Kinderschänder kommt frei - wegen diesem Richter

Oswald A. (71) missbrauchte wiederholt seine Tochter, seine Enkelinnen und andere Kinder – und kommt frei, weil ein Richter eine Frist verpennt. Die Justiz-Panne ist unumkehrbar.
von  Abendzeitung
Er hielt die Frist nicht ein: Hans-Jochen H., inzwischen pensionierter Richter.
Er hielt die Frist nicht ein: Hans-Jochen H., inzwischen pensionierter Richter. © argum

Oswald A. (71) missbrauchte wiederholt seine Tochter, seine Enkelinnen und andere Kinder – und kommt frei, weil ein Richter eine Frist verpennt. Die Justiz-Panne ist unumkehrbar.

MÜNCHEN Entsetzen im Justizministerium, Empörung bei den Grünen: Weil ein Richter sich nicht an vorgegebene Fristen hielt, wird Sexualstraftäter Oswald A. nach Verbüßung seiner Haftstrafe entlassen. Denn die Sicherungsverwahrung kann nicht mehr verhängt werden. Der 71-Jährige Landwirt hatte sich an seiner Tochter, den Enkelinnen und anderen Kindern vergriffen. Er ist einschlägig vorbestraft.

„Es ist nicht nachvollziehbar“, meint Ministeriumssprecher Stefan Lenzenhuber zum Verhalten des Vorsitzenden Richters Hans-Jochen H. (65), der inzwischen pensioniert ist. „Das darf nicht passieren, auch nicht kurz vorm Ruhestand“, sagt Susanna Tausendfreund, Rechtsanwältin und Landtagsabgeordnete der Grünen. Am 12. Oktober 2006 hatte der Richter Oswald A. zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Die Sicherungsverwahrung wurde unter Vorbehalt angeordnet. Nach einer gewissen Zeit hätten Gericht und Gutachter beurteilen müssen, ob Oswald A. noch eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Bereits 1996 musste der jetzt 71-Jährige für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis – wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in elf Fällen. Im Februar 2006 wurde er wieder verhaftet. Er hatte sich an seinen Enkelinnen (9 und 11) und an deren Freundin (12) vergangen. Diese hatte sich ihrer Mutter anvertraut.

Die Frist für die Verhängung der Sicherungsverwahrung im Fall von Oswald A. lief am 5. Dezember 2008 ab. „Die Staatsanwaltschaft hatte auf den Fristablauf mehrfach schriftlich hingewiesen“, heißt es aus dem Justizministerium. „Am 19. September 2008 lag der Antrag der Staatsanwaltschaft vor“, so Gerichtssprecherin Margarete Nötzel. „Und schon vier Tage später hat das Gericht versucht, einen Sachverständigen zu finden, fand aber keinen, der so kurzfristig ein Gutachten liefern wollte.“ Danach sei nichts mehr passiert.

Der Landtag soll den Fall klären

„Das werden wir durchleuchten“, kündigen die Grünen im Landtag an. „Wir werden eine schriftliche Anfrage einreichen“, sagt Susanna Tausendfreund. Damit wollen sie aufklären, ob die verhängnisvolle Schlamperei ein persönlicher Fehler war, ein Organisationsverschulden – oder ob die Justiz in diesem Fall überlastet war.

Im Justizministerium von Beate Merk wird schon jetzt fieberhaft nachgeforscht. „Wir gehen der Sache nach“, versichert Sprecher Lenzenhuber. Aber es ändert alles nichts daran: „Er wird entlassen.“ Denn es gibt keine juristischen Mittel, Oswald A. länger in der Haft zu halten. Für eine Stellungnahme war der pensionierte Richter Hans-Jochen H. gestern nicht erreichbar.

Oswald A. ist ab Februar 2011 ein freier Mann – aber vermutlich unter Aufsicht. „Man muss ihn nach rechtsstaatlichen Mitteln im Auge behalten“, fordern sowohl Tausendfreund als auch das Justizministerium.Barbara Brießmann

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