Mehr Anfeindungen gegen Queere in München – Beratungsstelle spricht von "prekärer Lage"

Die Anfeindungen gegen queere und Trans-Personen in München nehmen zu. Das betrifft uns alle, stellen drei Vertreter klar.
Sophia Willibald
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Leonie L. und Annina E. von der Initiative „Strong!“ (v. l.) mit Kai Kundrath, Geschäftsführer des Sub, einem queeren Zentrum in München.
Leonie L. und Annina E. von der Initiative „Strong!“ (v. l.) mit Kai Kundrath, Geschäftsführer des Sub, einem queeren Zentrum in München. © Daniel von Loeper

München - Silberne Discokugeln und schwarze Scheinwerfer an der Decke, bunte, handgezeichnete Bilder an den Wänden – wo nachts sonst die Party tobt, ging es am Dienstagvormittag um ein ernstes Thema. Das Sub in der Müllerstraße 14 ist ein Treffpunkt für – unter anderem – schwule, bisexuelle und Transpersonen, zusammengefasst: ein Ort von und für die queere Gemeinschaft Münchens.

Beratungsstelle "Strong!" verzeichnet einen rapiden Anstieg an Anfeindungen gegen queere Münchner

Hier sprachen zwei Vertreterinnen von "Strong!", einer Fachstelle zur Unterstützung queerer Personen. Sie leisten Aufklärungs- und Sensibilisierungsarbeit, bieten ein Beratungstelefon an und sind Schnittstelle zwischen Betroffenen und der Justiz. Aus ihren Aufzeichnungen wissen sie: Die Zahl der Belästigungen und Gewalt gegenüber queeren Personen hat zugenommen.

Der Geschäftsführer des Sub, Kai Kundrath, ergriff zu Beginn das Wort: "Es ist wichtig, dass wir diese Zahlen erfassen, damit die Fälle sichtbar werden." Seit dem Jahr 2022 sind die Meldungen an die Fachstelle um 82 Prozent gestiegen: auf 289 im Jahr 2024, davon 121 allein in München.

Zwar sei die Statistik nicht repräsentativ, doch die Fachstelle "Strong!" geht bei dem Anstieg nicht nur von einer höheren Meldemotivation aus – sondern auch davon, dass die Übergriffe tatsächlich zunehmen. Dazu zählen etwa Beleidigungen, Bedrohungen, Erniedrigungen, aber auch Körperverletzung und sexualisierte Gewalt.

Vor einigen Monaten wurde auch das Sub in München Opfer eines transfeindlichen Angriffs

Leonie L. von "Strong!" meinte dazu: "Das Spektrum reicht von einem einzelnen Schlag bis hin zu so schweren Verletzungen, dass die Betroffenen ins Krankenhaus müssen." Weiter sagte sie: "Das Thema hat sich nicht erledigt, die Lage ist prekär." Vor einigen Monaten wurde auch das Sub in München Opfer eines transfeindlichen Angriffs. Im August 2024 sprühten Unbekannte einen Mordaufruf an die Tür des Zentrums.

Leonie L. erinnerte sich am Dienstag an die Zeit nach dem Angriff zurück: "Es kamen immer wieder Menschen auf uns zu und fragten: 'Bin ich denn jetzt noch sicher? Ich habe Angst'." Dabei handelt es sich um einen bekannten Fall. Doch Annina E. von "Strong!" weiß: "Der Großteil der Vorfälle wird nicht angezeigt oder gemeldet." Auch die Polizei und andere Beratungsstellen gehen davon aus, dass viele Angriffe auf queere Menschen nicht erfasst sind. Das hat folgenden Grund, meinte Annina E.: "Betroffene schätzen ihre Erfolgschancen im Vergleich zum Aufwand einer Anzeige gering ein. Denn die Täter bleiben leider oft unbekannt."

Betroffene würden wegen der Häufigkeit der Beleidigungen abstumpfen

Leoni L. fügte hinzu: "Und viele stumpfen bei der Häufigkeit der Vorfälle ab." Sie zitierte einen Betroffenen: "Wenn ich jedes Mal zur Polizei gehen würde, wenn ich beleidigt werde, würde ich da gar nicht mehr wegkommen." Mit ihrer Initiative wollen sie dem entgegenwirken. Sie beraten Betroffene, die sich an sie wenden, und ermutigen sie, Anzeige zu erstatten.

Das Thema Queerfeindlichkeit betrifft aber nicht nur queere Menschen, wie Leonie L. am Dienstag im Sub klarstellte: "Auf uns kommen auch immer wieder Personen zu, die gar nicht queer sind, aber dafür gehalten werden und deshalb Anfeindungen erleben. Es kann also jeden treffen." Umso wichtiger sei es, sich zu solidarisieren, sagte Sub-Geschäftsführer Kai Kundrath.

IDAHOBIT steht an – Münchner sollen sich solidarisieren

Er verwies in dem Zuge auf den sogenannten "IDAHOBIT", den Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Trans-Feindlichkeit. Er findet am Samstag, den 17. Mai weltweit statt. Auch die Münchner sind dazu aufgerufen, für gleiche Rechte, Akzeptanz und eine offene Gesellschaft auf die Straße zu gehen. Um 15 Uhr beginnt die Veranstaltung mit Kundgebungen am Sendlinger-Tor-Platz. Gegen 15.45 Uhr startet von dort aus ein Demozug durch die Innenstadt. Abschließend sagte Kai Kundrath: "Die Gesellschaft braucht ein Verständnis. Das ist ein Appell an jede einzelne Person, sich zu hinterfragen und offen zu sein."

Mehr Informationen zum IDAHOBIT gibt es hier

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