Klinik schickt todkranke Patientin wieder heim

MÜNCHEN - Gudrun V. ist krebskrank. Die 66-Jährige hatte einen Nachsorgetermin – und wurde heimgeschickt. "Man hat mir gesagt, ich müsste selbst bezahlen", erzählt die todkranke, verzweifelte Frau - und möchte nur noch ein bisschen Anstand .
Gudrun V. hat Krebs. Seit April 2006 breitet sich ein Tumor in der Gebärmutter der 66-jährigen Münchnerin aus, bösartige Geschwüre vermehren sich in ihrer Lunge – Mediziner nennen es Endometriumkarzinom mit intrapulmonalen Metastasen. Es ist so furchtbar wie es klingt. „Ich werde nicht mehr gesund“, sagt Gudrun V.
Trotzdem, sagt sie, wurde sie bei einer Nachsorgeuntersuchung von der Taxisklinik abgewiesen. Mit Krebs kurz vorm Endstadium. Obwohl sie einen Termin hatte.
Abfuhr statt Untersuchung
Am 19. März, erzählt die Rentnerin, kam sie wie ausgemacht um 8.30 Uhr in die Taxisklinik. Es war nicht ihr erster Besuch dort. Seit Oktober 2006 war sie schon achtmal in der Klinik des Roten Kreuzes gewesen, die letzten fünf Male zur Nachsorgeuntersuchung. Gudrun V. litt unter krampfartigem Husten. „Da ich nicht erkältet war, machte ich mir Gedanken“, sagt die Schauspielerin, die Hollywood-Schauspielerinnen wie Goldie Hawn, Glenn Close und Diane Keaton synchronisiert hat.
Statt einer Untersuchung gab es eine Abfuhr. „Der Arzt sagte mir: ,Wenn Sie heute eine Kontrolle haben wollen, müssen Sie die selbst bezahlen. Bei Privatpatienten ist das natürlich etwas anderes.’“ Gudrun V. konnte es nicht fassen: „Er hat mich aus Kostengründen abgewiesen“, sagt sie mit Wut in der Stimme. „Er sagte auch, ich bräuchte eine Überweisung. Das war bislang aber nie nötig gewesen.“
Am Ende sei sie nach Hause geschickt worden. „Ich sollte nächste Woche wiederkommen und ein Blutbild und eine Computertomographie (CT) von meinem Hausarzt mitbringen.“ Das hatten bis dahin aber immer die Ärzte der Taxisklinik erstellt, sagt Gudrun V. Die verzweifelte Patientin erzählt: „Ich fragte den Arzt: Wozu brauche ich Sie denn noch?“
Klinik: Von Abweisung kann keine Rede sein
Die Klinik verteidigt sich: „Frau V. wurde im November 2006 in eine Studie aufgenommen, bei der Untersuchungen wie CT und Blutbild abgerechnet werden“, sagt Taxisklinik-Sprecherin Julia Leichert. „Im März 2007 wurde sie aus medizinischen Gründen aus der Studie genommen, wir haben aber aus Kulanz die Untersuchungen weiter übernommen. Am jenem 19.März 2008 erklärte ihr unser Arzt, sie solle in Zukunft CT und Blutbild bei ihrem Hausarzt machen, damit es korrekt von der Kasse abgerechnet werden kann. Von einer Zweiklassen-Medizin oder einer Abweisung der Patientin kann keine Rede sein.“
Stimmt nicht, sagt Gudrun V. „Man hat mir nie gesagt, dass mit dem Ende der Studie diese Behandlungen nicht mehr bezahlt werden. Sonst hätte ich mir doch einen neuen Onkologen (Krebsarzt, Anm.) gesucht!“
Sie ist nicht die einzige, die sich schlecht behandelt fühlt: „Viele Krebspatienten in Bayern haben seit kurzem das Gefühl, schlechter aufgeklärt zu werden und länger auf Nachsorge-Termine zu warten“, sagt die Sprecherin der Bayerischen Krebsgesellschaft, Cornelia Richter.
"Wenigstens noch ein bisschen Anstand"
Auch Gudrun V. fühlt sich „allein gelassen.“ Die todkranke Rentnerin sagt: „Ich bin stinkwütend.“ Sie habe sich immer gewünscht, 100 Jahre alt zu werden. „Das wird nichts, da bin ich realistisch – aber dann möchte ich wenigstens noch ein bisschen Anstand.“
Thomas Gautier