Makler werden abgemahnt
München - Die neue Verordnung war gerade mal 21 Stunden in Kraft, da ging für Brigitta Jabri der Ärger schon los. Per Mail, ausgerechnet aus Panama. Eine Firma namens Bunkering Logistic Inc. mahnte bei der Immobilienmaklerin einen Verstoß gegen die brandneue EnEV 2014 an, die am 1. Mai in Kraft getreten war.
Und die Münchnerin war nur eine von vielen Mail-Empfängern.
Der Vorwurf: Brigitta Jabri habe die neuen Richtlinien noch nicht umgesetzt. Deshalb solle sie umgehend eine Unterlassungserklärung nach Panama mailen. Andernfalls, so die ziemlich unverhohlene Drohung, könne es ziemlich teuer werden.
Besonders bitter für die Maklerin: Sie kann überhaupt nichts für ihr angebliches Versäumnis.
Worum geht es? Die neue Energiespar-Verordnung sieht vor, dass Verkäufer und Makler von Wohnungen und Häusern bei Anzeigen im Internet und in Zeitungen eine ganze Reihe von Angaben zum Energiestandard der Immobilie geben müssen. Das soll für Interessenten etwa die zu erwartenden Heizkosten transparenter machen.
Wie funktioniert das in der Praxis? Im Fall von Maklerin Brigitta Jabri noch gar nicht. Denn für ihre EnEV-Angaben braucht sie eine Vorlage der Abrechnungsgesellschaft Brunata, in die sie die jeweiligen Werte eintragen kann. Nur: Die Brunata kann erst in zirka acht bis zehn Tagen liefern. Das Gesetz ist aber schon seit 1. Mai, null Uhr, in Kraft. „Was tun?“, fragt die Maklerin rein rhetorisch. Denn sie weiß genau: „Es hilft nur, alle Objekte, für die der EnEV-Ausweis nicht zur Verfügung steht, aus dem Netz zu nehmen. Das wiederum ist ein herber Verlust für den Makler, denn er hat in dieser Zeit keinerlei Einnahmen, weil keine Veröffentlichungen.“
Was können die Maklerin und ihre ebenfalls angeschriebenen Kollegen tun? Brigitta Jabri hat inzwischen reagiert und bietet keine Wohnungen an, bis sie das Brunata-Formular verwenden kann. Denn die Mail aus Panama hat sie nachhaltig erschreckt. Auch wenn die Bunkering Logistic Inc., Global Bank Tower, Calle 50, Panama Stadt, Republik Panama, großzügigerweise „ohne Rechtsanwalt kostenfrei“ abgemahnt hat, „da wir Ihnen nicht unnütze Kosten verursachen wollen“: Die Maklerin weiß, dass der dezente Hinweis der Mail-Absender ernst gemeint ist, sie könne sich durch die Unterlassungserklärung „Kosten von bis zu 2500 Euro pro abgemahnten Verstoß durch professionelle Abmahnanwälte vermeiden“. Der Vorwurf lautet: „Wettbewerbsvorteil durch unzulässiges Anlocken auf Ihre Anzeigen im Internet.“
Wie ist die rechtliche Lage? Ein bisschen unübersichtlich. „Keiner kennt sich aus“, umreißt Rudolf Stürzer von „Haus + Grund München“ die Lage. Das Problem: Auch wenn erst in einem Jahr ein Bußgeld erhoben wird, sind nicht korrekte Anzeigen schon jetzt ein Verstoß gegen das EnEv. Stürzer sieht jetzt das „Bußgeld durch die Hintertür“ auf die Makler zukommen und prognostiziert: „Da werden sicher einige Abmahnfirmen und unterbeschäftigte Anwälte versuchen, Kapital draus zu schlagen. Das wird jede Menge Verfahren geben!“ Der „Haus + Grund“-Chef hält dieses Vorgehen zwar für „unseriös und rechtsmissbräuchlich“. Aber wie die Verfahren ausgehen werden, ist völlig offen.
Ist die panamesische Firma überhaupt legitimiert, eine Unterlassung zu verlangen? In der Mail steht zwar: „Sie treten zu uns als Wettbewerber im Internet auf, da wir über unsere Tochtergesellschaften Wohn- und Gewerbe-Immobilien in Deutschland verkaufen.“ Diese Begründung hält Anwalt Guido Lenné allerdings für „unzureichend“, weil die angeblichen Konkurrenzfirmen „nicht namentlich benannt werden“. Ob überhaupt ein Wettbewerb vorliege, sei daher nicht überprüfbar. Ein Anspruch auf Unterlassung dürfte wohl nur wirklichen Konkurrenten zustehen. Lenné rät daher dazu, „nicht voreilig zu handeln und Ruhe zu bewahren“.
Ein gut gemeinter Rat. Doch Brigitta Jabri hilft er zunächst nicht weiter. Bis sie die Brunata-Vorlage bekommt, kann sie quasi nicht arbeiten und hat massive finanzielle Einbußen – wegen EnEV 2014. Die Unterlassungserklärung wird sie auf Rat ihrer Anwältin nicht abgeben.
Energetische Sanierung: Wer zahlt?
Die Energieeinsparverordnung (EnEV) soll für Transparenz beim Energieverbrauch von Häusern sorgen – und natürlich das Thema „energetische Sanierung“ vorantreiben. Doch wer muss diese an sich ja sehr erstrebenswerten Maßnahmen letztendlich bezahlen?
Bei der energetischen Sanierung handelt es sich laut Gesetzestext um eine Maßnahme, durch die in der Mietwohnung „nachhaltig“ Energie eingespart wird. Der Mieter muss solche Maßnahmen grundsätzlich dulden – wenn sie für ihn keine „unbillige Härte“ sind.
Der Vermieter kann jährlich elf Prozent der Investitionskosten auf die Miete draufschlagen. Beispiel: Die Modernisierung einer 70-Quadratmeter-Wohnung kostet 15000 Euro – die Miete kann um bis 137,50 Euro steigen.
Wichtiger Punkt: Der Vermieter muss diese Mieterhöhung nicht zurückziehen, wenn er die Kosten für die Sanierung wieder eingenommen hat. In den ersten drei Monaten der Bauarbeiten können Mieter auch keine Mietminderung etwa wegen Lärm und Dreck beantragen.
Auch wer sich die Wohnung nach der Sanierung nicht mehr leisten kann, darf die Sanierung nicht aufhalten.
Kontrolle ist besser: Wenn die teure Sanierung hinterher keine nachhaltige Einsparung von Endenergie bringt, kann der Vermieter damit auch keine Mieterhöhung begründen.
Jetzt gibt’s neun Effizienzklassen
Das schreibt die neue Energiesparverordnung vor: Vor dem 1. Januar 1985 eingebaute Heizkessel dürfen ab 2015 nicht mehr betrieben werden, nach dem 1. Januar 1985 eingebaute Kessel nach 30 Jahren nicht mehr. Ausgenommen sind Niedertemperatur- und Brennwertkessel, ein erheblicher Teil des Bestands.
Bei der Dämmung von Dächern gibt es nun eine Norm für die Nachrüstung.
Eine weitere wichtige Änderung betrifft Energieausweise. Die energetischen Kennwerte werden künftig nicht mehr nur auf einer Skala von grün bis rot dargestellt, sondern zusätzlich einer von neun Effizienzklassen zugeordnet.
Ähnlich wie bei der Kennzeichnung von Elektro- und Haushaltsgeräten reicht die Skala von A+ (niedriger Energiebedarf/-verbrauch) bis H (hoher Energiebedarf/-verbrauch). Diese Zuordnung gilt für neu ausgestellte Ausweise. Alte Energieausweise ohne Angabe von Effizienzklassen behalten ihre Gültigkeit.
Außerdem müssen Verkäufer und Vermieter den Energieausweis bei der Besichtigung vorlegen. Nach Vertragsabschluss muss der Ausweis unverzüglich an den Käufer oder Mieter übergeben werden.
Mieterverein: „Keine große Verbesserung“
Ob es Neumietern wirklich hilft, ist umstritten. Fakt ist jedenfalls, dass Immobilienanzeigen laut der am 1. Mai in Kraft getretenen Novelle der Energieeinsparverordnung (EnEV) ab sofort diese Pflichtangaben enthalten müssen: die Art des Energieausweises (Energiebedarfs- oder Energieverbrauchsausweis). den im Energieausweis genannten Endenergiebedarf bzw. den Energieverbrauch (Energiekennwert). die im Energieausweis genannten wesentlichen Energieträger, also die Beheizungsart des Gebäudes (z. B. mit Öl, Gas, Strom). bei Wohngebäuden das im Energieausweis genannte Baujahr sowie die genannte Energieeffizienzklasse (Energieeffizienzbuchstabe) des Gebäudes.
Beim Münchner Mieterverein ist man eher skeptisch, was den praktischen Nutzen der neuen EnEv angeht. „Man kann es sich in München nicht aussuchen“, sagt Sprecherin Anja Franz. „Wir sehen darin keine große Verbesserung.“
Die neuen Mieter wüssten nur, welche Nebenkosten sie erwarten könnten: „Aber zahlen müssen sie so oder so.“
Maklern gibt das Portal „meineimmobilie.de“ den Tipp: „Sie können die neue Vorschrift einfach ignorieren. Allerdings müssen Sie dann damit rechnen, dass Sie deswegen bald ein Bußgeld von bis zu 15000 Euro zahlen müssen.“
Die gesetzliche Grundlage: § 27 Abs. 2 Nr. 6 EnEV, Art. 3 Abs. 2 der 2. VO zur Änderung der EnEV, § 8 Abs. 1 Nr. 2 EnEG. Allerdings, so die Immobilienspezialisten, gelte das Bußgeld erst in einem Jahr, ab Mai 2015: „Sie haben also noch ein Jahr Zeit, um Ihre Anzeige mit den gewünschten Angaben zu vervollständigen.“
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