"Leider keine Handhabe": Umbaupläne in der Innenstadt in München stoßen auf Kritik

München - Eine prominente Adresse in der Kaufingerstraße bekommt einen neuen Look – und viele neue Nutzungen. Aus dem großen C&A-Kaufhaus an der Ecke Kaufingerstraße/ Fürstenfelder Straße soll ein "hochwertiges Mixed-Use-Gebäude" werden, so formuliert das die Münchner Eigentümerfamilie Hans Inselkammer, die Inka-Gruppe.

C&A im denkmalgeschützten Singer-Haus in München: Hier soll nicht mehr nur Mode verkauft werden
Der Wandel soll "mehr Leben in die Münchner City" bringen. Statt dem riesigen Modehaus mit preiswerter Mode für die ganze Familie ist am bekanntesten Münchner C&A-Standort ein Mix aus 75 Prozent Büros, 25 Prozent Handel und Gastronomie – und drei Wohnungen – geplant. "Die Transformation der Liegenschaft ist unsere gemeinsame Antwort auf die veränderten Bedürfnisse der Nutzer und Bürger. Leben und Arbeiten sollen in die Zentren zurückkehren", erklärt Stefan Stadler, kaufmännischer Projektleiter der Immobilienfirma Accumulata, die das Projekt mitentwickelt. Monokulturen aus Verkaufsflächen seien nicht mehr zeitgemäß, so die Überzeugung der Planer. Im früheren Modekaufhaus wird also eine Bürolandschaft entstehen.

Das bekannte C&A-Ensemble in der Fußgängerzone besteht aus drei miteinander verbundenen Gebäuden. Das historische Haus, das Singer-Haus, ist von 1907 mit einer Erweiterung von 1980. Die anderen Hausteile sind in der Nachkriegszeit und zuletzt 1998 entstanden.
Bekanntes Geschäftshaus in der Münchner Fußgängerzone: Teilweise wird abgerissen und neu gebaut
Es ist eine Riesenfläche in der City, die teilweise abgerissen und neu bebaut werden soll. Das denkmalgeschützte Singer-Haus wird saniert, die historische Fassade bleibt komplett erhalten. Am Ende des Projekts sollen 22 000 Quadratmeter Fläche vermietet werden.
Der neuere Gebäudeteil mit der zentralen Säule am Eingang, der ums Eck in die Fürstenfelder Straße 1 bis 3 ragt, soll in Zukunft eine leicht modernisierte Fassade bekommen (siehe Visualisierung oben). Andrea Stadler-Bachmaier (Grüne) kennt die Pläne. Sie ist Chefin des Bezirksausschusses Altstadt-Lehel - und sagt dazu: "Der Einzelhandel in der Stadt verändert sich, das sieht man überall. Deshalb begrüßen wir die Umbaupläne im Münchner Zentrum. Es ist der Zeit geschuldet, dass aus C&A nun vor allem ein Bürohaus wird. Der Anteil an Wohnungen ist aber wirklich minimal. Leider haben wir keine rechtliche Handhabe, sie im Kerngebiet zu fordern." Die Grünen-Politikerin vermutet: "Auch wenn der Anteil an Wohnungen größer wäre, bezahlbarer Wohnraum würde in der Fußgängerzone sowieso nicht entstehen, eher sogenannte Opernwohnungen fürchte ich."

Neubau in der Münchner Kaufingerstraße: In der zweiten bis zur sechsten Etage wird es Büroflächen geben
Von der zweiten bis zur sechsten Etage sind Büroflächen vorgesehen. "Um Arbeitsplätze ins pulsierende Herz von München zu holen", teilt der Bauherr mit. In das Untergeschoss, das Erdgeschoss und in den ersten Stock soll Einzelhandel einziehen – auch Restaurants sind gewünscht. Die Treppenaufgänge werden die Architekten übrigens von fünf auf drei reduzieren, was mehr Fläche zum Vermieten schafft. Highlight des Projekts: eine Dachterrasse, die einen Blick auf die Alpen und die nahen Frauentürme bietet. Lichtschächte sollen für mehr Helligkeit in den neuen Räumen sorgen. Der Innenhof wird begrünt.
Kritik an den Plänen der Inselkammer Gruppe: Die Stadt München findet das geplante Gebäude zu hoch
Die Münchner Behörden sehen die aktuellen Inka-Pläne jedoch kritisch. Es gibt einen Zwist um die Gebäudehöhe: "Die geplanten 27,50 Meter fügen sich nicht in die nähere Umgebung ein", kritisiert die Münchner Lokalbaukommission. Das Landesamt für Denkmalpflege sieht ebenfalls negative Punkte, wie die modernen großformatigen Fenster an der Fürstenfelder Straße. Die Denkmalschützer fordern eine ruhige Dachgestaltung – und den Verzicht von haustechnischen Anbauten auf dem Dach. Nach dem Veto der Behörden haben Bauherr Hans Inselkammer von der Inka Holding und Oliv Architekten die Gebäudehöhe um einen halben Meter auf 27 Meter reduziert. Eine Innenhofüberbauung wurde teilweise zurückgenommen.
75 Prozent des Gebäudes bleiben erhalten, sagt der Investor. Die Bauarbeiten beginnen 2025
Sie betonen die Vorteile des flexiblen Konzepts für die Münchner City. Und die besondere Nachhaltigkeit: Wenig vom alten C&A abzureißen, dafür viel umzubauen. "Es handelt sich um eine Entkernung. Wir sind stolz darauf, dass 75 Prozent des Gebäudebestands erhalten bleibt und nur ein Teil zurückgebaut werden muss", sagt Christian Thaller von Scrivo, der für den Bauherren spricht.
Zum Zeitplan: Beginn der Bauarbeiten soll im Januar 2025 sein. Die Architekten-Diskussion über die Dachhöhe und die üppigen Fensterflächen ist eröffnet: Bei der Diskussion am Dienstag in der Stadtgestaltungskommission kritisierte Denkmalpfleger Hanns Michael Küpper: „Beim Dach habe ich Bauchschmerzen. Ich sehe hier kein geschlossenes Dachbild.“ Sie wollten es mit Scharten öffnen. „Das bringt eine Transparenz und hat mit der Münchner Dachlandschaft nichts zu tun.“ Insgesamt begrüßte die Stadtgestaltungskommission aber die Revitalisierung. Sie befürwortet den Ansatz die prägende 50er-Jahre-Fassade zu erhalten und auf den Dächern eine intensive Begrünung unterzubringen.
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