Klimaforscher warnt vor Schneemangel bei Olympia 2018
Der bayerische Klimarats-Vorsitzende Hartmut Graßl warnt bei einem Zuschlag für die Olympischen Winterspiele 2018 vor Schneemangel in Garmisch-Partenkirchen
München. „Das Klima wird ihnen mit immer höherer Wahrscheinlichkeit einen Strich durch die Rechnung mit einer Winterlandschaft machen“, sagte Graßl der Nachrichtenagentur dpa. „Es ist ja jetzt schon praktisch alles auf Kunstschnee“, ergänzte er mit Blick auf die Ski-WM, die derzeit in Garmisch-Partenkirchen bei zumindest im Tal fast schneefreier Landschaft ausgetragen wird.
„Es kann natürlich auch sein, dass es genau zur Zeit von Olympia einen Superwinter gibt. Aber die Wahrscheinlichkeit für schneefreie Hänge nimmt zu“, sagte der Physiker und Klimaforscher. Die Bewerbungsgesellschaft müsse jedenfalls CO2-neutrale Spiele und einen vollständigen Rückbau der Anlagen garantieren. Die erhofften langfristigen wirtschaftlichen Impulse sieht Graßl nicht. „In allen Städten, in denen in den vergangenen Jahren Spiele stattgefunden haben, war das Saldo: Verlust. Das ist kein ökonomischer Gewinn.“ Graßl leitet seit vier Jahren den bayerischen Klimarat.
Im April muss die Staatsregierung über den Fortbestand des dreiköpfigen Expertengremiums entscheiden, das die Regierung berät und kritisch begleitet. Problematisch sei der Zwang, Spiele unter allen Umständen auch ohne natürlichen Schnee durchzuführen, sagte Graßl. „Früher sind die Rennen dann ausgefallen.“ Heute hole man im Extremfall den Schnee aus dem benachbarten Tirol. Bei einem Biathlon-Weltcup in Oberhof (Thüringen) sei einmal mit Lastwagen zerkleinertes Eis aus einer Fabrik aus Bremerhaven geholt worden.
„Das ist nun die schlimmste Anpassung an den Klimawandel, weil es gleich den Anlass für das Fehlen des Schnees nochmal verstärkt“, sagte Graßl. Die umstrittenen Schneekanonen, deren Bau teils von der Staatsregierung gefördert wird, sind für Graßl ein vergleichsweise kleineres Umweltproblem. „Es fehlt an strengen wissenschaftlichen Beweisen über die tatsächlichen ökologischen Schäden“, sagte Graßl. „Das Roden und Planieren der Pisten ist ökologisch viel bedenklicher als in schneearmen Wintern Wasser für den Kunstschnee aus dem Bach zu holen.“
Auf den planierten Pistenflächen würden zudem oft fremde Gräser gesät, die nicht in die Umgebung gehörten. „Das stört die Ökologie viel stärker, als wenn in Abständen von 200 Metern eine Schneekanone steht.“ Auch falsch konzipierte Forststraßen könnten das ökologische Gleichgewicht in der sensiblen Bergwelt erheblich durcheinander bringen, weil sie zum Beispiel an der Bundesstraße 305 bei Ramsau die Lawinengefahr drastisch erhöht haben.
Die künstliche Beschneiung werde sich durch den Klimawandel von selbst erledigen, sagt Graßl. Da hierzulande die Beifügung von chemischen Zusätzen verboten ist, kann bei Temperaturen knapp unter Null Grad nicht beschneit werden. Einer OECD-Studie zufolge werden 36 von 39 dort genannten deutschen Wintersportgebieten langfristig verschwinden. „Die Schneekanonen werden in unteren Höhenlagen von selbst aussterben, wenn es irgendwann nicht mehr kalt genug ist für diese künstliche Beatmung des Wintersports.“
dpa
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