Langos in München: Das neue Szia Szia auf dem Viktualienmarkt

München – Sogar am verregneten Dienstagmittag bildet sich eine Schlange am Viktualienmarkt. Seit Jahren steht hinter Karnoll's Kaffeestandl parallel zur Frauenstraße das ungarische Paar Esther und Peter Ranody in ihrem Paprikahaus. Ab sofort heißt ihr Stand Szia Szia und hat eine Verjüngungskur bekommen. Szia ist das ungarische Wort für Hallo, Tschüss und Prost – das Pendant zum bayerischen Servus.
Gastronom Pazmandi betreibt auch Cucurucu-Bar in München
Peter Pazmandi und Vincent Sauter haben sich nicht nur den neuen Namen, sondern ein neues Konzept für den Stand ausgedacht. Pazmandi ist ebenfalls gebürtiger Ungar und hat die Ranodys per Zufall kennengelernt. Der Musiker und Gastronom ist in der Stadt recht aktiv. Unter anderem betreibt er die Cucurucu-Bar am Hauptbahnhof und das Kreativ-Zentrum Zirka in der Dachauer Straße.
Vincent Sauter hat schon in einigen Grand Hotels gekocht. Zusammen sind die beiden jetzt Partner von Esther und Peter Ranody. Allen zusammen war bewusst: Die ungarische Küche hat keinen besonders guten Ruf. Viele empfinden sie als fleischlastig, schwer und etwas verstaubt. Zu Unrecht, finden sie.
Das ungarische Straßenessen schlechthin sind die frittierten Hefefladen Langos. "Die sind in Ungarn so etwas wie in Bayern die Weißwurst", sagt Pazmandi. Dort bekommt man sie an jeder Ecke, in München bis jetzt nur auf Festivals. Und was an den dortigen Buden verkauft wird, hat oft nur wenig mit dem ungarischen Original zu tun, sagt Pazmandi.
"Zu einem Teig muss man eine Beziehung aufbauen"
Er kennt sich aus, erzählt, dass in Ungarn jede Familie ihr ganz persönliches Langos-Rezept wie einen Schatz hütet. Er hat Sauter mit in seine Heimat genommen und ihn zum besten Langos-Bäcker des Landes am Balaton gebracht. Aber – Überraschung – der wollte ihnen sein Rezept nicht verraten.
"Meine Tante sagt, zu einem Teig muss man eine Beziehung entwickeln", erzählt Pazmandi. Diese Beziehung haben die beiden nun aufgebaut und das für sie perfekte Langos-Rezept erarbeitet. Die Zutaten? "Geheim", sagt Pazmandi, wie es sich für einen Ungaren gehört. Jeden Tag wird der Teig direkt am Marktstand geknetet.
Sauter kommt aus der gehobenen Küche. Das wollten die beiden im Szia Szia mit der bodenständigen ungarischen Küche verbinden. Drum gibt's hier traditionelles Langos mit Knoblauchöl (5 Euro) und Varianten mit verschiedenen Belägen. Dann dient das Langos als Untergrund für zum Teil ausgefallene Zutaten.
Fleischlose Alternativen aus Ungarn für Vegetarier
Am Stand steht auch ein Smoker, unter anderem für Pastrami. Die kommt zusammen mit roten Zwiebeln, eingelegten Radieschen, geriebenem Meerrettich, Essiggurke und Dijon-Creme auf ein Langos namens Sonkas (13,50 Euro).

Es gibt auch Fladen mit Jakobsmuscheln, Austernpilzen oder Roter Bete. "Manche Ungarn verdrehen die Augen, wenn sie das sehen", sagt Pazmandi, "aber viele empfehlen uns dann doch weiter und finden, bei uns schmeckt's wie in Ungarn oder sogar noch besser."
Auch das Thema Gulasch wollen die beiden Standl-Männer neu denken. "Ich möchte ein bisschen die Härte rausnehmen", sagt Sauter. Pazmandis Mutter sei schockiert gewesen, als sie ihr davon erzählten. Trotzdem steht Sauters ungarische Gulaschsuppe (10,50 Euro) jetzt auf der Karte, ebenso die vegetarische Variante mit Kartoffeln und gelben Rüben (9,50 Euro). Der Clou sind die knusprigen Stücke Langos, die es jeweils dazu gibt.
Hier wird das Streetfood auch mit Messer und Gabel gegessen
Die AZ hat das vegetarische Gulasch, es heißt Paprikas Krumpli, probiert und war zufrieden. Auf den ersten Löffel ist es mild, aber dann doch angenehm pikant im Abgang. Der AZ-Fotograf war begeistert von seinem Pastrami-Langos, das man hier auch ganz gepflegt mit Messer und Gabel essen kann.
Dazu gibt's hausgemachte Limo. Die AZ hat die quietschgrüne mit Waldmeister-Geschmack und eine violette mit Lavendel bestellt (jeweils 4,50 Euro).
Trotz Schmuddelwetter kommen am Stand fast Urlaubsgefühle auf. Im Hintergrund läuft Musik vom Plattenspieler. Das sorgt automatisch für entspannte Stimmung. Und das ist auch gewollt. Sauter und Pazmandi wollen den Münchner hier ein Erlebnis bieten: "Kunst, Kultur und richtig gutes Essen mit ungarischem Twist."
Nebenan bekommt man weiterhin alles, was es für die ungarische Küche daheim und vor allem ein gutes Gulasch braucht: Paprika, Gewürze und Paprikapaste in Tuben, genannt "rotes Gold". Dazu sauer Eingelegtes und ungarische Weine.
Demnächst möchte Pazmandi auch einen ungarischen Nachtisch anbieten. Außerdem soll es ein wöchentlich wechselndes Gericht und wechselnde Langos geben. Bis dahin können sich die Gäste ausgiebig durch die bestehende Speisekarte probieren.
Viktualienmarkt, Abteilung VI