„Kampf zwischen alter und neuer Kirche“
Der Ton im innerkirchlichen Streit um den jahrzehntelangen Missbrauch von Schülern im Benediktinerkloster Ettal ist rau geworden: Kloster und Bistum sind im Streit. Was Alt-Ettaler und der Ermittler sagen.
MÜNCHEN/OBERAMMERGAU Das Kloster forderte gestern in einer Pressemitteilung, dass das Bistum frühere Behauptungen richtig stelle und bestätigte, dass Kloster und Bistum gemeinsam das Mandat des Sonderermittler Thomas Pfister beendet haben. Der Vorwurf, „Ettal zieht die Mauer des Schweigens wieder hoch“, sei falsch. Das Bistum hatte unter anderem den Alleingang des Klosters bei der Vorstellung des Abschlussberichts kritisiert.
Bistumssprecher Bernhard Kellner bekommt aber von Pfister Rückendeckung. Zwar sei der Brief an ihn, in dem der Abschlussbericht eingefordert wird, tatsächlich von Kloster und Bistum gemeinsam unterzeichnet. Aber bei einem Treffen am Montag hatte das Bistum vorgeschlagen, im Sinne der Transparenz gemeinsam mit Pfister an die Presse zu gehen. Das Kloster habe sich Bedenkzeit ausgebeten. „Dann sind sie aber alleine vorgeprescht und haben zu einer Presserunde eingeladen“, berichtet Pfister.
Diese Presserunde fand am Dienstag ohne ihn oder einen Vertreter des Bistums statt. Stattdessen präsentierte das Kloster neben Pfisters Bericht gleich einen neuen juristischen Berater. Was Bistumssprecher Bernhard Kellner als „befremdlich und wenig zielführend“ kommentierte.
„Da scheint es einen Kampf zwischen alter und neuer Kirche zu geben“, glaubt Pfister. Er selber wolle sich aber „nicht knebeln lassen“. Nachdem das Kloster das Dokument ins Netz gestellt hat, sieht er dazu auch keinerlei Veranlassung mehr.
In seinem Bericht, der 70 Opfer zu Wort kommen lässt, greift Pfister auch Alt-Ettaler an, die seinen Aussagen zufolge die Opfer als „Nestbeschmutzer“ diffamiert hätten. Pfister: „Es gibt diejenigen, die ohne Aufarbeitung nach vorne blicken wollen. Aber es muss beides möglich sein.“
Dass Pfister angefeindet wurde, weiß auch der Münchner Rechtsanwalt Stephan Lang. Er und der Landtagsabgeordnete Florian Streibl, Sohn des Alt-Ministerpräsidenten Max Streibl, gehören zu denjenigen der Alt-Ettaler, die das augenblickliche Verhalten der Klosterleitung „sehr kritisch“ sehen. Streibl rät dem Kloster „klar und offen“ mit den Missbrauchsvorwürfen umzugehen. Auch Lang will keine „zweite Klostermauer hochziehen“. Sein Rat: „Das Kloster sollte öfter aufs Bistum hören.“ Und: „Im Umgang mit den Opfern müssen jetzt Taten folgen.“ John Schneider
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