Läden in München wieder geöffnet: Warten aufs kleine Shopping-Glück
München - Artig anstellen ist nicht jedermanns Sache, und so versucht die Frau im Pelzmantel an der Menschenschlange vorbei ins Kaufhaus zu gelangen. Doch am Eingang wird sie von einem aufmerksamen Verkäufer abgefangen. "Haben Sie denn einen Termin?"
"Einkaufen mit Termin? Dann halt nicht!", sagt die Dame unfreundlich und verschwindet in Richtung U-Bahn.

Lange Warteschlangen prägen am sonnigen Montagmorgen das Bild in der Münchner Fußgängerzone. Eigentlich war die Hoffnung, dass der Einzelhandel wieder "ganz normal" öffnen dürfe, doch da der Inzidenzwert der Corona-Infektionen am Sonntag über 50 stieg, mussten Kunden vor dem Einkaufen einen Termin buchen ("Click & meet"), erst dann dürfen sie sich für einen vorher festgelegten Zeitraum in den Läden aufhalten. Doch trotz der kurzfristigen Änderung scheint das in den meisten Fällen sehr gut zu funktionieren.
"Wir haben das schon kommen sehen und uns darauf vorbereitet", sagt Sibylle Blessing-Nagler, die mit ihrem Mann Werner das Juweliergeschäft Carl Thomass am Marienplatz führt. Sie und ihr Mann hatten den Laden im Sommer letzten Jahres aufwendig saniert. Dass sie nun so lange schließen mussten, war eine große Belastung.
Doch nun ist wieder geöffnet – zumindest mit Termin. Wer den Laden betreten will, muss sich telefonisch oder per E-Mail anmelden – das geht auch kurzfristig. Die Nachfrage sei allerdings überraschend groß, freut sich Blessing-Nagler. "Da hat sich sicherlich auch etwas angestaut", meint sie.
Heute komme noch ein Pärchen vorbei, das sich Eheringe kaufen wolle, morgen dann eine Dame, die sich schon vor langer Zeit einen Ring habe fertigen lassen. "Sie wollte den unbedingt persönlich im Laden abholen", sagt Blessing-Nagler. Nun kann die Dame endlich vorbeikommen und hat sich davor sogar noch einen Friseurtermin gebucht. "Das ist für viele eine große Freude jetzt wieder einkaufen zu können", sagt Sybille Blessing-Nagler.

Bis jetzt hätten sich bei ihr meist Kunden angemeldet, die lange auf einen persönlichen Einkauf gewartet hätten. "Schmuck mag zwar keine Notwendigkeit sein, doch es ist etwas, was der Seele gut tut." Sorgen macht ihr eine weitere Infektionswelle, bei der ihr Laden wieder schließen müsste. Doch auch auf sinkende Zahlen bereitet sie sich vor: "Wir überlegen schon, wie wir unsere Angestellten am Besten testen könnten, wenn wir wieder richtig aufmachen dürfen."
Nicht jeder Einzelhändler hält sich an die Regeln
Doch nicht überall wird sich so strikt an die Regeln gehalten, wie in der Innenstadt. "Wir haben immer nur fünf Kunden im Laden und natürlich alle mit Maske", erklärt ein Ladeninhaber in der Maxvorstadt, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will. "Aber ob das alles so legal ist, weiß ich auch nicht."
Termine vergibt er nämlich "nicht wirklich". Wer an die Scheibe klopft, kommt rein. "Die Regeln ändern sich ja sowieso die ganze Zeit", sagt er. "Ich mache aber, was ich kann." Dennoch will er nun eine Liste führen, in die er seine Kunden einträgt. "Dann sind sie ja quasi angemeldet", hofft er.
Doch er bleibt die Ausnahme. Im Rest der Stadt scheinen die Vorgaben genau eingehalten zu werden. Verkäufer wie Kunden sind bei dem sonnigen Wetter gut gelaunt und für viele scheint es einfach wieder ein schönes Erlebnis zu sein, ein bisschen bummeln gehen zu können. "Kaufen werd ich wohl nichts", meint eine Frau in der Schlange vor dem Kaufhaus Ludwig Beck, "es ist einfach mal wieder schön, unter Menschen zu sein."
Etwas später verlässt sie den Laden aber doch mit einer Ludwig-Beck-Tüte. Ihr scheinen es viele gleichzutun. Langsam füllt sich die Fußgängerzone mit Leuten mit großen und kleinen Einkaufstüten. Bilder fast wie in Vor-Coronazeiten, wären da nicht die Gesichtsmasken und langen Warteschlangen vor den Geschäften.