Manchmal ist die Pleite ein Neuanfang
Zahlungsunfähig, pleite, am Ende. So denkt man, wenn Unternehmen Insolvenz anmelden. Dabei kann es auch ganz anders ablaufen - wie lesen Sie hier
München/Selb - Nicht immer gehen die Lichter aus oder bleiben nur Bruchstücke zurück. Das Münchner Modehaus Escada und der Selber Porzellanhersteller Rosenthal sind solche Fälle. Beide Traditionsbetriebe hatten 2009 den Gang zum Insolvenzgericht antreten müssen. Doch statt des Endes kam ein Neuanfang. Heute geht es den beiden Unternehmen wieder gut.
Escada geht für das abgelaufene Jahr von einem etwa ausgeglichenen Ergebnis aus. Und auch Gewinne sind in Reichweite. Vor zweieinhalb Jahren hatte das noch ganz anders ausgesehen. Damals hatte das Modehaus, das ehemals Hollywood-Größen wie Kim Basinger oder Demi Moore einkleidete, tiefrote Zahlen geschrieben. 92 Millionen Euro betrug der Verlust alleine im ersten Geschäftshalbjahr 2009. „Letztlich war das Problem, dass man damals lange Zeit den Modegeschmack nicht gut genug getroffen hatte“, sagt ein Unternehmenssprecher heute.
Die dringend nötige Umstrukturierung war zwar schon am Laufen - 2008 hatte das Unternehmen mit dem ehemaligen Hugo-Boss-Chef Bruno Sälzer einen neuen Vorstandsvorsitzenden bekommen, der frischen Wind in die Mode brachte. Doch dann kamen dem Unternehmen die Wirtschaftskrise und seine Schulden dazwischen. Weil die Gläubiger einer 200 Millionen Euro schwere Anleihe einen Schuldenschnitt ablehnte, musste Escada am 13. August 2009 Insolvenz anmelden.
Danach wurde es kritisch. „Insolvenz und Luxusmode verträgt sich nicht“, sagt der Sprecher. Damals habe die Gefahr bestanden, dass alles zusammenbricht, weil Kunden oder Lieferanten das Weite suchen oder die Mitarbeiter abwandern. Dass es nicht passierte, habe neben dem Insolvenzverwalter sicher auch an Sälzer gelegen, sagt der Sprecher. „Er hat eben ein entsprechendes Standing in der Branche und man vertraut ihm.“
Für Escada wurde die Insolvenz so zum Befreiungsschlag. Man entledigte sich seiner Schulden und erhielt mit der Inderin Megha Mittal eine schwerreiche neue Eigentümerin, die investierte. Auch die Mitarbeiter kamen verhältnismäßig glimpflich davon. Um wenigerals zehn Prozent sank ihre Zahl während der Restrukturierung. Inzwischen steigt sie nach Unternehmensangaben aber wieder.
Bei Rosenthal musste die Belegschaft damals stärker bluten. 300 von 1.300 Arbeitsplätzen baute Insolvenzverwalter Volker Böhm ab, viele davon in der Verwaltung. Das sei schmerzhaft, aber notwendig gewesen, erinnert er sich heute. „Wenn sie mit Millionenverlusten pro Monat ins Insolvenzverfahren starten, dann müssen sie schnell die Kosten senken, um die restlichen rund 1.000 Arbeitsplätze zu retten.“ Daneben entledigte sich das Unternehmen in der Insolvenz auch finanzieller Lasten in zweistelliger Millionenhöhe.
Dass Rosenthal mit seiner Produktion in Franken blieb, sieht Böhm als Erfolg. „Dass wir so ein Traditionsunternehmen in Deutschland halten konnten, ist für mich sehr erfreulich“, sagt er. Gerade am Anfang sei zu befürchten gewesen, dass ein ausländischer Investor nur die Marke kaufe und die Standorte schließe.
Inzwischen geht es auch Rosenthal besser. Die Zahl der Mitarbeiter ist seit der Insolvenz konstant, 2011 machte man „leichten Gewinn“, wie eine Sprecherin des Unternehmens sagt. Der Umsatz ist mit 85 Millionen Euro zwar nur noch gut halb so hoch wie vor der Insolvenz, damals hatte das Unternehmen aber noch 23 Millionen Euro Verlust eingefahren. Ramschaktionen wie früher, die dem Markenimage schadeten, gebe es heute einfach nicht mehr.
Letztlich habe man mit dem italienischen Konzern Sambonet einfach die richtigen Eigentümer bekommen, sagt die Rosenthal-Sprecherin. Ein Satz, der auch für Escada gelten kann.
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