MAN baut 2000 Stellen in München ab: Gewerkschaft will sich wehren
Ärger schwingt in der Stimme von Bayerns IG-Metall-Bezirksleiter Horst Ott mit, als er auf einer Pressekonferenz am Donnerstag von der Zukunft von MAN spricht. Die soll statt in München in Krakau liegen. Das heißt: Stellenabbau in Bayern, Stellenaufbau in Polen. Von den derzeit rund 7000 Arbeitsplätzen in München sollen langfristig bis zu 2000 entfallen.
"Ich kenne Leute, die haben sich den MAN-Löwen auf den Arm tätowiert", erzählt Ott. Ein Zeichen für die Verbundenheit der Angestellten mit der Firma. Doch die sieht der Gewerkschafter bei der Führung "in keinster Weise". Er wettert: "Es wird gerade viel Schindluder mit dem Engagement der Menschen betrieben."
Nur Montage von MAN soll in München bleiben
MAN plant, Karosseriebau, Lackierung und Fahrerhausausstattung komplett nach Polen zu verlagern. In München bleibt nur die Montage. Das Unternehmen begründet das auf Nachfrage der AZ mit den hohen Strom- und Arbeitskosten sowie dem steigenden Druck durch die Konkurrenz, etwa aus China. "Zudem hält die Nachfrageschwäche in Truck-Kernmärkten weit länger an als erwartet", teilt ein Sprecher mit. Das wirke sich auch auf die Rendite aus, allerdings müsse die Firma anhaltend Gewinne erwirtschaften, um ihr Produktportfolio auszuweiten. Auch MAN muss sich Richtung E-Mobilität ausrichten. Das Unternehmen benötigt dafür eigenen Angaben zufolge mehrere Milliarden Euro.
Die Umsatzrendite war in den Geschäftsjahren 2023 und 2024 jedoch durchaus stabil: Sie lag bei 7,3 beziehungsweise 7,2 Prozent. Der operative Gewinn: jeweils rund eine Milliarde Euro. Sibylle Wankel, Erste Bevollmächtigte der IG Metall München, ist deshalb der Meinung: "MAN ist nachhaltig gut aufgestellt."
Das Argument der Energiekosten irritiert sie. Wankel sagt der AZ: "Die Stromkosten haben in unseren Modell- und Standortvergleichen nie eine Rolle gespielt." Zudem sei der Industriestrompreis auf dem Weg – eine staatliche Subvention, um bei den Energiekosten wettbewerbsfähig zu bleiben.

Die Personalkosten seien hingegen tatsächlich in Polen niedriger, räumt Wankel ein. Die Arbeitszeit sei länger, die Lohnkosten niedriger. Aber: "Wir werden natürlich auch in Polen mit einem stärkeren Anstieg der Löhne in den nächsten Jahren zu rechnen haben." Laut der IG Metall spart das Unternehmen mit der Stellenverlagerung nach Krakau rund 50 Millionen Euro. Deshalb habe die Gewerkschaft angeboten, diese Summe in München einzusparen: Die Belegschaft würde auf Sonderzahlungen verzichten und zwei Stunden mehr pro Woche unbezahlt arbeiten. Für die nächsten sechs bis sieben Jahre könnte so die Summe eingespart werden, die die Verlagerung nach Polen bringen würde. Dieses Angebot habe die Führungsebene bei MAN jedoch abgelehnt.
Trotz Stellenabbau: MAN kündigt keine Arbeitnehmer
Wankel zufolge stand es für den Vorstand nie zur Debatte, die Verlagerung nach Polen aufzugeben. IG-Metall-Bezirksleiter Ott vermutet dahinter "Fördergeld-Hopping": "Das Unternehmen greift in Deutschland Fördergelder für Forschung und Entwicklung ab und kassiert dann EU-Subventionen für Verlagerungen nach Polen." Weiter sagt er: "Wir wissen, dass Banken hergehen und sagen, du kriegst den Kredit, wenn du alles ausgereizt hast, und da spielen auch die Fördergelder eine Rolle." Und die Zuschüsse in Polen seien eben höher.

Wenngleich die Stellen perspektivisch in München fehlen werden, soll niemand seinen Job verlieren. Das bestätigen sowohl die IG Metall als auch MAN. Das Unternehmen will die Jobs "absolut sozialverträglich" über zehn Jahre abbauen. Es fallen demnach weniger Stellen weg, als Mitarbeiter in Rente gehen. Die IG Metall sieht darin jedoch eine langfristige Gefahr für das Münchner Stammwerk: "Wenn alle Teile des Lkws in anderen Ländern gefertigt werden, insbesondere in Polen, dann kann man sich ungefähr ausrechnen, wie lange es gutgeht, dass die Teile nur für die Montage nach München gefahren werden", sagt Wankel. Schon jetzt produziert MAN in Krakau mehr Fahrzeuge als hier.
IG Metall: "Der Vorstand bricht sein Wort"
Das Unternehmen teilt mit, dass die deutschen Standorte "allesamt erhalten bleiben". Zudem sollen in den nächsten fünf Jahren in diese zusätzlich rund eine Milliarde Euro investiert werden.
Viel Vertrauen hat die IG Metall in die Zusicherungen des Lkw-Herstellers jedoch nicht. Ott berichtet: "Der Vorstand um CEO Vlaskamp bricht sein Wort und hält sich nicht an Zusagen aus gültigen Zukunftstarifverträgen und weiteren Vereinbarungen mit der IG Metall über Investitionen und neue Produkte an den deutschen Standorten."
Der Hintergrund: Im Rahmen eines Zukunftstarifvertrags von 2021 wurde der Stellenabbau von 2600 Arbeitsplätzen an den deutschen Standorten vereinbart. Im Gegenzug sicherte MAN Produkte und Mindestbeschäftigtenzahlen an eben jenen Standorten zu.
Ott sagt: "Ich würde dem Vorstand dringend empfehlen, in Gespräche einzutreten. Weil – es hochzueskalieren, hilft keinem." Doch die IG Metall wäre bereit, dagegenzuhalten. Sie habe für jedes Problem das richtige Werkzeug, das sie auch nutzen würde. Übersetzt heißt das: Streiks sind nicht auszuschließen.
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