"Juristisch Humbug": IAA-Protestler zerpflücken CSU-Antrag gegen Camp im Luitpoldpark

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Wie schon im Jahr 2023 ist auch heuer zeitgleich zur Internationalen Automobilausstellung in München (IAA Mobility) ein Mobilitätswendecamp im September geplant. Der Stadtratsfraktion CSU/Freie Wähler passt das gar nicht. Sie formuliert in ihrem Dringlichkeitsantrag für die am Mittwoch (30. Juli) anstehende Vollversammlung eindeutige Forderungen, die an den Camp-Organisatoren allerdings abprallen.
Kein IAA-Protestcamp im Luitpoldpark: Wie die CSU ihren Antrag begründet
Der Antrag zielt zum einen darauf ab, dass Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) das Kreisverwaltungsreferat anweist, das Protestcamp "mit Schlafzelten und Sanitäreinrichtungen nicht als Versammlung zu qualifizieren, sondern es vom Baureferat als unzulässige Veranstaltung in städtischen Grünanlagen zu untersagen".
Protestcamp-Veranstalter Jäger über die CSU: "Sind denen ein Dorn im Auge"
Michael Jäger, Veranstalter, Mitorganisator und von Anfang an dabei, wundert es nicht, "dass die CSU es nicht gut findet, was wir machen", wie er der AZ sagt: "Wir sind denen ein Dorn im Auge." Die CSU ist ein großer Fürsprecher des Events. Schließlich mache die IAA als "das weltweit größte Mobilitätsevent" die Stadt "zum Zentrum für Mobilität, Nachhaltigkeit und technologische Innovationen", heißt es in der Begründung ihrer Vorlage.
Michael Jäger: "Das ist juristischer Humbug"
"Überrascht" ist Jäger von der "absoluten Anfrage", die noch dazu als Dringlichkeitsantrag gestellt wurde. Eine Dringlichkeit sieht er nicht gegeben: Erstens habe man sich bereits eine Woche nach dem letzten Camp 2023 um eine neuerliche Austragung beworben, zweitens sei die Website zum Camp 2025 seit Februar online, drittens handele es sich um eine "laufende Verwaltungssache", bei der der Stadtrat nicht zuständig sei. "Insofern ist das juristisch Humbug", so Jäger. Die Dringlichkeit sieht die CSU wegen des anstehenden Termins gegeben.

CSU-Vorschlag: Mobilitätswende soll auf Parkharfe am Olympiapark umziehen
Zum anderen soll die Stadt nach Vorstellung der CSU den Veranstaltern des Mobilitätswendecamp 2025 einen anderen angemessenen Veranstaltungsort wie die Parkharfe im Olympiapark über die städtische Beteiligungsgesellschaft anbieten. Der dort am Wochenende stattfindende Flohmarkt solle dann entfallen.
"Ich habe laut gelacht, als ich das gelesen habe", sagt Michael Jäger. "Wir wollen doch einen öffentlichen Diskurs, und die wollen uns auf einen Parkplatz direkt am Mittleren Ring in unmittelbarer Nähe von BMW verfrachten. Es sieht fast so aus, als hätte sich die CSU dabei etwas gedacht."

Für Evelyne Menges, stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende und seit 1996 Stadträtin, ist der Luitpoldpark eine städtische Grünanlage gemäß der entsprechenden Satzung und dient insbesondere den Bewohnern von Schwabing-West als Erholungsfläche für spielerische und sportliche Aktivitäten.
"Um dies zu gewährleisten, sind Veranstaltungen aller Art grundsätzlich untersagt. Als Antwort auf meine Anfrage vom 28. September 2023 auf die rechtliche Einschätzung des IAA-Protestcamps von 2023 teilte das Kreisverwaltungsreferat drei Monate später mit, dass das damalige ‚Mobilitätswendecamp‘ als Versammlung in Form eines Protestcamps nach dem Bayerischen Versammlungsgesetz angezeigt wurde und auch so vom Kreisverwaltungsreferat bewertet wurde."
Menges: "Es handelt sich um eine unzulässige Nutzung einer städtischen Grünanlage"
Menges hält die städtische Auffassung für "nicht unbestritten" und verweist auf Quellen, nach denen "Protestcamps mit Schlafzelten, Sanitäreinrichtungen und Dorfgemeinschaftshaus keine Versammlungen" sind. "Vorliegend wird eine mehrtägige Veranstaltung mit Künstler, Musik und Workshops geplant", so Menges: "Hier steht der Versammlungscharakter gemäß Artikel 8 Grundgesetz im Hintergrund zur geplanten mehrtätigen Veranstaltung."
Weil auf der Website der Organisatoren – das Mobilitätswendecamp sieht sich nach eigenen Angaben als "Teil der globalen Klimagerechtigkeitsbewegung" und als "Versammlung, die sich als antifaschistisch versteht" – von einem "bunten Angebot aus Workshops, Vorträgen, Kunst, Musik" die Rede sei, handele es sich um keine Versammlung, sondern um eine Veranstaltung, bei der eine Meinungskundgebung zwar vorliege, ihr aber nicht das "Gepräge" gebe, argumentiert Menges.
Jäger: Kreisverwaltungsreferat hat Rechtmäßigkeit des Camps bestätigt
Ein Antrag auf ausnahmsweise Nutzung des Luitpoldparks für eine mehrtägige Veranstaltung dieser Art nach der Grünanlagensatzung liege nach aktuellem Kenntnisstand nicht vor, sagt Menges: "Es handelt sich vielmehr um eine unzulässige Nutzung einer städtischen Grünanlage, die nach den Vorgaben der Grünanlagensatzung behördlich zu ahnden ist." Michael Jäger verneint das: "Das Kreisverwaltungsreferat hat zweifelsfrei die Rechtmäßigkeit des Camps bestätigt."
Die IAA geht vom 9. bis 14. September 2025 in München über die Bühne und vereint nach eigenen Angaben "alle Themen zukunftsorientierter Mobilität". Laut Michael Jäger ist das Mobilwendecamp heuer von 10. bis 14. September geplant, am Samstag, 13. September, seien zwei große Demonstrationen gegen die IAA möglichst in der City vorgesehen. "Die Vorbereitungen laufen", sagt Jäger. Bereits im März habe man den Bezirksausschuss Schwabing-West über das anstehende Camp informiert, und im Juni habe der BA aus seinem Budget 5000 Euro für Maßnahmen in Sachen Rasenschutz und Barrierefreiheit bewilligt.

"Einerseits bieten wir auf dem Camp explizit auch Kinderbetreuung und Freizeitprogramm an, um auch Eltern die Teilnahme an politischen Programmpunkten zu ermöglichen. Wir schaden also der Naherholung nicht, sondern fördern sie", argumentiert der Mitorganisator.
Und Jäger ergänzt: "Vor einigen Wochen fand auch die Klimadult im Luitpoldpark statt, die vom Klimaherbst unter Mitwirkung einiger städtischer Stellen organisiert wurde und ein recht ähnliches Angebot hatte, wie es das Camp auch haben wird – damit kann die Stadt also kein Problem haben."