Leeres Bett vor Gericht: Demjanjuk in der Klinik
München - Selbst der Justiz-Speiseplan mit einem köstlichen Alaska-Seelachsfilet im Angebot konnte den Fisch-Liebhaber John Demjanjuk (90) nicht ins Münchner Landgericht locken. Dem mutmaßlichen Kriegsverbrecher scheint es gesundheitlich wirklich nicht gut zu gehen. Sein Bett im Schwurgerichtssaal 101 blieb leer.
Er leide unter „starken Rückenschmerzen” und einer „Blutkrankheit”, teilte das Gericht offiziell mit. Um die erhöhten Entzündungswerte abzuklären, kam Demjanjuk vorsichtshalber ins Harlachinger Krankenhaus. Damit kann der Prozess gegen ihn – nach 16 Monaten – immer noch nicht abgeschlossen werden.
Die Staatsanwaltschaft wirft Demjanjuk Beihilfe zum Mord vor. Im Zweiten Weltkrieg soll er 1943 als Wachmann im KZ-Vernichtungslager Sobibor (Polen) bei der Ermordung von 27900 Juden geholfen haben. Vom Zugtransport habe er Kinder, Frauen und Männer mit in die Gaskammern getrieben. Hauptbeweissstück ist der SS-Dienstausweis Nr. 1393 mit einem Foto von John Demjanjuk.
Seine Verteidiger Ulrich Busch und Günther Maull behaupten: „Den Ausweis hat der russische Geheimdienst KGB gefälscht.” Nicht mal die Israelis hätten den Ausweis in einem früheren Verfahren als Beweismittel zugelassen. Deshalb habe man ihren Mandanten damals wieder auf freien Fuß gesetzt (AZ berichtete).
Dass Demjanjuk gesundheitlich schwer angeschlagen ist, steht außer Frage. Den Prozess darf er deshalb üblicherweise liegend unter einer warmen Decke verfolgen. Nur zwei Mal 90 Minuten pro Tag darf gegen ihn verhandelt werden. Zwei Sanitäter und der Arzt Albrecht Stein sind ständig anwesend. „Ihm geht es wirklich nicht gut”, sagt Albrecht.
Verteidiger Busch wird vorgeworfen, dass er den Prozess unnötig in die Länge ziehe. Rund 340 Beweisanträge hat er gestellt – und 60 weitere angekündigt. Am heutigen Donnerstag soll der Prozess fortgesetzt werden.
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