Konkurrenz für die DB? Österreichisches Bahnunternehmen feiert Erfolg
Einsteigen, hinsetzen und pünktlich ankommen – der Traum eines jeden Zugreisenden. Westbahn-Chef Thomas Posch meinte am Donnerstag im Büro der Westbahn in der Nähe des Hauptbahnhofs: "Den Zielbahnhof ohne Umsteigen zu erreichen, ist gefragt." Das österreichische Bahnunternehmen, das seit 2011 besteht, hätte es sich deshalb zum Ziel gemacht, "so viele Direktverbindungen wie möglich anzubieten".
Seit sechs Monaten hat sich die Westbahn ein Alleinstellungsmerkmal gesichert
Im Frühjahr 2022 erweiterte die Westbahn ihren Fahrplan über die Grenzen Österreichs hinaus und fährt seitdem auch München an. Das tun viele Bahnunternehmen, wie etwa die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) und die Deutsche Bahn (DB). Seit sechs Monaten hat sich die Westbahn allerdings ein Alleinstellungsmerkmal gesichert. Eine direkte Verbindung zwischen Stuttgart und Wien, sowie umgekehrt – zweimal pro Tag. Dabei hält sie in Deutschland in Rosenheim, München, Augsburg, Günzburg und Ulm.
Zwar verkehren Railjet-Express-, Euronight- und Intercity-Züge auf der direkten Strecke Stuttgart-Wien. Doch nur nachts oder deutlich länger. Und die nächtliche Verbindung durch die Intercity-Züge der Deutschen Bahn fällt bald weg: "Diese wird ab dem 15. Juni nicht mehr angeboten", schreibt die DB auf Nachfrage. Das hängt damit zusammen, dass die DB 17 ihrer Intercity-Züge an die ÖBB verkauft.
In der Anfangszeit hätten sie nur mit der Hälfte des Umsatzes durch solche Fahrten gerechnet
Die neue Direktverbindung der Westbahn scheint sich zu lohnen. Das spiegelt sich in den Zahlen. Seit Jahresbeginn hat das Bahnunternehmen 200.000 Fahrten von Österreich nach Deutschland oder umgekehrt, beziehungsweise innerhalb Deutschlands verzeichnet. In der Anfangszeit hätten sie nur mit der Hälfte des Umsatzes durch solche Fahrten gerechnet. "Und das trotz sehr hoher Kosten für die Infrastruktur, die fünf bis sieben Mal höher sind als die, für die österreichische", sagte Westbahn-Chef Posch.
Da dürfte es sie umso mehr ärgern, dass sie ihre Verlässlichkeit, wie sie selbst sagen, in Deutschland nicht so ausleben können wie in Österreich. Thomas Posch nannte einen der Bahnabläufe in Deutschland, den er am ersten Tag des Deutschlandangebots 2022 miterlebte: "Ein bisserl steinzeitlich."
Thomas Posch: Die Westbahn stehe für Qualität und nicht für Niedrig-Preise
Für die Münchner scheint die Direktverbindung Stuttgart – Wien zwar weniger interessant. Doch ist die Westbahn eine günstigere Alternative zu den Verbindungen der DB von München nach Wien? Zumindest tagesaktuell kommt man günstiger mit der DB in die österreichische Hauptstadt (Stand: mittags, 22. Mai). Für 49,99 Euro kann man um 18.35 Uhr einen Zug nehmen. Bei der Westbahn kosten die beiden Verbindungen – Stand gestern – 98,99 Euro (Abfahrt um 7.49 Uhr) bzw. 109,90 Euro (Abfahrt um 15.48 Uhr). Wenn man allerdings drei Stunden vor Abfahrt bucht, ist eine Sitzplatzreservierung inklusive. Und Thomas Posch betonte am Donnerstag, die Westbahn stehe für Qualität und nicht für Niedrig-Preise.
Andreas Barth vom Fahrgastverband Pro Bahn steht der Westbahn positiv gegenüber. Er habe selbst einmal ein günstigeres Angebot bei der Westbahn als bei der Deutschen Bahn ergattert. "Es wurde sich in Deutschland für eine marktorientierte Eisenbahn entschieden. Das klappt nur, wenn es verschiedene Anbieter gibt", so Barth. Auch die DB schrieb auf Anfrage: "Wir begrüßen diesen Wettbewerb." Die Westbahn scheint also willkommen und bis auf die Infrastruktur freie Bahn zu haben.
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