Lehrer begrapscht Schüler
Der Pädagoge einer Förderschule hat private Verabredungen mit Jugendlichen. Er zog sich aus und bot den Jugendlichen Massagen an
München - Nach der Fahrradreparatur, im Schullandheim und bei Kerzenschein in seinem „Meditationszimmer“: Ein Münchner Lehrer hat drei seiner Schüler „zur Entspannung“ am ganzen Körper massiert. Dabei soll er den Jugendlichen auch in die Unterhosen gelangt haben.
Mehr als sechs Jahre nach den aktenkundigen Übergriffen an seinen Schutzbefohlenen ist der Pädagoge nun seinen Beruf los. Das entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH). Der Senat urteilte: Der Lehrer wird aus dem Beamtenverhältnis entfernt.
Der Lehrer unterrichtete Schüler mit Handicap am Sehbehindertenzentrum in Unterschleißheim. Er ist selbst fast blind (Sehkraft: 8 Prozent). Im Kollegium galt der heute 54-Jährige als engagiert, hatte sehr gute Beurteilungen. Für seine Schüler war er Klassenlehrer, Vertrauenslehrer und enge Bezugsperson in einem. „Er hat uns in fast allen Fächern unterrichtet“, sagte Ex-Schüler Peter (Name geändert) am Rande des Prozesses. Der damals 17-Jährige brachte den Fall ins Rollen.
Kaum hörbar erzählte der junge Mann mittlerweile zum vierten Mal vor Gericht, was im Schuljahr 2005/2006 vorgefallen war. Er hatte bereits in zwei Strafprozessen alles schildern müssen und außerdem in erster Instanz im Disziplinarverfahren. Es war kurz vor seinem Abschluss zum Qualifizierenden Hauptschulabschluss (Quali), als ihn der Lehrer zu sich nach Hause einlud.
Der Pädagoge wusste, dass Peter Zweiradmechaniker werden wollte. „Er hat mich in der Schule gefragt, ob ich sein Rad anschauen kann“, berichtete der junge Mann vor Gericht. Im Haus sollte sich der 17-Jährige dann erstmal umziehen. „Er kam mit Boxershorts, wollte, dass ich die anziehe, dass ich mich nicht schmutzig mach'“, erzählte der ehemalige Schüler dem Gericht.
Nach der Radreparatur ging der Lehrer duschen, stand dann nackt vor dem Schüler und platzte schließlich auch noch ins Badezimmer, als auch der Jüngling unter der Dusche stand. Nach dem Duschen „hat er mich gefragt, ob ich verspannt bin und ob er mich massieren soll“. Der Lehrer nahm den Schüler mit in sein Arbeitszimmer, in dem eine Liege stand, und begann ihm die Schultern, den Rücken, den Po und die Beine zu massieren. „Dann hat er mir zwischen die Beine gelangt“, sagt der Ex-Schüler. „Ich bin weggezuckt, weil ich das nicht mochte.“ Später, beim Abschied soll der Lehrer gesagt haben: „ Das soll unser Geheimnis bleiben.“
Es kam noch zu einer zweiten Grenzüberschreitung kurz vor der Abschlussfeier: Diesmal lockte der Lehrer seinen Schüler damit zu sich, dass er ihm bei einer Power-Point-Präsentation fürs Quali-Fest helfen wolle. Anschließend bot er Peter wieder eine Entspannungsmassage an, dieses Mal in seinem „Meditationszimmer“. Der Lehrer trug dabei selbst nur eine Unterhose, kniete sich mit bloßem Oberkörper neben seinen Schüler und griff ihm – so Peters Aussage – wieder in die Hose.
In früheren Prozessen hatte der Pädagoge die Massagen – auch an zwei weiteren Schülern während eines Praktikums und im Schullandheim – zugegeben. Nur dass er die Jugendlichen auch an den Genitalien berührt hatte, gab er nicht zu. Schon seit 2008 war der Förderschullehrer vorläufig vom Dienst suspendiert. Seitdem bekommt er nur die Hälfte seines Gehalts.
Das Strafverfahren gegen ihn endete in zweiter Instanz vor dem Landgericht mit einer Einstellung des Verfahrens nach Paragraf 153a, der Lehrer zahlte 1000 Euro Wiedergutmachung an seinen Ex-Schüler Peter. Dagegen bekam der Lehrer disziplinarrechtlich die Höchststrafe. Bereits in erster Instanz lautete das Urteil: Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Dagegen legte er Berufung ein, erschien aber nicht mehr persönlich vor Gericht. „Er wollte sich dem Stress nicht noch einmal aussetzen“, sagte seine Anwältin Gabriele Schenk. Sie forderte eine mildere Disziplinarmaßnahme. Der Lehrer habe seinen Schülern mit den Massagen „etwas Gutes tun wollen“. Und dass er sie auch unsittlich berührt habe, sei keine Absicht gewesen.
Dagegen meinte Oberlandesanwältin Karin Siller, die den Freistaat Bayern vertrat: „Dieser Mann ist als Lehrer nicht mehr einsetzbar. Er hat sich teilweise entkleidet, fummelt an Schülern rum und baut ein enges Vertrauensverhältnis auf. Wenn das bei Mädchen passiert wäre, würden wir gar nicht lang reden.“ Das sah der Senat ähnlich und wies die Berufung zurück. Der Vorsitzende Richter Peter Läpple: „Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist gerechtfertigt.“ Egal ob der Lehrer die Buben auch am Penis angefasst habe oder nicht, die Handlungen hätten einen sexuellen Hintergrund gehabt.
- Themen: