Lehrerin kassiert doppelt ab

... und zwar beim Kindergeld. Deshalb – und wegen weiterer Vorgänge – soll die Pädagogin endgültig ihren Job verlieren
von  John Schneider

MÜNCHEN Nein, sie will jahrelang gar nicht mitbekommen haben, dass sie für ihre Tochter gleich doppelt Kindergeld kassiert hat. Einmal berechtigterweise: als Beamtin vom Landesamt für Finanzen. Und einmal unberechtigterweise – von der Familienkasse.
Hanna K. (Name geändert) wurde deswegen zu einer Geldstrafe von 23200 Euro verurteilt. Jetzt will der Freistaat die bereits suspendierte Münchner Volksschullehrerin endgültig loswerden: Die 59-Jährige hat nach Ansicht der Landesanwaltschaft weitere Dinge auf dem Kerbholz: Die Demenz ihrer Mutter habe sie ausgenutzt, um an deren Vollmachten zu kommen. Die habe sie dann wiederum benutzt, um unter anderem Mieteinnahmen ihrer Mutter auf ihr eigenes Konto zu überweisen. Auch hier lief ein Ermittlungsverfahren, das aber inzwischen eingestellt wurde.

„Meine Mutter ist nicht dement”, erklärte Hanna K. gestern vor Gericht gleich mehrmals zu ihrer Verteidigung. Die angebliche Demenz sei ein Komplott ihrer Schwägerin und deren Hausarzt. Allerdings gibt es auch einen Amtsarzt, der zu einer ähnlichen Diagnose kam.
Die „Geschenke” ihrer Mutter vergaß Hanna K. bei ihrem Dienstherrn, der ihr in anderer Sache das Gehalt kürzen wollte, als Einnahmen anzugeben. Damit habe sie den Freistaat über ihre Vermögensverhältnisse getäuscht und bekam mehr Sold, als ihr zustand. Gute Gründe, ein Vertrauensverhältnis zu zerstören. Eigentlich.
Doch die Lehrerin beteuert ihre Unschuld. „Mein Anwalt hat mir gesagt, dass ich Geschenke nicht anzugeben bräuchte.” Schließlich habe ihre Mutter den Dauerauftrag auf das Konto von Hanna K. immer mal wieder gekündigt. Es seien also keine regelmäßigen Einnahmen gewesen. Und nur solche müsse man dem Dienstherrn melden.

Und das doppelte Kindergeld? „Ich habe nie richtig auf meine Kontoauszüge geschaut.” Dass sie jeden Monat 150 Euro zu viel auf dem Konto hatte, am Ende etwa 22000 Euro, sei ihr nicht aufgefallen. Genauso wenig wie die doppelte MItgliedsgebühr, die sie für den Lehrerverband bezahlte habe.
Ungläubiges Staunen bei Birgit Walther, der Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts: „Es ist schon erstaunlich, was Beamte merken oder nicht merken.”
Immerhin zahlt Hanna K. das doppelte Kindergeld zurück. 250 Euro jeden Monat. Die Hälfte der Schulden ist bereits beglichen. Ein Urteil lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor.

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