KinderKrimiPreis: Der verschwundene Zwilling. Katja (10)

Das Wetter war mild, es roch nach Frühling und die Glocken der Kirchturmuhr schlugen zwölf Mal.
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Das Wetter war mild, es roch nach Frühling und die Glocken der Kirchturmuhr schlugen zwölf Mal.

Sebastian Socke öffnete die Augen und wischte sich den Schlaf heraus. Er liebte es, so lange zu schlafen. Als er sich umdrehte bemerkte er, dass sein Zwillingsbruder Simon nicht neben ihm lag. „Seltsam", dachte sich Sebastian, „wir verlassen die Schublade doch immer gemeinsam." Beunruhigt beschloss er, seinen Doppelgänger zu suchen. Er wühlte die ganze Schublade, in der sie wohnten, durch und rief nach seinem Bruder. Nirgends konnte er ihn finden und keiner seiner Sockenfreunde in der Schublade hatte etwas bemerkt. Kein Wunder, auch sie schlafen gerne lange und ausgiebig. Wo konnte Simon nur sein?

Als er ihn nicht fand, kletterte der Socken aus der Schublade und landete gekonnt auf dem Fußboden. Von dort aus ging er weiter zu dem Korb mit der Schmutzwäsche. „Vielleicht ist er da irgendwie rein gekommen. Frag ich doch einfach mal nach", dachte sich Sebastian Socke. Schon bemerkte er die Strumpfhose Stella, die ihre Beine gemütlich über den Korbrand baumeln ließ. Sie wusste bestimmt etwas, schließlich war sie im ganzen Kleiderschrank bekannt für ihre Neugier. „Hast du meinen Bruder gesehen? Ich weiß nämlich nicht, wo er ist", fragte er sie. „Nein, leider nicht!", antwortete Stella. „Oder hast du eine Idee, wo er sein könnte?", bohrte Sebastian nach. „Ja doch, ich habe da so eine Ahnung, was ihm zugestoßen sein könnte." Sie erzählte: „Meine Freundin wurde einmal von den Menschen durch einen Knoten mit ihren eigenen Beinen erwürgt und achtlos in den Müll geschmissen, weil sie ein Loch in der Ferse hatte. So könnte es deinem Bruder auch ergangen sein." Darauf erwiderte Sebastian: „Das glaube ich nicht, Stella. Mein Bruder passt genau so auf wie ich, dass er keine Löcher bekommt! Und außerdem wären wir dann beide im Müll gelandet. Schließlich sind wir nur zusammen nützlich. Aber jetzt verabschiede ich mich, ich muss Simon finden. Tschüss!"

Sebastian Socke suchte weiter den Wäschekorb durch. „Hallo Sebastian, geht es dir gut? Du schaust so traurig!", meldete sich da eine Stimme. „Ah, hallo Nanni Nachthemd! Mein Bruder, du weißt schon, Simon Socke, ist einfach nicht mehr da. Als ich heute Mittag von den Kirchenglocken geweckt wurde und mich zu meinem Bruder umdrehen wollte, war er nicht mehr da. Dabei sind wir doch immer gemeinsam unterwegs", berichtete der Socken seiner Freundin Nanni. „Hast du ihn gesehen?" Das Nachthemd erwiderte: „Das tut mir aber Leid für dich! Lass mich kurz überlegen. Nein, gesehen habe ich ihn das letzte Mal vor einer Woche." „ Stella Strumpfhose hat gemeint, dass Simon ein Loch bekommen haben könnte und er deswegen weggeschmissen wurde!", schluchzte Sebastian. „Genau, das habe ich gesagt!", meldete sich da jemand. Als der Socken sich umdrehte, stand Stella hinter ihm. Sie war Sebastian gefolgt und hatte das Gespräch belauscht. „Weißt du eigentlich, dass du Sebastian total Angst machst!", schimpfte Nanni die Strumpfhose. „Pah", machte Stella und ging beleidigt davon. „Danke!", sagte Sebastian zu seiner Beschützerin. „Ich mach' mich wieder auf die Socken. Ich habe solche Angst, dass meinem Bruder etwas zugestoßen ist." „Ich komme mit dir, denn aus Erfahrung weiß ich, dass es sich zu zweit leichter suchen lässt", versprach Nanni Sebastian. Das fand er sehr nett und gleich machten sie sich zusammen auf die Suche.

Bald schon lief ihnen Jack Jacket über den Weg. Auch bei ihm erkundigten sie sich, ob er etwas wusste. „Vielleicht ist er auf Abenteuerreise gegangen, weil ihm euer langweiliges Stinkesockenleben zu doof geworden ist!", meinte Jack cool. „Du bist gemein! Dein Geplapper kannst du dir wirklich sparen, unser Leben ist überhaupt nicht langweilig, wenn überhaupt eines, dann deines!", schimpfte der Socken. Ärgerlich setzten sie ihre Suche fort. Tina T-Shirt, der sie als nächstes begegneten, riet ihnen, Bella Bluse um Rat zu fragen, weil die immer so gute Ideen hatte. Der Weg zu ihr war nicht sonderlich weit. Der Schrank, in dem sie wohnte, war nämlich direkt über der Schublade mit den ganzen Socken, wo auch Sebastian und sein Bruder Simon Socke lebten.

Als Nanni die Flügeltür öffnete, drang großes Stimmengewirr an ihre Ohren. Hier wimmelte es nur so von den verschiedensten Kleidungsstücken. Die meisten waren gute Freunde von Sebastian Socke und Nanni Nachthemd. Es herrschte geschäftiges Treiben. Die beiden bahnten sich einen Weg zur Kleiderstange, wo Bella Bluse wohnte. Sie hing wie immer an dem hölzernen Kleiderbügel, den sie so liebte und schaukelte fröhlich hin und her. Neben ihr hatte Toni Trousers Platz genommen. „Entschuldigung, könnt ihr mir helfen, meinen Bruder wiederzufinden?", fragte der Socken. „Na, wenn das nicht ein Fall für dich ist, Toni", rief Bella und klopfte ihrem Freund auf die Hüfte. Zu Sebastian meinte sie: „Toni Trousers ist nämlich ein sehr erfolgreicher Detektiv." Toni richtete sich geschmeichelt auf und bot sich an: „Aber selbstverständlich, ich helfe doch gerne!" „Das ist vielleicht ein Zufall. Da treffe ich einen Detektiv genau dann, wenn ich einen brauche!", freute sich der Socken. Hoffnungsvoll erzählte Sebastian Socke vom Verschwinden seines Bruders und seiner bisher erfolglosen Suche. Toni Trousers notierte alle Einzelheiten in seinem Notizbuch, das er immer in seiner Hosentasche mit sich trug. Als Sebastian bei seiner Begegnung mit Jack Jacket ankam, stutze der Detektiv und meinte: „Den müssen wir gleich noch einmal verhören. Der war erst letzte Woche in eine Schlägerei verwickelt. Dabei hat er Henry Hemd zwei Knöpfe ausgerissen und diese dann für teures Geld verkauft. Ob der nicht wieder die Finger im Spiel hat. Kommt, den knöpfen wir uns gleich vor." Sebastian war vor Schreck ganz bleich geworden, was sollte er nur tun, ging es seinem Bruder gut oder lebte er überhaupt noch? Nur eines wusste Sebastian: Sie mussten sich beeilen, bevor Jack Jacket mehr Schaden anrichten konnte.

Sein Fußgelenk war ganz weich, als sie den Verdächtigten suchten. Jack saß in einer Ecke, Arm in Arm mit seiner Freundin. Sie aßen zusammen Chips. Die hatte er sich bestimmt von dem Geld gekauft, das er für die Knöpfe von Henry Hemd bekommen hatte. Sebastian Socke musste zweimal hinschauen. Kürzlich hatte er Jack noch eng umschlungen mit Steffi Strickjacke gesehen, aber jetzt lag in seinen Armen eindeutig Janina Jacke. „Hmhm", machte sich der Detektiv mit einem Räuspern bemerkbar. „Jack Jacket, ich habe ein paar Fragen an dich." „Was willst du, lass mich in Ruhe. Siehst du nicht, dass du störst?", paffte Jack zurück. „Wenn du mir nicht freiwillig zuhörst, muss ich unseren Polizist Poldi Pullover einschalten", drohte Toni Trousers. „Also gut, was willst du?" nuschelte Jack unwillig. „Wo warst du gestern Abend und heute den ganzen Tag?", erkundigte sich der Detektiv. „Ich war die ganze Zeit mit meiner lieben Janina zusammen", entgegnete Jack. „Du lügst", mischte sich Sebastian Socke ein, „vorhin, als ich dich nach Simon gefragt habe, warst du allein." „Ja, schon, aber nur für kurze Zeit. Danach kam Janina gleich wieder zu mir", behauptete Jack. „Janina Jacke, ist das richtig?", forschte Toni weiter. Janina blickte Jack unsicher an. Dieser zwinkerte ihr verschmitzt zu, worauf sie leise ein: „Ja, sicher!", hervorbrachte. Toni notierte sich alle Antworten in seinem Notizbuch. „Jack, hast du etwas mit Simons Verschwinden zu tun?", wollte der Detektiv nun wissen. „Nein, natürlich nicht, ich bin vollkommen unschuldig!" „Wo hast du Simon Socke das letzte Mal gesehen?" „Als ich mich vor ein paar Tagen wieder dreckig gemacht hatte und in dieses Waschkarussell hinein gekommen bin, nahm der Socken neben mir Platz", gab Jack zur Auskunft. „Du hast mir doch erzählt, dass Simon so einen fürchterlichen Geruch verbreitet hatte, dass du ihn am liebsten in das Flusensieb geschubst hättest", mischte sich Janina Jacke nun wieder ein. Jack lief ganz rot an und stotterte: „Ahm, ja, es stimmt schon aber, äh, ich habe es mir nur gedacht und ich habe es, äh und ich hab es gesagt aber nicht getan. Ich schwöre, ich bin unschuldig, aber da fällt mir ein, Stella Strumpfhose hat mir neulich erzählt, dass sie Simon so gerne eins auswischen würde, weil er sie bei einem Streit Schlabberbein genannt hatte", berichtete ihnen Jack Jacket. „Okay", ergriff Toni Trousers wieder das Wort, „wir verhören erstmals noch Stella Strumpfhose, dann entscheiden wir was weiter passiert. Bella Bluse und Nanni Nachthemd, bitte seid so gut und bringt mir Stella Strumpfhose." Leider verlief auch dieses Gespräch ergebnislos. Stella stritt alles genauso ab wie Jack. Deshalb beschloss der Detektiv, die beiden Verdächtigen auf das Polizeirevier im sechsten Regalfach zu Poldi Pullover zu bringen. Der sollte sie weiter verhören. „Inzwischen werden wir deinen Bruder suchen gehen", sagte Toni zu Sebastian.

Während Toni Jack und Stella verhört hatte, hatte sich um sie herum ein kleiner Auflauf aus neugierigen Kleidungsstücken gebildet. Ohne zu zögern schlossen sie sich alle dem Suchtrupp an. Jeder war sich sicher, dass Jacks Weste nicht rein war und er ganz bestimmt etwas mit Simons Verschwinden zu tun hatte. Außerdem wollten sie alle Sebastian helfen, der inzwischen sehr mutlos und verzweifelt geworden war. Sie bildeten einen langen Zug. Ganz vorne an der Spitze marschierte der Detektiv Toni Trousers. Ihm folgten Sebastian Socke, Nanni Nachthemd, Bella Bluse, ihre Freundin Tina T-Shirt, Henry Hemd, Helena Halstuch und noch viele mehr. Sie liefen durch das große Haus und riefen Simons Namen, aber nur Stille kam ihnen zur Antwort. Als es Abend wurde und sie Simon immer noch nicht gefunden hatten, war Sebastian ziemlich traurig. Toni tröstet ihn: „Wir werden deinen Zwillingsbruder schon finden. Es ist jetzt zu spät zum Weitersuchen. Wir sollten alle schlafen gehen, damit wir morgen wieder Kraft haben. Jack und Stella sind bei Poldi Pullover gut aufgehoben. Ich bin sicher, dass er den Schuldigen zu einem Geständnis bringen wird und Simon dann gefunden werden kann. Wir treffen uns morgen früh vor dem Polizeirevier."

Als Simon auf dem Weg ins Bett an dem Korb mit der Schmutzwäsche vorbeikam, glaubte er plötzlich, dass er schon träumt. Oben auf dem Haufen lag, friedlich schlummernd, Simon. Sebastian machte einen Freudensprung und war so glücklich, dass er nicht anders konnte und Simon umarmte. Dabei fiel ihm etwas auf. „Wieso bist du denn schmutzig? Wir waren doch frisch gewaschen! Wo warst du denn die ganze Zeit? Ich habe dich gesucht!" Der arme Simon schreckte aus dem Schlaf hoch und sah seinen Zwillingsbruder erstaunt an. „Was ist denn mit dir los? Kein Grund zur Aufregung. Das nette Mädchen, dessen Füße wir immer wärmen, hat sich das Bein gebrochen und hat einen dicken Gipsfuß. Deshalb konnte es heute nur einen von uns anziehen. Morgen bist du dran Bruderherz", antwortete er ihm. Und es war wirklich so, wie Simon es gesagt hatte. Der Detektiv Toni Trousers lief schnell zu Poldi Pullover und klärte ihn über das Missverständnis auf. Dann entschuldigte er sich bei Stella Strumpfhose und Jack Jacket. Alle waren froh, dass Simon nichts zugestoßen war und kein Verbrecher unter ihnen weilte.

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