt werden. „Dies ist ein wesentliches Ergebnis der intensiven Gespräche mit den Präsidenten der Oberlandesgerichte, den Generalstaatsanwälten und Personal- und Berufsverbandsvertretern, die ich unmittelbar nach dem furchtbaren Vorfall in Dachau begonnen habe“, sagte Merk nach Ministeriumsangaben. Am Mittwoch hatte am Amtsgericht Dachau ein Mann einen 31 Jahre alten Staatsanwalt erschossen.
Bereits jetzt hätten alle bayerischen Gerichte Handdetektoren. Metalldetektorrahmen, die eine zügigere Kontrolle ermöglichen, gebe es bislang nicht flächendeckend. Einige große Landgerichte – in München, Nürnberg, Würzburg und Augsburg – haben bereits umfassende Kontrollen mit festen Detektoren. „An etwa 70 Prozent der Gerichtsgebäude gibt es bisher mobile Detektorrahmen“, sagte ein Ministeriumssprecher der dpa. Nun sollten alle Gerichte welche bekommen. Wie oft die Behörden sie einsetzen – ob immer, nur stichprobenartig oder bei besonders kritischen Prozessen – bleibe den Gerichten selbst überlassen.
Die Menschen müssten mit ihren Jacken und Taschen durch die Rahmen laufen und ihre Taschen würden dann gegebenenfalls durchsucht, sagte der Sprecher. Von ganz entscheidender Bedeutung sei, dass dafür genug qualifiziertes Personal vorhanden sei, „um die Geräte auch zielgerichtet und häufig zum Einsatz zu bringen“, sagte Merk. Sie erinnerte an ihre Forderung, der Justiz deutlich mehr Wachtmeisterstellen zur Verfügung zu stellen.
Unterdessen hat die kriminaltechnische Untersuchung bestätigt, dass der Todesschütze von Dachau neben dem jungen Staatsanwalt auch den Richter töten wollte. Dies sagte Kriminaloberrat Manfred Frei der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstag). Der 54 Jahre alte frühere Transportunternehmer hatte während einer Urteilsbegründung gegen ihn eine Pistole gezogen und auf den Richter und den Staatsanwalt geschossen. Gegen ihn wird wegen Mordes sowie versuchten Mordes ermittelt.
Auf wen der Mann zuerst gezielt hat, blieb weiter unklar. „Der genaue zeitliche Ablauf in dieser Gemengelage ist uns noch nicht bekannt“, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch der Nachrichtenagentur dpa. Nach Angaben von Kriminaloberrat Frei ermitteln die Beamten jetzt auch, ob der 54-Jährige außerdem die beiden Zollbeamten töten wollte, die in dem Prozess gegen ihn aussagten und ihn nach den Schüssen überwältigten.
Der Präsident des Amtsgerichts Dachau, Klaus-Jürgen Sonnabend, sagte der Zeitung, er sehe keine Möglichkeit, wie Taten wie der Mord an dem Staatsanwalt verhindert werden könnten. Sicherheitskontrollen, die eine solche Gewalttat komplett ausschlössen oder Waffen im Gerichtssaal verhinderten, seien an einem kleinen Amtsgericht wie Dachau nicht möglich. Zudem fehle es der Justiz an Personal: „Eine strikte Kontrolle – wie am Flughafen – würde erfordern, dass wir drei Frauen und sechs Männer bräuchten, um das Ganze bestreiten zu können. Das ist nicht drin.“ Im ganzen Land seien 600 Wachtmeister nötig, um ein „perfektes Sicherheitssystem“ zu schaffen. „Das ginge auf Kosten anderer Bereiche.“ Eine derartige absolute Sicherheit sei nur in drei von 100 Gerichtsgebäuden in Bayern gewährleistet.
Den Vorschlag des Landeschefs der Deutschen Polizeigewerkschaft, Hermann Benker, eine Abgabepflicht für Mäntel, Jacken und Taschen einzuführen, bezeichnete Sonnabend als Augenwischerei. „Wer so extrem exzessiv vorgehen will, der hat die Waffe eh nicht in der Garderobe, sondern ganz woanders stecken.“ Der 54-Jährige sei zwar vor der Tat laut und auffällig gewesen. Diese Aggressivität habe sich aber „im rein verbal-sachlichen Bereich“ bewegt, sagte Sonnabend.
Die Ermittler suchen derweil weiter nach einem Zeugen, der kurz vor der Tat in einem Café neben dem 54-Jährigen und seiner Anwältin gesessen hat. Er dürfte wesentliche Teile der Hasstiraden mitbekommen haben, die der spätere Schütze schon dort von sich gab. Bislang habe sich noch niemand bei den Ermittlern gemeldet, sagte am Sonntag ein Sprecher der Polizei in Ingolstadt.
Der ledige 54-Jährige war unter anderem wegen nicht bezahlter Sozialversicherungsbeiträge zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden. Seit Donnerstag sitzt er in Untersuchungshaft. Bislang schwieg er zu der Tat.
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