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Leben wie auf dem Dorf: Nur acht Kilometer von der Altstadt entfernt finden Münchner Idylle pur

Der Nordosten liegt in einer Frischluftschneise, hier ist es ein paar Grad kühler als in der Stadt. In diesem Serienteil ist die AZ in Daglfing unterwegs. Die Gegend ist perfekt für ausgedehnte Spaziergänge, Ausritte und Touren mit dem Rad.
Nina Job
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Einer der ältesten Höfe auf städtischem Grund: das Gestüt Lindenhof in Daglfing.
Einer der ältesten Höfe auf städtischem Grund: das Gestüt Lindenhof in Daglfing. © Nina Job
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Bogenhausen ist Münchens drittgrößter Stadtbezirk, fast 100.000 Menschen leben hier. Erstaunlicherweise gibt es trotz der Größe nur ein einziges Altenheim (an der Effnerstraße). Und ein eigenes Kulturzentrum gab es bislang auch nicht. Doch das wird sich bald ändern: Im Herbst eröffnet im Prinz-Eugen-Park die Neue Ziegelei als großes Stadtteil- und Servicezentrum.
Mit Bogenhausen verbinden viele vor allem die herrschaftlichen Häuser in Altbogenhausen oder den Friedensengel. Doch der Stadtbezirk hat viele Seiten. Nur etwa eine Viertelstunde mit dem Radl oder Auto entfernt werden der Himmel und der Blick ganz weit. Im Nordosten der Stadt prägen Wiesen und Felder die Landschaft, Rinder und Pferde grasen. Bauern beackern ihre Felder.

Petra Cockrell ist für die Grünen im Bezirksausschuss Bogenhausen, sie kennt sich bestens aus im Viertel.
Petra Cockrell ist für die Grünen im Bezirksausschuss Bogenhausen, sie kennt sich bestens aus im Viertel. © Nina Job

Seit 22 Jahren wohne ich in Bogenhausen. Wenn ich mich nach Ruhe, Weite und guter Luft sehne, gehe ich gern in Daglfing und Umgebung spazieren. Herrlich unaufgeregt und dörflich ist es hier. Statt Touristen sieht man eher Rehe. Mal schauen, wie lange das noch so bleibt. Im Zuge der Stadtentwicklungsmaßnahme (SEM) soll hier irgendwann groß gebaut werden …

Petra Cockrell von den Grünen ist im Bezirksausschuss Bogenhausen und kennt sich bestens aus. Wir haben Daglfing und Umgebung gemeinsam erkundet. „Hier ist es vier Grad kühler als in der Stadt“, sagt sie.  Das liege an der Frischluftschneise und dass hier weniger Flächen versiegelt sind. Im Winter schippe sie hier manchmal schon Schnee, während in der City noch kein einziges Flöckchen liegengeblieben sei.

Die kühleren Temperaturen sind offenbar auch für Eschen gut. Fast überall in Bayern sterben sie, aber rund um die alte Dorfkirche in Daglfing und in der Umgebung stehen sie noch – und es wachsen sogar neue nach. Viel Natur und viele Tiere gibt es auf unserer Tour zu entdecken. Zu Beginn kommen wir durch die Sambugastraße, die für viele Daglfinger "die Holunderstraße" ist. Erstens wachsen die hier üppig und zweitens heißt Holunder auf Lateinisch Sambucus.
Egal, dass die Straße eigentlich nach einem Theologen benannt ist.

Die Kirche St. Philipp und Jakob in Daglfing war mehrere Jahre lang einsturzgefährdet und gesperrt, inzwischen wurde sie saniert.
Die Kirche St. Philipp und Jakob in Daglfing war mehrere Jahre lang einsturzgefährdet und gesperrt, inzwischen wurde sie saniert. © Nina Job


An diesen fünf besonderen Stationen haben wir Halt gemacht:

Die Ziegen von Walter Bichler (74) sind eine Schau

Wer durch die Kunihohstraße fährt oder spaziert, kommt an ihnen nicht vorbei: Neun Ziegen leben hier in einem großen Gehege neben einem denkmalgeschützten, über 100 Jahre alten Hof. Sie gehören Walter Bichler. Der 74-Jährige hält sie nicht, um Milch zu gewinnen oder Käse zu machen, sondern einfach so: Er mag Ziegen. „Das sind nette, sehr kluge Tiere“, sagt er. 
Bichler ist als Kind auf einem Bergbauernhof in Österreich aufgewachsen. Und da gab es neben Rindern, Hühnern und anderen Tieren auch schon Ziegen. Bichler ist der Liebe wegen in Daglfing gelandet. Seit nunmehr 22 Jahren betreibt er in der Kunihohstraße eine Pferdepension mit elf Plätzen – und dort leben auch die Ziegen.

An der Kunihohstraße 23 leben neun Ziegen. Hier muss man einfach stehen bleiben und zuschauen!
An der Kunihohstraße 23 leben neun Ziegen. Hier muss man einfach stehen bleiben und zuschauen! © Nina Job
Intelligent und neugierig: die Ziegen von  Walter Bichler (74) in der Kunihohstraße.
Intelligent und neugierig: die Ziegen von Walter Bichler (74) in der Kunihohstraße. © Nina Job

Ein Paradies für Pferdefans

In Daglfing und Riem hat der Pferdesport Tradition.  1902 wurde die Trabrennbahn eröffnet. In Daglfing ist eine Werkstatt für Sulkys ansässig, es gibt Pferdehöfe, Koppeln und an manchem Zaun Werbung für ausgefallene Pferdeporträts mit Hufeisen-Umrahmung. Wenn hier die großen Events stattfinden, wimmelt es nur so von pferdebegeisterten Menschen. Aber auch an ganz normalen Tagen ist immer mal was geboten. Bei der AZ-Tour fand gegenüber von dem gut bewachten Gelände der Polizei-Reiterstaffel in Riem gerade eine Leistungsprüfung für Kaltblüter statt, bei der man einfach zuschauen konnte. Ganz grundsätzlich: Es kann nicht schaden, beim Radeln den Untergrund im Blick zu behalten, damit man nicht durch Pferdeäpfel pflatscht.

Christina Kappel (29) radelt regelmäßig mit Baby und Hund aus dem Lehel nach Daglfing zu ihrem spanischen Hengst Lando (17).
Christina Kappel (29) radelt regelmäßig mit Baby und Hund aus dem Lehel nach Daglfing zu ihrem spanischen Hengst Lando (17). © Nina Job
Mit etwas Glück kann man einfach so bei einer Pferde-Prüfung zuschauen: Hier zieht ein Kaltblut an der Landshamer Str. 11 in Riem einen Schlitten.
Mit etwas Glück kann man einfach so bei einer Pferde-Prüfung zuschauen: Hier zieht ein Kaltblut an der Landshamer Str. 11 in Riem einen Schlitten. © Nina Job

Blumen, Samen, Futter: Den Traditionsbetrieb Reim gibt es seit 75 Jahren

Eine Institution – und das schon seit Jahrzehnten – ist das Gartencenter Reim an der Glücksburger Straße 1. Center klingt ein bisschen nach Discounter oder Kette, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Das Geschäft ist durch und durch ein Familienbetrieb.  Bei Franz Xaver Reim (83) und seiner Tochter Sonja (57) gibt es Pflanzen in Hülle und Fülle, Tierfutter, Sämereien und beste Beratung. Und das schon seit 75 Jahren. Der Großvater fing einst mit Futter für die Pferde auf der Rennbahn an. Franz Xaver Reim ist auch mit seinen 83 Jahren noch jeden Tag im Geschäft. Eine DHL-Station betreibt er mit seiner Tochter außerdem – sonst gäbe es hier weit und breit keine.

Im Gartencenter von Franz Xaver Reim (83) und seiner Tochter Sonja (57) gibt es Pflanzen in Hülle und Fülle, Tierfutter, Sämereien und beste Beratung.
Im Gartencenter von Franz Xaver Reim (83) und seiner Tochter Sonja (57) gibt es Pflanzen in Hülle und Fülle, Tierfutter, Sämereien und beste Beratung. © Nina Job

Der Wiesheu Hof: Fleisch, Eier und Kartoffeln direkt vom Bauern

Daglfing hat an Einkaufsmöglichkeiten nicht viel zu bieten: nur einen Edeka, Aber zum Wiesheu Hof in Johanneskirchen (AM Schwarzfeld 16) ist es nicht weit. Besitzerin Maria Eberl (36) führt ihn in dritter Generation. Im Hofladen (gerade ist Sommerpause, ab 4. September ist wieder geöffnet) gibt es Fleisch von eigenen Rindern, Lämmern und Hühnern, zudem Eier, Kartoffeln und mehr. Auf dem Hof steht zudem ein Automat mit Lebensmitteln, an dem man sich bedienen kann. Ein zweiter steht am Biergarten Dicke Sophie in der Johanneskirchner Str. 146.

Bei Maria Eberl vom Wiesheu Hof in Johanneskirchen gibt es Kartoffeln, Eier, Fleisch und Gemüse. Auf dem Hof steht auch ein Automat.
Bei Maria Eberl vom Wiesheu Hof in Johanneskirchen gibt es Kartoffeln, Eier, Fleisch und Gemüse. Auf dem Hof steht auch ein Automat. © Nina Job

Glasklarer Bach mit Biotop: der Hüllgraben

Sehr idyllisch im Münchner Nordosten ist es am Hüllgraben. In dem klaren Wasser des künstlich angelegten Flusses kann man sich wunderbar abkühlen: Im Sommer planschen kleine Kinder an den flachen Stellen, auch Reiter legen hier gern mal mit ihren Pferden eine Trinkpause ein. Wer Ausdauer hat, kann am Hüllgraben bis zum Ismaninger Speichersee spazieren.
Der Fluss wird aus dem Hachinger Bach gespeist, beginnt im Zamdorfer Gleisdreieck und wird dann über den Abfanggraben in den Speichersee geleitet. Sehr reizvoll ist der Abschnitt, wo der Fluss eine ehemalige Güterbahntrasse kreuzt: Ein wenig bekanntes Biotop gibt es hier zu entdecken.
Es gibt viele wunderschöne Wege am Hüllgraben. Eine Stelle zum Planschen für Kinder ist in der Nähe der Kleingartenanlage an der Küstnerstraße 6 (Parkplatz). Dort ist auch ein großer Spielplatz mit Riesenrutsche in der Nähe.

Im Hüllgraben kann man sich an heißen Tagen wunderbar abkühlen. Auch Reiter mit ihren Pferden legen hier gern eine Pause ein.
Im Hüllgraben kann man sich an heißen Tagen wunderbar abkühlen. Auch Reiter mit ihren Pferden legen hier gern eine Pause ein. © Nina Job
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  • MünchenHeute vor 11 Stunden / Bewertung:

    Schade, dass diese Idylle nach den Plänen der Stadt zerstört werden soll. Der gemütliche dörflichen Idylle soll einem urbanem Betonghetto weichen. Frau Cockrell von den Grünen gibt in diesem Artikel vor, das Idyll zu genießen und unterstützt aber dennoch mit ihrer Partei und der SPD zusammen deren Zerstörung. Spätestens olympische Spiele würden aber das gesamte Viertel komplett verändern und in meinen Augen zerstören.

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  • Glück für Alle am 31.08.2025 21:16 Uhr / Bewertung:

    Sehr traurig, dass dieses Paradies zerstört wird mit einer riesigen Bebauung. Dann ist das alles nicht mehr wiederzuerkennen.

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  • Glück für Alle am 31.08.2025 21:14 Uhr / Bewertung:

    Ja da ist es wunderschön. Ein Paradies mit der erwähnten kühleren Luft, dem schönen Bächlein, den Pferden, den Landwirten mit Gemüseanbau.
    Aber alles das wird es nicht mehr geben, das ist dann weg: der Bach, die Frischluftzufuhr usw. - wenn dort alles so groß wie Manhattan bebdut wird. Sehr traurig.

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