Lehrer: Unsere Schulen sind "Restschulen"
München - Zu wenig Lehrer, zu viele Schüler mit Problemen und der ewig schlechte Ruf: Den Mittelschulen geht es schlecht. Laut einer Umfrage glauben 71 Prozent der Mittelschullehrer sogar selbst, dass ihre Schule die „Restschule“ in Bayern ist.
„Ich bin schockiert“, sagt der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), Klaus Wenzel, bei der Vorstellung der Ergebnisse. Der BLLV hatte für die Untersuchung 530 Lehrer in Bayern befragt. Die Ergebnisse sind, vorsichtig ausgedrückt, ernüchternd. Nur knapp über die Hälfte der Befragten hält die Lehrerversorgung für ausreichend.
Das Problem sind nicht die Kernfächer: Die können selbst in Grippewellezeiten noch unterrichtet werden. Was leidet, sind die Zusatzangebote, die manchmal sogar ganz zusammengestrichen werden müssen. Seit den 1980er Jahren gibt es in Bayern zwar mobile Aushilfskräfte, die zwischen den Schulen springen können, um Lücken zu füllen. 81 Prozent der Lehrer gaben jedoch an, dass es davon zu wenige gibt.
Gerade an der Mittelschule ist das hart: Gerade die Schüler dort brauchen eine besondere Förderung. Laut Umfrage haben die Hälfte aller befragten Lehrer mindestens einen Schüler pro Klasse, die einen sonderpädagogischen Förderbedarf hat.
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Dazu kommen die vielen jugendlichen Asylbewerber, die oft auf Regelklassen verteilt werden – weil es an Übergangsklassen fehlt. Die meisten sprechen kein Deutsch, doch nur sechs Prozent der befragten Lehrer haben eine Zusatzausbildung, um diese Kinder zu unterrichten. Im dreigliedrigen Schulsystem sei die Hauptschule inzwischen die „Restschule“, so empfinden es zumindest mehr als zwei Drittel der Befragten.
Wenzel findet das alarmierend. Den Begriff möchte er sich nicht zu eigen machen.
Er kann seine Kollegen aber verstehen: Selbst nach zwei Beförderungen verdienten Mittelschullehrer weniger als Berufsanfänger an Gymnasien.
„Wenn die Lehrer so behandelt werden, darf man sich nicht wundern, wenn immer weniger Eltern ihr Kind an Mittelschulen schicken“, sagt er. Um die Schulform attraktiver zu machen, fordert der BLLV mehr Personal und Fortbildungsmöglichkeiten.
Das Kultusministerium hält das nicht für notwendig. Verbesserungsmöglichkeiten gebe es immer, aber insgesamt sei die Betreuung an den Mittelschulen sehr gut, heißt es.
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