Klinikum Großhadern: Mediziner ärgern sich über Trickbetrüger, die sich als Ärzte ausgeben

Die Mediziner am Klinikum Großhadern sind wütend. Trickbetrüger geben sich immer öfter als Ärzte der Uniklinik aus und beschädigen damit auch das Renommee des international geachteten Krankenhauses. Die Opfer werden mit falschen Krebsdiagnosen hereingelegt. Allein bei zwei Fällen in jüngster Zeit hätten zwei Rentnerinnen um ein Haar insgesamt fast eine Million Euro verloren.
Der Trick mit der nicht zugelassenen Therapie
Eine gut 80 Jahre alte Frau erhielt am 2. Dezember einen Anruf. Die Frau gab sich als Ärztin des Klinikums Großhadern aus. Die Tochter der Seniorin leide an Krebs, so die erschütternde Nachricht. Um ihr Leben zu retten, müsse sofort eine extrem teure Therapie beginnen.
Das dazu erforderliche Medikament sei aber noch nicht zugelassen. Die Verhandlungen mit der Krankenkasse würden zu viel Zeit in Anspruch nehmen, so die falsche Ärztin. Daher sei es erforderlich, dass die Seniorin die Behandlung vorfinanziere.
Münchnerin hebt all ihre Ersparnisse ab
Die Münchnerin war geschockt. Sie machte all ihre Ersparnisse flüssig. Mit Geld und Schmuck fuhr sie nach Großhadern. Auf dem Parkplatz des Klinikums sollte sie die Vorauszahlung übergeben – insgesamt mehr als 200.000 Euro.
Die Seniorin war allerdings so voller Sorge um ihre Tochter, dass sie nicht wie vereinbart auf den Kurier wartete, sondern in die Klinik ging, sich bei der Patientenaufnahme meldete und nach dem Zimmer ihrer Tochter erkundigte. Dabei erfuhr sie, dass ihre Tochter nicht Patientin ist und auch nicht an Krebs leidet. Diese Informationen retteten der Rentnerin ihre Ersparnisse. Die Polizei wurde eingeschaltet.
Weitere Seniorin hebt über eine halbe Million ab
Zwei Tage später, am 4. Dezember, erhielt eine weitere über 80 Jahre alte Münchnerin einen Schockanruf. Wieder war es eine Frau, die sich als Ärztin aus Großhadern ausgab. Auch sie behauptete, dass die Tochter der Seniorin an Krebs leide. Die Rentnerin fuhr zur Bank. Sie hob Bargeld ab und holte Gold aus ihrem Schließfach. Insgesamt mehr als eine halbe Million Euro. Geld und Gold sollte sie in der Nähe ihrer Bank einem Kurier übergeben.
Der Kurier wartete schon am Treffpunkt
Zum vereinbarten Treffpunkt kam ein 24-Jähriger aus Polen. Fahnder des Kommissariats K61 waren dem Mann bei Ermittlungen auf die Spur gekommen. Die Beamten nahmen den Verdächtigen fest. In der Nähe wartete in einem Auto ein Komplize, ein 59-Jähriger, ebenfalls aus Polen. Auch er wurde festgenommen.
„Der Mann ist einschlägig vorbestraft“, sagt Thomas Schedel, Chef bei K61. Der 59-Jährige saß wegen Betrugs in Deutschland und in Österreich bereits mehrere Jahre im Gefängnis. Beide Männer wurden dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Die Verdächtigen sitzen in Untersuchungshaft.
Klinikum Großhadern warnt vor Betrugsmasche
Im Klinikum Großhadern verfolgt man die jüngsten Entwicklungen mit großer Sorge. Die Ärzte sind schockiert und verärgert, dass ihre Rolle als Mediziner von Trickbetrügern derart schamlos ausgenutzt wird. Professor Dr. Markus M. Lerch, ärztlicher Direktor des Klinikums, betont: „Ärzte, Pflegekräfte oder Mitarbeitende der Verwaltung des Klinikums würden niemals bei Verwandten oder Freunden von Patienten anrufen, um Geldbeträge für eine Behandlung, eine Operation oder ein Medikament zu fordern.“ Außerdem würde man niemals Angehörigen von Patienten am Telefon schwere oder plötzliche Diagnosen mitteilen. Und schon gar nicht, so der Professor beim Start der Präventionsaktion weiter, müsse jemand „für eine Operation oder ein Medikament Bargeld oder Schmuck ins LMU Klinikum bringen“.

Falsche Ärzte lösen falsche Polizisten ab
Falsche Ärzte beschäftigen zunehmend die Münchner Kripo. Im vergangenen Jahr entstand in München ein Gesamtschaden von über drei Millionen Euro. Schockten die Betrüger ihre Opfer früher oft mit erfundenen, tödlichen Verkehrsunfällen, sind es inzwischen überwiegend falsche Ärzte, die mit erfundenen Krebsdiagnosen ihr Unwesen treiben.

„Die Fälle haben gerade jetzt im Advent nochmals deutlich zugenommen“, warnt Thomas Schedel. Mehr als ein Dutzend Verdächtige wurden dieses Jahr bereits von der Polizei gefasst. Ihnen drohen lange Haftstrafen. In einigen früheren Fällen wurden Angeklagte von Münchner Gerichten bereits zu Gefängnisstrafen von bis zu acht Jahren verurteilt.