Lücken und Tücken im neuen Rauch-Gesetz

Markus Söder lockert das Rauchverbot – und viele Münchner Wirte kochen vor Wut, während der Gesetzesentwurf im KVR die Köpfe rauchen lässt. Der Funke, an dem sich der Zorn entzündet: die Einraum-Gaststätten.
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Hans Karp ist enttäuscht
Sungu Hans Karp ist enttäuscht

MÜNCHEN - Markus Söder lockert das Rauchverbot – und viele Münchner Wirte kochen vor Wut, während der Gesetzesentwurf im KVR die Köpfe rauchen lässt. Der Funke, an dem sich der Zorn entzündet: die Einraum-Gaststätten.

„Was soll das denn sein?“ giftet Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle. „Mit dieser Formulierung kann ich im Vollzug überhaupt nichts anfangen. Wie bitte sollen meine Leute das kontrollieren? „Das ist doch der selbe Schmarrn wie vorher“, tobt der KVR-Chef.

Söders Definition von „einfach zubereiteten warmen Speisen“ bringt Blume-Beyerle auf die Palme: „Die Staatsregierung hat offensichtlich überhaupt keine Ahnung, wie es in der Küche einer Gaststätte aussieht. Auch der Schweinsbraten wird heute in der Mikrowelle erwärmt und das Schnitzel in der Friteuse.“

Für ihr gutes Essen – auch ohne Mikrowelle und Friteuse – ist die Rheinpfalz in der Kurfürstenstraße bekannt. Deshalb ist Hans Karp nicht gut auf Gesundheitsminister Markus Söder zu sprechen: „Der verbietet mir das Kochen“, sagt der Wirt, der auch unter der Pacht- und Bierpreiserhöhung leidet: „Das ist das Ende unseres Lokals.“

Karp ist einer von vielen Wirten, den die Änderung des Nichtrauchergesetzes hart trifft. Der Wirt steht vor der schwierigen Entscheidung: Entweder lässt er die Gäste in seinem Lokal, das kleiner als 75 Quadratmeter ist, weiter rauchen – oder er serviert Essen: „Dabei kommen die meisten, um beides zu tun.“

So geht es auch Bernd Mühlbauer, Chef des „Nido“ in der Theresienstraße. „Das trifft mich und alle anderen Einraumlokale, die Essen anbieten, bis ins Mark“, sagt er. Seit sieben Jahren gibt es im „Nido“ täglich frische Gerichte, Mühlbauer beschäftigt drei fest angestellte Köche – entlassen will er sie nicht. „Ich werde jetzt eben das Rauchen abschaffen“, sagt er wütend. „Dieses halbscharige Gesetz entzieht mir meine gesamte Lebensgrundlage: Die eine Hälfte der Gäste will essen, die andere rauchen! Ich kann auf beide nicht verzichten.“

Im vergangenen Jahr hatte Bernd Mühlbauer wegen des Rauchverbots Einbußen von über 50 Prozent. „Das wird jetzt wieder so sein - dabei habe ich gerade für 20.000 Euro renoviert. Und die Finanzkrise kommt erst. Man sollte eher Markus Söder verbieten.“

Ganz ähnliche Probleme hat Christian Blösl vom Großwirt in der Volkartstraße. Seit März ist das Lokal täglich ab 12 Uhr ein Raucherlokal. Das hat den Umsatz fast verdoppelt. „Da mein Lokal größer als 75 Quadratmeter ist, muss ich die Raucher in Zukunft in den Nebenraum verbannen“, sagt Blösl, „das wird viele abschrecken.“

Auch Friedrich Wiebel vom Ärztlichen Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit ist unzufrieden mit dem neuen Gesetz – und spricht ihm ein „gesundheitspolitisches Armutszeugnis“ aus. „Die ausgehöhlten Rauchverbote unterminieren die Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit des gesetzlichen Schutzes vor dem Passivrauchen“, sagt Nichtraucher-Schützer Wiebel. „Die Staatsregierung macht mit ihrem Kniefall vor der Lobby der Gastwirte die Mehrheit der Bürger des Freistaats zu Verlieren im Gesundheitsschutz.“

D. Aschoff, A. Böhm, T. Gautier

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