Meisterwerke aus dem Kofferraum: Ermittler sprengen internationalen Fälscherring

Eine Bande aus elf Personen steht im Verdacht, gefälschte Rembrandt-Werke verkauft zu haben. Die Polizei ermittelt in einem der größten Kunstfälscher-Fälle der Nachkriegsgeschichte.
Hüseyin Ince
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Kunstfahnder Patrick Haggenmüller neben drei der mutmaßlich gefälschten und sichergestellten Werke, v.l.: Bildnis eines Mannes, Dora Maar (beides von Pablo Picasso) sowie "Maria mit Kind“ von Anthonis van Dyck. Zwischen 1,5 und 5,39 Millionen Euro sollten sie kosten.
Kunstfahnder Patrick Haggenmüller neben drei der mutmaßlich gefälschten und sichergestellten Werke, v.l.: Bildnis eines Mannes, Dora Maar (beides von Pablo Picasso) sowie "Maria mit Kind“ von Anthonis van Dyck. Zwischen 1,5 und 5,39 Millionen Euro sollten sie kosten. © Hüseyin Ince

Picasso, Rubens, Rembrandt, Miro, Modigliani: Derzeit ermittelt die Polizei in einem der wohl größten Kunstfälscher-Fälle der Nachkriegsgeschichte. Eine Bande aus elf Personen wollte 20 Kunstwerke verkaufen, die zu einem großen Teil – vielleicht alle – gefälscht sind. Noch wird ermittelt. "Mindestens ein Drittel der Werke ist gefälscht“, sagt der bayerische Kriminalhauptkommissar der Kunstfahndung Patrick Haggenmüller.

Ein Foto des angebotenen Rembrandts "De Staalmeesters", auf Deutsch: "Vorsteher der Tuchmacherzunft". 120 Millionen Schweizer Franken sollte das Gemälde kosten.
Ein Foto des angebotenen Rembrandts "De Staalmeesters", auf Deutsch: "Vorsteher der Tuchmacherzunft". 120 Millionen Schweizer Franken sollte das Gemälde kosten. © Hüseyin Ince

Auch eine Schweizer Seniorin ist im Fokus der Ermittler

Bei einem Pressetermin am Freitagvormittag im Landeskriminalamt an der Barbarastraße stellten die Ermittler einige der sichergestellten Werke aus. Auch eine Vase von Picasso ist darunter. Doch den teuersten Betrugsgegenstand konnten die Beamten nur auf den großen Bildschirm des Landeskriminalamts projizieren: Es ist ein fast zwei auf drei Meter großes Rembrandt-Werk mit dem Titel "De Staalmeesters“ (deutsch: "Vorsteher der Tuchmacherzunft“). Das riesige Gemälde ist selbstverständlich weltberühmt und hängt derzeit eigentlich im Amsterdamer Rijksmuseum.

Das angebotene kopierte Gemälde des Staalmeesters – es stammt wohl aus dem 20. Jahrhundert und nicht wie das Original aus dem Jahr 1662 – lagert derzeit in der Schweiz, "weil es einem dortigen Unternehmen angeboten wurde“, sagt Haggenmüller. Und einfach zu transportieren sei so ein Gemälde dieser Größe auch nicht.

Diese Rembrandt-Kopie ist im Eigentum einer 84-jährigen Schweizerin und wurde beschlagnahmt. Gegen die Frau wird nun dreifach ermittelt: Die Staatsanwaltschaft Amberg, das Bayerische Landeskriminalamt sowie Schweizer Behörden erforschen die Hintergründe.

Die Betrüger behaupteten: "Im Museum steht eine jüngere Kopie, wir bieten Ihnen den Original-Rembrandt an"

120 Millionen Schweizer Franken wollten die Betrüger für die Kopie erbeuten. Das sind derzeit beinahe 130 Millionen Euro. Und sie hatten sich eine Geschichte zurechtgelegt: Die Bande erzählte den Kaufinteressenten, dass das Werk im Amsterdamer Museum das jüngere sei, und das angebotene das echte Originalkunstwerk von Rembrandt.

Weitere Gemälde, die sichergestellt wurden, v.l.: Marie Therese Walter, Francoise Gilot (beide von Picasso) sowie der "Heilige Sebastian" von Rubens und der "Ratsherr" von Rembrandt.
Weitere Gemälde, die sichergestellt wurden, v.l.: Marie Therese Walter, Francoise Gilot (beide von Picasso) sowie der "Heilige Sebastian" von Rubens und der "Ratsherr" von Rembrandt. © Hüseyin Ince

Aufgeflogen sind die Betrüger durch einen Informanten im März 2025. Der Mann hatte sich wohl für zwei der Werke interessiert, die die Bande per Mundpropaganda anbot, nämlich für "Dora Maar“ und für Francoise Gilot von Pablo Picasso. In den Gemälden hatte er zwei seiner ehemaligen Partnerinnen porträtiert.

Doch die Geschichte kam dem Mann ziemlich seltsam vor, auch deshalb, weil die angeblich wertvollen Werke ziemlich ungeschützt aus dem "Kofferraum heraus angeboten worden sind“, sagt Haggenmüller. Es sei eigentlich üblich, millionenschwere Gemälde unter größter Vorsicht und mit großen Schutzmaßnahmen zu transportieren. Die Betrüger wollten Anfang des Jahres etwa drei Millionen Euro für beide offenbar gefälschten Kunstwerke.

"Möglich, dass einige Werke echt sind"

Im Zentrum der bislang elfköpfigen Betrügerbande steht ein 77-Jähriger aus Schwandorf in der Oberpfalz. Die Gruppe steht unter Verdacht, gewerbs- und bandenmäßigen Betrug mit Kunstfälschungen organisiert zu haben. Bei einer Großrazzia am 15. Oktober konnten die Beamten die Verdächtigen festnehmen.

Die Durchsuchungen Mitte Oktober fanden in mehreren deutschen Städten frühmorgens gleichzeitig statt: Schwandorf, Erlangen, Wissen, Dresden, München, Bad Harzburg, Stuttgart, Berlin sowie im Schweizer Basel, St. Gallen und Graubünden. Auch im Fürstentum Liechtenstein fanden Razzien statt.

Ermittelt wird auch gegen einen 74-Jährigen aus dem Bundesland Rheinland-Pfalz. Er stellte für alle Kunstwerke Expertengutachten aus. Sie sollten bestätigen, dass die Gemälde und Vasen original sind. "Es ist möglich, dass ein paar Werke original sind“, sagte Kunstfahnder Haggenmüller. Das müsse man aber derzeit noch abwarten.

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